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Prozess Angeblicher Testdieb wird überführt

Es war schon etwas merkwürdig, was sich da am Amtsgericht Schönbeck zugetragen hat.

Von Jan Iven 22.05.2020, 01:01

Schönebecker l Es war einer der merkwürdigeren Prozesse, die in dieser Woche am Amtsgerichts Schönebeck zu Ende ging. Angeklagt war ein 61-Jähriger aus Schönebeck wegen mehrfachen Diebstahls. Laut Anklage soll der Mann mehrere Sonnenbrillen und Zeitschriften in einer Schönebecker Tankstelle gestohlen haben. Und das an zwei verschiedenen Tagen. Die Taten wurden von einer Videokamera aufgezeichnet und der Dieb damit eindeutig überführt. Die Beweislage am Amtsgericht hätte damit eigentlich schon relativ klar sein sollen.

Doch der Angeklagte bestritt die Diebstähle dennoch. Zwar habe er die Waren in der Tankstelle eingesteckt, ohne gleich zu bezahlen. Allerdings bestand bei seiner Aussage am Amtsgericht Schönebeck darauf, dass der Tankstellenpächter ihn dafür als Testdieb angeworben habe. Denn der Chef habe die Aufmerksamkeit einer Mitarbeiterin in der Tankstelle überprüfen wollen, sagte der Angeklagte. Deswegen habe er auch zweimal Waren gestohlen, als dieselbe Mitarbeiterin an der Kasse stand, erläuterte er dem Richter. Warum der Betreiber der Tankstelle wegen der abgesprochenen Diebstähle die Polizei gerufen habe, sei ihm völlig unerklärlich, sagte der Angeklagte ziemlich verärgert vor Gericht.

Der Richter nahm diesen Vorwurf zumindest so ernst, dass er nach dem ersten Prozesstag Ende April diese Woche auch noch einmal den Tankstellenpächter als Zeuge anhören wollte. Der Mann wies die Geschichte mit dem Testdiebstahl allerdings vehement zurück. „Das ist völlig absurd“, sagte der Zeuge. Der Diebstahl sei auf keinen Fall abgesprochen gewesen. Der Verlust der Ware sei bei einer späteren Inventur festgestellt worden. Später konnte der Dieb auf den Videoaufnahmen identifiziert werden. Auf Nachfrage der Staatsanwältin bestätigte der Pächter, dass er bereits vor rund zehn Jahren mit dem Angeklagten zu tun hatte und ihn daher kannte.

Der Richter am Amtsgericht Schönebeck glaubte schließlich auch nicht mehr an einen Testdiebstahl und verurteilte den Angeklagten daher zu einer Geldstrafe von 600 Euro. Ein abgesprochener Test, so der Jurist, würde in der Praxis ganz anders ablaufen. Zudem sei auffällig, dass der Angeklagte einen Teil der Beute erst sehr viel später zurückgegeben und den Rest bezahlt hatte. Die Unachtsamkeit der Kassiererin sei bereits beim ersten Diebstahl bestätigt worden, eine Wiederholung hätte als Test keinen Sinn ergeben, so der Richter.

Erschwerend kam für den Angeklagten hinzu: Der Mann ist bereits einschlägig vorbestraft, unter anderem wegen Diebstahl, Betrug und unerlaubten Waffenbesitz. Zudem stand er zum Zeitpunkt der Taten immer noch unter Bewährung. Auf der anderen Seite berücksichtigte der Richter, dass der Angeklagte den verursachten Schaden bereits wieder ausgeglichen hatte. Die Staatsanwältin hatte ebenfalls eine Strafe von 600 Euro wegen Diebstahls gefordert.

Das Urteil ist bereits rechtskräftig.