Sachsenland Eine Siedlung wird 100

Die Schönebecker Siedlung Sachsenland gibt es seit 100 Jahren. Nur eine Feier, die gibt es nicht.

Von Heike Liensdorf 05.05.2019, 11:00

Sachsenland l Die ersten Siedler – Familie August Kugust – haben im April 1919 ihr Haus bezogen, im September 1919 hat sich der Siedlerverein gegründet. Das 50-jährige Bestehen ist gefeiert worden, das 70- und 80-Jährige auch. Doch im 90. Jahr hat sich der Verein aufgelöst, da sich kein Vorsitzender mehr gefunden hatte. Nun gibt es die Siedlung ein Jahrhundert. Daran möchten Margareta Kugust sowie Isolde und Heinrich Huke erinnern und laden die Volksstimme zum Gespräch ein. Von Seiten der Stadt ist aufgrund der klammen Kassen nichts an Feierlichkeiten geplant (wir berichteten).

Margareta Kugust hat eine ganz besondere Verbindung zu Sachsenland. Sie wohnt seit 1969 im ersten Haus, das in der Siedlung bezogen wurde. „Das ist das Elternhaus meines Mannes, er ist 1931 hier in der Siedlung geboren“, erzählt die agile 83-Jährige. Gebaut worden ist das Haus an der Lindenstraße. „Aber als in Bad Salzelmen gebaut worden ist, haben sie Wert auf ,Linden‘ gelegt, sicherlich wegen des Lindenbades“, weiß Margareta Kugust noch. Deshalb sei daraus die Fliederstraße geworden.

An dieser wohnen auch Isolde und Heinrich Huke. Sie haben das Haus 1965 gekauft. Für alle drei ist Sachsenland „Heimat“, wie sie betonen. Sie erinnern sich an viele schöne Jahre im Siedlerverein, denken gern an den einstigen Zusammenhalt der Sachsenländer. Den gebe es seit Jahren nicht mehr. Das bedauern sie sehr.

Jahrzehntelang hat sich Margareta Kugust im Siedlerverein eingebracht, war Schriftführerin. Noch heute zeugen viele Ordner davon und die Chronik, die anlässlich 80 Jahre Siedlung Sachsenland 1999 zusammengestellt worden ist. Beim Blättern in der Vergangenheit und Anschauen der Bilder kommen die drei gleich ins Plaudern und Erinnern. Warum damit keinen Lichtbildervortrag bestreiten? – Wo denn, fragen sie. Das Siedlerheim sei schon lange nicht mehr nutzbar. Heinrich Huke wolle die Dokumente und Fotos digitalisieren und dem Stadtarchiv zur Verfügung stellen, damit diese für die nächsten Generationen sicher aufbewahrt werden können. „Wir wollen, dass das nicht in Vergessenheit gerät“, so Margareta Kugust. Allerdings sei nirgends aufgeschrieben, wie es eigentlich zu der Siedlung kam, woher der Name kommt. „Ich schätze, aus der Not heraus. In der Stadt ist nicht genug Platz gewesen, die Menschen wollten Selbstversorger sein. Hier hatten sie genügend Platz“, kann sich Heinrich Huke nur erklären.

Der heute 78-Jährige weiß noch genau, dass, als er und seine Frau hierher gezogen sind, fast keine Frau in der Siedlung einer Berufstätigkeit nachgegangen ist. Alle hatten einen großen Garten, viele Tiere, manche 40 Hühner. Der Siedlerverein kümmerte sich – von der Baumschnitt-Schulung bis zum Hühnerfutter-Angebot. „Da meine Frau arbeiten gegangen ist, haben wir oft gehört, sie solle lieber den Garten machen“, erzählt er schmunzelnd. Doch nach und nach seien auch andere Frauen arbeiten gegangen. „Da ist aus vielen einst bewirtschafteten ein Naturgarten geworden.“

Für Margareta Kugust ist das 70-jährige Bestehen in besonderer Erinnerung geblieben. Es habe einen großen Umzug gegeben. Sie sei mit einem Stuhl-Schlitten dabei gewesen. Auf dem Stuhl, der auf dem Schlitten mit Rädern befestigt war, sollte die damals fünfjährige Enkelin sitzen. „Aber sie wollte partout nicht“, erzählt sie lachend. Nach dem Umzug habe der Schlitten eine neue Bleibe gefunden – im Schönebecker Museum. Und eines betont die 83-Jährige: „Ich lege großen Wert darauf, dass ich in Sachsenland und nicht in Felgeleben wohne.“ Die Siedlung Sachsenland gehört zum Stadtteil Felgeleben.