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Schadensregulierung bei drei Familien abgelehnt / Wasser spielt indirekt eine Rolle beim Schaden Risse in Felgeleber Häusern: Versicherung zahlt nicht

Von Elisa Sowieja 09.08.2011, 06:32

Drei Felgeleber Familien, die seit Monaten zunehmend Risse in Häusern, Garagen und Ställen beklagen, haben von ihrer Versicherung eine Absage erhalten. Als Ursache für den Schaden vermuten die Schönebecker Grundwasser. In den Augen der Allianz spielt Wasser zwar eine Rolle, jedoch nicht im Sinne der Vertragsbestimmungen. Die Betroffenen mutmaßen, die Versicherung befürchte im Falle einer Schadensregulierung eine Welle von weiteren Fällen, für die sie dann aufkommen müsste.

Schönebeck-Felgeleben. Mit Papier und Bleistift sitzt Hennig Leps am Holztisch in seiner Garage. Neben ihm seine Lebensgefährtin Anne Marckwardt und zwei Nachbarn, Frank Bornemann und Katrin Heller. Mit einer Zeichnung will Leps erklären, warum sich die drei Familien aus der Joachimstraße gegen die Ablehnung der Allianz wehren wollen, für die Risse in ihren Häusern und Nebengebäuden aufzukommen.

Rückblick: Ende 2010 hatten die Familien die ersten Risse in den Gebäuden entdeckt, ständig wurden es mehr. Absenkungen der Erde, welche die Familien zudem beklagten, brachten sie in Zusammenhang mit den Rissen. Den Schaden meldeten sie der Allianz. Die beauftragte daraufhin Experten mit der Erkundung der Ursache. Ein Baugrund-Gutachter ließ im März Probebohrungen durchführen. Dieser zog damals Grundwasser als Ursache "durchaus in Betracht", schloss aber andere Faktoren nicht aus.

Vor kurzem erhielten die drei Familien nun die Absage von der Allianz. In deren Begründung spielt das Wasser zwar eine Rolle, jedoch nicht direkt, sondern indirekt in einem komplexen Zusammenhang und nicht im Sinne der Versicherungsbestimmungen. Denn per se ein Schaden aufgrund von Grundwasser läge nur vor, "wenn das Grundwasser so weit ansteigt, dass es ins Haus eindringt und ein Überschwemmungsschaden vorliegt", erklärt Claudia Herrmann von der Allianz - und das wäre auch nur bei den alten DDR-Verträgen versichert.

Keine Hinweise auf Hohlräume

Zu klären war stattdessen, ob ein sogenannter "versicherter Erdfall" (Familie Heller und Marckwardt) beziehungsweise eine "versicherte Bodensenkung" (Familie Bornemann) - je nach Wortlaut des Vertrages - vorliegt.

Beide Definitionen ähneln sich: Ersteres ist ein "naturbedingter Einsturz des Erdbodens über natürlichen Hohlräumen", Letzteres das "unvorhergesehene Zusammenbrechen unterirdischer Hohlräume sowie die Unterspülung von Fundamenten".

In allen drei Gutachten schreibt die Allianz, dass keinerlei Hinweise auf vorhandene Hohlräume im Boden gefunden worden seien. Zudem sei bei den anstehenden Bodenschichten in Kombination mit den Grundwasserverhältnissen und dessen Strömungsgeschwindigkeit nicht mit der Bildung von Hohlräumen zu rechnen.

An dieser Stelle kommt das Zeichenzeug von Hennig Leps zum Einsatz: Er skizziert eine Rammsonde, die in den Boden eindringt. "Bei den Probebohrungen auf unserem Grundstück ist die Rammsonde, die die Festigkeit des Bodens testet, schon um 90 Zentimeter eingesackt, bevor der Bohrhammer überhaupt angeschaltet wurde", erklärt er. Frank Bornemann hätte die Werte mitnotiert. "Woran soll das sonst liegen, wenn nicht an Hohlräumen?" Die Allianz gibt als Ursache für die Risse in allen drei Fällen eine sogenannte Kornumlagerung an. Vereinfacht gesagt werden hierbei durch fließendes Wasser kleine Teilchen des Kiessandes unter der Muttererde weggespült, größere Teilchen rücken nach, sodass sich der Baugrund Stück für Stück senkt - und zwar ungleichmäßig. Dies halten die Familien für durchaus möglich. "Es könnte sogar sein, dass durch das Abpumpen von Grundwasser in Felgeleben seitens der Stadt ungewollt verstärkt wurde", sagt Leps mit Verweis auf die Strömungsgeschwindigkeit.

Familien gehen in Widerspruch

Jedoch hieße das für ihn nicht, dass die Versicherung nicht zahlen müsse. Noch einmal greift er zu Papier und Bleistift, zeichnet einen großen Kreis und daneben viele kleine. "Wenn ein großer Hohlraum einstürzt, ist das laut Allianz versichert. Aber bei dem Wegspülen der Teilchen entstehen doch viele Mini-Hohlräume", sagt er.

Auf Volksstimme-Nachfrage verweist Claudia Herrmann hinsichtlich dieser Argumentation darauf, dass das Einstürzen von Hohlräumen Voraussetzung für Erdschaden oder Erdsenkung sei, was laut Gutachten nicht stattgefunden hätte. Weiter heißt es: "Weggespülte Kleinstpartikel und ein Verdichten der darüber befindlichen Erde kann man nicht als einstürzende Hohlräume bezeichnen."

Hennig Leps ist verärgert: "Das Ergebnis ist doch dasgleiche." Die drei Familien wollen nun in Widerspruch gehen. "Die Versicherung soll mir genau sagen, ab welcher Größe bei Ihnen ein Hohlraum definiert ist." Seine Vermutung: "Ich glaube, der Allianz geht die Muffe, weil bestimmt noch viel mehr Versicherte kommen würden, wenn sie unsere Schäden übernähme", sagt er. "Denn hier in der Straße und in Sachsenland sind noch viele weitere Häuser von den Rissen betroffen."