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Salzlandkreis Ohne Schulden in die Zukunft?

Der Salzlandkreis hat Schulden. Wie passt dazu eigentlich die Zunkunftsstrategie Salzlandkreis 2030, die jetzt auf den Weg gebracht wurde?

Von Bianca Oldekamp 22.10.2020, 01:01

Schönebeck/Staßfurt l „Mit der Beschlussfassung ergeben sich keine direkten finanziellen Auswirkungen für den Salzlandkreis.“ So steht es in der Beschlussvorlage „Zukunftsstrategie Salzlandkreis 2030“, die erstmals während der Kreistagssitzung am 15. Juli 2020 besprochen und im Oktober 2020 mehrheitlich vom Kreistag beschlossen wurde.

Finanzielle Auswirkungen, die sich der Salzlandkreis zur Zeit auch gar nicht erlauben kann. Denn der Salzlandkreis ist verschuldet, hoch verschuldet. Die 13 zum Salzland gehörenden Städte, Gemeinden und Verbandsgemeinden und der Salzlandkreis kommen zusammen auf einen Schuldenberg von rund 354 Millionen Euro. Das geht aus einem Sonderbericht zu Kommunalfinanzen des Landesrechnungshof, der kürzlich veröffentlicht wurde, hervor. Der Salzlandkreis (inklusive Schulden der Städte und Gemeinden) ist hinter der Stadt Halle (465 Millionen Euro Schulden) die Kommune mit den meisten Schulden im Vergleich zwischen den kreisfreien Städten und Landkreisen in Sachsen-Anhalt.

Beim Salzlandkreis selbst beläuft sich der Schuldenstand am 31. Dezember 2019 auf 125,3 Millionen Euro. Er besteht zu diesem Zeitpunkt aus Verbindlichkeiten in Höhe von 43,7 Millionen Euro aus Investitions- und 81,6 Millionen Euro aus Liquiditätskrediten. „Eine Belastung, die wir – wenn auch in der Summe unterschiedlich – seit Jahren tragen müssen, auch weil wir die Altfehlbeträge seit der Kreisgebietsreform mitschleifen. Eben weil wir das langfristig ändern wollen, mit neuem Denken und neuen Wegen, gibt der Salzlandreis das Zukunftspapier mit strategischer Ausrichtung in die öffentliche Debatte. Wir wollen uns daran messen lassen, anhand abrechenbarer Kennzahlen“, erklärt Kreissprecherin Marianne Bothe auf Volksstimme-Anfrage, ergänzt aber, dass die finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie, die Gewerbesteuerausfälle in den Kommunen und zusätzliche Kosten noch nicht inbegriffen sind.

Dennoch beziehungsweise gerade deswegen will sich der Salzlandkreis für die Zukunft aufstellen. Dafür hat die Kreisverwaltung das rund 90 Seiten starkes Strategiepapier entwickelt. Darin thematisiert werden Maßnahmen für die vier Haupthandlungsfelder Moderne Kreisverwaltung, Daseinsfürsorge, Wissenschaft und Wirtschaft und Kommunikation.

„Das Papier fügt sich ein in die Kette von Maßnahmen und Vorstößen, die Landrat Bauer seit Amtsantritt bis vor höchster politischer Ebene im Land vertritt“, erklärt die Sprecherin. Landrat Markus Bauer (SPD) war zuvor Bürgermeister (in Nienburg) und wisse, dass an der Basis die praktischen Probleme sinkender Kommunalfinanzen offenkundig würden. „Kommunen stoßen an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit bei der kommunalen Selbstverwaltung. Demografie, Fachkräftemangel oder Gesetzgebung bis zum Finanzausgleichssystem, das sind wesentliche externe Einflüsse, politisch beeinflusste Rahmenbedingungen, auf die sich die Gesellschaft einstellen muss“, sagt Marianne Bothe. Auf diese externen Einflüsse habe die Städte und Gemeinden und auch der Landkreis zwar wenig Einfluss, man müsse mit diesen aber „leben und arbeiten“.

