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Neuwahl CDU will wissen, wo Schuh drückt

Wahlversammlung in Barby: Andreas Miethner ist alter und neuer Vorsitzender des CDU-Ortsverbandes Barby.

Von Thomas Linßner 19.04.2018, 16:49

Barby l „Wir freuen uns besonders über vier neue Mitglieder. Und noch mehr darüber, dass sie deutlich unter 50 Jahre alt sind“, begrüßte Andreas Miethner zwei von ihnen: Frank Fabian (33) und Daniel Hardtke (27) aus Pömmelte. Damit schielte er indirekt auf den jüngsten Neujahrsempfang der CDU, wo der überwiegende Teil der Anwesenden „Ü 60“ war.

Der Glinder Frank Fabian hatte sich nach seiner parteilosen Bürgermeisterkandidatur (2016) entschlossen, in die CDU einzutreten, weil er hier „am ehesten seine politische Heimat“ sieht. Fabian wurde dann auch mit allen Stimmen der Anwesenden zum stellvertretenden Vorsitzenden, Daniel Hardtke zum Beisitzer gewählt.

In seinem Rechenschaftsbericht ging Andreas Miethner auf bisherige Arbeitsschwerpunkte des Ortsverbandes ein. „Wir haben uns unter anderem für den Erhalt der Sonderschulen eingesetzt.“ So wie Inklusion in Deutschland betrieben werde, funktioniere sie nicht und schade den Schülern, Lehrern und Eltern. Miethner weiß, wovon er spricht: Lebt in seiner Familie eine Pflegetochter, für die er einen Sonderschulplatz regelrecht erkämpfen musste.

Der alte und neue CDU-Ortsvorsitzende verlieh freilich auch regionalen Themen Gewicht. Barby sei eine stark schrumpfende Gemeinde „mit starkem Anpassungsdruck“. Die Einwohner würden weniger und älter. „Man kann nicht erkennen, wie der Bürgermeister dem demografischen Wandel begegnen will“, so Miethners Seitenhieb auf Torsten Reinharz. Es gebe noch keine Ausweisungen von Baugebieten, keine lokale Förderung von Altbaubeständen - bei öffentlichen Ausschreibungen blieben zum Großteil lokale Handwerker und Gewerbetreibende unberücksichtigt. Dennoch bescheinigte er Reinharz „gute Ansätze“.

Die innere Sicherheit dürfe nicht „von der Kassenlage“ abhängig sein. So dürfe es nicht sein, dass im Salzlandkreis nur ein Streifenwagen der Polizei im 24-Stunden-Einsatzdienst sei. Er forderte Politik und Medien auf, stabilisierender zu operieren, um der gewachsenen Verunsicherung der Bürger entgegen zu wirken. Den Bundes- und Landespolitikern empfahl der 52-Jährige, „mehr Gefühl zu wagen“. Emotionen seien in der deutschen Politik verpönt. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe alles getan, um „eine Narkose-Politik“ zu etablieren. Bislang hätten das nur die Rechtspopulisten erkannt. „Sie benutzen Kriminalitätsstatistiken mit Schauergeschichten, parieren Fakten mit Fakes und setzen Lügen hemmungslos in die Welt.“ Wer glaube, dagegen mit Expertenkommissionen und Hochglanzbroschüren anzukommen, war noch nie in einer Dorfkneipe, im Plattenbauviertel oder auf dem Feuerwehrfest, grollte Andreas Miethner.

Gast der Wahl-Versammlung war CDU-Kreisgeschäftsführer Detlef Kasper. Er bat die Mitglieder des Ortsverbandes darum aufzuschreiben, wo in den Kommunen der Schuh drücke. „Die Lebensqualität einer Kommune darf nicht durch die Pflichtaufgaben, sondern über die freiwilligen Aufgaben definiert werden“, sagte Kasper mit Blick auf die klammen Kommunalhaushalte. (Freiwillige Aufgaben umfassen hauptsächlich Sport und Kultur.) Mit diesem Satz rannte er besonders bei den Barbyer Mitgliedern offene Türen ein. Denn hier leide das gebeutelte Stadtsäckel unter den drei Gierfähren. Werde Verlust gemacht - darauf haben besonders Wetter oder Straßensperrungen Einfluss - müsse das aus dem Haushalt der freiwilligen Aufgaben abgefangen werden. „Die Gierfähren müssen raus aus den freiwilligen Aufgaben“, forderte Jörn Weinert aus Zuchau. Sebastian Thieme (Barby) regte eine grundsätzliche Novellierung des Steuerrechtes an: „Gewerbesteuern müssen am Standort des jeweiligen Werkes gezahlt werden.“ Ein schwieriges Thema, das auf Bundesebene gelöst werden müsse.

Ein weiteres Problem, das besonders den Vertretern aus den Ortschaftsräten unter den Nägeln brennt, ist deren Mitbestimmung im Kommunalgeschehen. Leute, die „für ihr Dorf brennen“ (Weinert), müssten wieder mehr Handlungsspielraum bekommen und nicht das Gefühl haben, „dass sie nichts zu melden haben“. Es gehe um mehr Entscheidungskompetenz vor Ort, forderte auch Frank Fabian. „In den Ortschaftsräten haben wir oft das Gefühl, Bittsteller zu sein“, hob der Glinder hervor.

CDU-Kreisgeschäftsführer Detlef Kasper riet, zu diesem Thema mal alle Ortschaftsräte einzuladen und ein gemeinsames Positionspapier aufzusetzen. Damit müsste sich dann der Landtag beschäftigen.