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Schulbus Mit "Wippi" zur Schule

Morgens Busfahrerin, danach Bürokraft: Um die Schule im Ort zu retten, hat sich die Gemeinde Giersleben etwas einfallen lassen.

Von Emily Engels 20.02.2019, 10:00

Giersleben/Staßfurt l Kati Melswich hält ihre Hand nach oben. „Guten Morgen Kati“, sagen die Kinder – eins nach dem anderen – und klatschen ab, während sie den Bus betreten. An der Haltestelle im Staßfurter Ortsteil Neundorf erkennt jeder gleich: An guter Laune mangelt es bei Schülern und Busfahrerin auch frühmorgens – es ist kurz nach 6 Uhr – nicht.

Die 38-jährige Giersleberin holt jeden Morgen in zwei Touren je 40 Kinder aus ihren Ortschaften ab und bringt sie zur Schule. Weitere Touren – insgesamt kommen Kinder aus 13 Ortschaften zur Grundschule nach Giersleben – nehmen ihr Werner Brähmer und Herbert Schwieger zwei ehemalige Kraftfahrer ab, die auf ehrenamtlicher Basis nun als Busfahrer aktiv sind.

„Die Idee kam uns vor fünf Jahren während der Schulschließungswelle“, so Gierslebens Bürgermeister Peter Rietsch (parteilos). Auch in Giersleben bestand die Gefahr, dass die Grundschule geschlossen werden muss. Der Schulförderverein schaffte zwei Busse an – die sie liebevoll „Wippi 1“ und „Wippi 2“ nach dem Fluss Wipper, der durch den Ort fließt, tauften. Und mit denen werden die Kinder täglich aus den Dörfern abgeholt und zur Schule gebracht. „Die Busse dürfen nicht an öffentlichen Haltestellen halten, hier hat die Kreisverkehrsgesellschaft das Monopol“, erklärt Rietsch. Deshalb hat man sich mit den Eltern selbst auf Haltepunkte im Dorf geeinigt.

Wer in Neundorf, Amesdorf oder Warmsdorf einsteigt, weiß Kati Melswich genau – sie kennt alle Kinder mit Namen. „Mit der Zeit lernt man eben alle Schüler kennen“, sagt sie und lächelt. Dass die Kinder gern mit ihr fahren, merkt man sofort. Einige erzählen ihr, was sie so am Wochenende erlebt haben. Andere scherzen mit ihr. Doch bei aller guten Laune, die im Bus herrscht, müssen auch Regeln eingehalten werden. „So, alle anschnallen!“, ruft Kati Melswich, bevor es von Neundorf in Richtung Giersleben geht.

Nach zehn Minuten kommen die ersten Kinder in der Schule an und werden hier betreut, bis der Unterricht beginnt. Wenn ein Kind mal nicht zur Schule kommt, weiß Kati Melswich ebenfalls Bescheid. „Dann bekomme ich eine Handynachricht von den Eltern“, sagt sie.

Um die Kinder fahren zu dürfen, hat die Giersleberin einen Busführerschein gemacht. „Wippi 1 und 2“ werden nicht nur als Schulbusse genutzt, sondern auch für den Gelegenheitsverkehr – von Ausflügen der Kita bis hin zu Kaffeefahrten – gemietet. „Insgesamt ist die Busidee eine Erfolgsgeschichte im ländlichen Raum“, so Peter Rietsch. Das belegen auch die Schülerzahlen der beliebten Dorfschule: Vor ein paar Jahren besuchten noch 56 Kinder die Grundschule, inzwischen sind es mehr als 140.

Damit sie Personen transportieren dürfen haben Kati Melswich und die zwei ehemaligen Kraftfahrer Busführerscheine gemacht. „Mein Tag sieht so aus: Von 6 bis 8 Uhr morgens hole ich die Kinder aus den Ortschaften ab, dann arbeite ich bis 12 Uhr im Gemeindebüro. Danach bringe ich die Kinder nach Hause und habe Feierabend“, so Kati Melswich.

Bürgermeister Peter Rietsch ist dankbar, dass er eine engagierte Kraft wie Kathi Melswich hat. „Sie ist eine Art Universalwaffe“, sagt er augenzwinkernd und erwähnt nebenbei, dass sie 2016 auch zur Salzlandfrau des Jahres in der Kategorie „Gesellschaft“ ausgezeichnet wurde.

So sei Kati Melswich eine lange Zeit der „Uli Hoeneß von Giersleben“ gewesen, habe jahrelang die Männerfußballmannschaft trainiert. Und auch Kati Melswich selbst ist glücklich über ihr „Doppelamt“ als Busfahrerin und Bürokraft. „Eltern, Kinder und ich – wir sind alle zufrieden darüber, wie es läuft“, sagt die engagierte Giersleberin. Wer übrigens selbst mal die „Wippis“ in Aktion sehen will, achte auf die Kennzeichen, in denen der Name versteckt ist: SLK WI1 und - WI2.