Physiotherapie Weniger Patienten durch Corona
Ganz nah dran am Patienten sind Physiotherapeuten auch in Zeiten von Corona. Doch die Patientenzahl sinkt.
Schönebeck/Staßfurt l Noch Anfang März musste Petra Tschalamoff-Glimm Patienten mitteilen, dass sie erst nach einer Wartezeit von drei bis vier Wochen einen Termin bekommen können. „Das ist aktuell nicht mehr der Fall“, berichtet sie. Petra Tschalamoff-Glimm ist Inhaberin einer Physiotherapie-Praxis mit drei Mitarbeiterinnen in Schönebeck, behandelt ihre Patienten sowohl in der Praxis als auch bei Hausbesuchen – auch in Zeiten von Corona.
Denn als Gesundheitseinrichtung darf die Praxis weiterhin öffnen. Doch die Patienten bleiben aus. Schätzungsweise 30 bis 40 Prozent weniger Patienten seien es mittlerweile in der Schönebecker Praxis. Grund dafür: Hausbesuche, darunter vor allem Behandlungen in Pflegeheimen, seien komplett weggefallen. „Sonst hätte ich jetzt gar keine Zeit, sondern wäre auf Hausbesuchen“, sagt Petra Tschalamoff-Glimm. Kurzarbeit sei in ihrer Praxis noch kein Thema, sie sagt aber auch: „Das Problem ist, dass nicht abzusehen ist, wann sich die Lage wieder normalisiert.“
Denn nicht nur Hausbesuche sind gestrichen. Auch diverse Präventionskurse wie sie in der Praxis angeboten werden dürfen aktuell nicht angeboten werden. „Zu viele Menschen“, sagt die Praxisinhaberin aus Schönebeck. Behandelt werden dürfen derzeit grundsätzlich nur noch Patienten, die ein Rezept vom Arzt vorlegen können. Ohne Rezept keine Behandlung.
Einschränkungen, die für alle Physiotherapie-Praxen im Land gelten und vielen Praxen im Salzlandkreis zu schaffen machen. So heißt es von der Physiotherapie-Praxis Dieter Peters in Calbe, dass nur noch ein Drittel der eigentlichen Behandlungen übrig geblieben seien. Ein Großteil der Hausbesuche finde nicht mehr statt. Zudem würden gefühlt weniger Rezepte ausgestellt. Eine mögliche Erklärung dafür: Geplante Operationen werden aufgrund der Corona-Krise verschoben. Darunter auch Knie- und Hüftoperationen. Und genau diesen Patienten wird nach einer solchen OP in der Regel auch Physiotherapie verschrieben.
Dass weniger Patienten Physiotherapie in Anspruch nehmen, muss auch Thomas Koeppe, der eine solche Praxis in Förderstedt betreibt, zur Zeit vermehrt feststellen. 30 bis 40 Prozent weniger Rezepte gingen bei ihm ein. Zudem darf er aktuell keine kosmetische Fußpflege, die er eigentlich auch anbietet, durchführen.
Noch seien sie und ihre Kollegen zwar ausgelastet, berichtet Anke Buchholz-Gerecke, die in Staßfurt eine Praxis für Physiotherapie und Osteopathie betreibt. Doch das liege auch daran, dass eine Kollegin aktuell im Krankenstand sei, viele der Patienten ihrer Praxis Langzeitpatienten sind, weshalb die Praxis ausbleibende Patienten durch verschobene Operationen nicht übermäßig treffe – noch nicht. Schätzungsweise 70 Prozent der eigentlichen Patientenzahl nehmen Behandlungen von der Staßfurter Praxis noch in Anspruch „Tendenz abnehmend“, wie Anke Buchholz-Gerecke aber anmerkt.
Bei Kathrin Behm, die in Schönebeck die Physiotherapie-Praxis „Körper & Seele“ betreibt, seien es geschätzt 50 bis 60 Prozent weniger Patienten. „Behandlungen in sozialen Einrichtungen gibt es nur noch in Notfällen“, sagt die Schönebeckerin. Darüber, was Notfälle sind, würden aber Schwestern und Ärzte entscheiden. Hausbesuche bieten sie und ihre Mitarbeiter zurzeit ohne Aufpreis an.
Da von ihren fünf Mitarbeitern aktuell zwei im Krankenstand sind, kann Kathrin Behm ihre Mitarbeiter auch aufgrund der anstehenden kurzen Wochen um die Osterfeiertage noch auslasten. „Nach Ostern muss ich dann voraussichtlich Kurzarbeit anmelden, würde diese dann aber sozialverträglich auf alle Kollegen aufteilen“, sagt sie und hofft, diesen Schritt aber gar nicht erst gehen zu müssen.
Was die Hygienestandards angeht, sind diese in Physiotherapie-Praxen bedingt durch den direkten Körperkontakt zwischen Therapeut und Patient ohnehin schon hoch – in Zeiten von Corona aber auch in den Praxen im Salzlandkreis noch erhöht worden.
In der Schönebecker Praxis „Körper & Seele“ werden jetzt Mundschutze getragen, bei den Behandlungen, bei denen es möglich ist, werden Handschuhe angelegt. Auch in der Förderstedter Praxis von Thomas Koeppe wird neuerdings mit Mundschutzen gearbeitet. „Um uns selbst und die Patienten zu schützen“, sagt er. Neben der Garderobe hab er Desinfektionsmittel für Patienten bereit gestellt.
Damit sich auch die Patienten untereinander nicht zu nahe kommen, darf in der Praxis von Dieter Peters in Calbe nur noch eine Person im Wartezimmer Platz nehmen.
Eigentlich trage Petra Tschalamoff-Glimm bei der Behandlung von Patienten keinen Mundschutz oder gar Handschuhe. „Wenn das Patienten aber wünschen, mache ich das natürlich“, sagt sie und hofft, dass die Corona-Krise schnell vorübergeht und sie ihre Praxis nach 25 Jahren nicht schließen muss. Aber sie ist zuversichtlich: „Noch habe ich keine Existenzängste.“