„Die Gesellschaft sind wir, die Menschen in den Regionen, ihre Dörfer und Städte“, sagt Markus Bauer. „Und der Salzlandkreis im regionalen Verbund. Wir wollen unsere Dinge selbst in die Hand nehmen, definieren, was wir wollen, und die richtigen Prozesse ansteuern. Wir brauchen wachsende Zahlen, und wir müssen interne Arbeitsprozesse anpassen, damit Verwaltung nicht teurer wird. Wir brauchen Wirtschaftsansiedlung, und wir brauchen Personenansiedlung. Wir brauchen eine breite Basis und Unterstützung für unsere Ziele. Ein Netzwerk und Gesamtsystem, wie es das Strategiepapier beschreibt, um die kommunale Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Region zu erhalten und zu stärken“, erklärt der Landrat.

Ein Strategiepapier, das den Schuldenberg des Kreises und seiner Städte und Gemeinden aber nicht aus dem Blick lässt. So schreibt der Landrat in dem Vorwort der Zukunftsstrategie: „Wir wollen zugleich auf die uns seit Jahren begleitende Haushaltskonsolidierung mit Antworten reagieren, die schon allein deshalb smart sind, weil sie so von einer Kommune wie dem Salzlandkreis noch nicht erarbeitet worden sind.“

Stichwort Haushaltskonsolidierung. Der Sparplan des Kreises sieht nämlich vor, den Schuldenberg abzubauen. Dazu erklärt Marianne Bothe: „Der Abbau der Verbindlichkeiten aus Investitionskrediten in Höhe von 43,7 Millionen Euro ergibt sich aus den Tilgungsplänen der einzelnen Investitionskredite. Während diese Verbindlichkeiten Ende 2020 einen Stand von 42.939.093 Euro haben sollen, soll dieser 2028 (bis zu diesem Jahr hat der Salzlandkreis seinen Sparplan bereits ausgearbeitet) bei 10.280.093 Euro liegen.

Die Verbindlichkeiten des Salzlandkreises aus Liquiditätskrediten beliefen sich zum 31. Dezember 2019 auf 81,6 Millionen Euro. „Derzeit betragen die Liquiditätskredite 63,6 Millionen Euro. Zum Jahresende wird sich die Inanspruchnahme von Liquiditätskrediten wieder erhöhen“, teilt die Kreissprecherin aber mit. Denn: „Ein Abbau der Liquiditätskredite zeichnet sich in den kommenden Jahren nicht ab, da der Finanzplan bis 2022 negative Salden aus der Finanzplanung ausweist.“ Ab 2023 sollen Liquiditätskredite dann erst zurückgezahlt werden.

Um dieses Ziel zu erreichen, geht es im Strategiepapier auch darum, Ressourcen zu schonen, Aufwand zu reduzieren und Erträge zu sichern. Interne Verwaltungsstrukturen sollen überprüft und immer wieder neu ausgerichtet werden. Außerdem soll vorausschauend in Infrastrukturen wie Breitbandausbau und Digitalisierung, in die Schulen, zur Förderung der Wirtschaft und im Jugend- und Sozialbereich investiert werden – mit direkter Wirkung auf den Finanzhaushalt und die Konsolidierung.

„Hier geht es nicht allein um den Abbau von (Alt-)Schulden, sondern auch darum, zu erwartende Mehrbelastungen wie beispielsweise Tarifsteigerungen abzufangen“, erklärt Marianne Bothe.

Der Landesrechnungshof indes empfiehlt in seinem Sonderbericht zur Lage der Kommunalfinanzen unter anderem: „Defizitäre Kommunen müssen den Kurs der Haushaltskonsolidierung fortsetzen beziehungsweise die Konsolidierungsanstrengungen verstärken. Die Kommunalaufsicht hat diesen Kurs mit den aufsichtsrechtlichen Mitteln zu unterstützen.“ Eine Empfehlung, deren Umsetzung durch das Landesveraltungsamt als Kommunalaufsicht für den Salzlandkreis nicht neu ist. Denn was das Konsolidierungskonzept, also den Sparplan des Kreises angeht, so gab es in der Vergangenheit schon des Öfteren Meinungsverschiedenheiten inklusive Beanstandungen des Sparplans seitens der Kommunalaufsicht und Widersprüchen des Salzlandkreises gegen diese Beanstandungen.