Am Rande der Kabinettsitzung am Barbyer Rathaus beobachtet Respektloser Fotograf schockt den Minister
Oft finden die besten Geschichten am Rande einer bedeutenden Veranstaltung statt. So war es auch, als Mitte vergangener Woche das Landeskabinett in Barby tagte. Nachfolgend ein Kabinettstückchen anderer Art ...
Barby l Kabinettsitzung in Barby. Der Landesvater und seine Ministerrunde haben sich angekündigt. Schon am Vorabend werden Sperrschilder gestellt, damit der Markt für die vielen schwarzen Limousinen frei bleibt.
Der Bürgermeister hat seine Schularbeiten gemacht, will eine Reihe von Problemen ansprechen, die die Elbe-Saale-Einheitsgemeinde drücken. Es herrscht ein wenig Aufregung in den Amtsstuben. Und auch ein bisschen angespannte Atmosphäre. Denn es geschieht nicht alle Tage, dass ein Landeskabinett zur "Basis" kommt, um zu tagen.
Endlich: Die Damen des Ordnungsamtes stehen am Rathaus, weisen Fahrzeuge ein. Der Ministerpräsident rollt in seiner schweren, schwarzen Blaulicht-Karosse vor, zwei Sicherheitsbeamte lassen ihre klassischen Rundumblicke in jeden Winkel schweifen.
"Das Einzige, was uns hier stört, ist der Saalekanal. Wir wollen eine Natur-Elbe!"
Dann kommen der Sozialminister, die Justiz, der für die innere Sicherheit ...
Während der Umweltminister einen dicken Aktenkoffer trägt, erinnert die Wirtschaftsministerin mit ihrem Rucksack an eine Studentin, die zur Vorlesung will.
Fotografen und ein Kameramann halten nach "Motiven" Ausschau. Das offizielle Gruppenfoto steht auf dem Plan, aber sie wissen, dass die Bilder am Rande besser sind.
Die Fotomänner stehen beieinander und schwatzen. Genau vor ihnen hält plötzlich eine weitere Limousine. Bauminister Thomas Webel steigt aus.
Nein, will aussteigen.
Um den Presseleuten nicht die Tür vor die Knie zu schlagen, hält er rücksichtsvoll inne. "Wass\'n los?", wundert sich einer der Fotografen, als der Minister einen Rückzieher macht. "Ich wollte euch nicht stören", entgegnet Thomas Webel höflich. Darauf der Fotograf, der Holger Sieglitz heißt und sich durch stattliche Erscheinung, Schlagfertigkeit und ein bisschen Respektlosigkeit auszeichnet: "Das Einzige, was uns hier stört, ist der Saalekanal. Wir wollen eine Natur-Elbe!"
Der Bau- und Verkehrsminister des Landes Sachsen-Anhalt schluckt kurz, murmelt etwas von "hier-gibts-genug-Natur" und verschwindet im Rathaus.