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Sanierung Warum am Deich gemäht wird

Zwischen Monplaisir wurde der Deich bis zum Dammhaus nahe Glinde DIN-gerecht saniert - und bereits gemäht. Eine Anwohnerin verärgert das.

Von Thomas Linßner 15.06.2020, 12:44

Monplaisir/Glinde l „Wir kämpfen mittlerweile um jede Blume, um jedes Insekt“, schüttelt Heidrun Rackwitz den Kopf. Und trotzdem wurde der Deich regelrecht geschoren, so dass nur noch eine gelbe Grasnarbe und keine einzige Blume mehr übrig ist. Die Naturfreundin, die in der Nähe wohnt, macht auf Bodenbrüter wie Lerchen aufmerksam, die ihre Gelege im Gras ablegen.

„Zur Kompensation der vorhabensbedingten, erheblichen aber unvermeidbaren Beeinträchtigungen durch die Maßnahme ‚HWSB Elbdeich li. km 1,43 – 4,1‘ ist eine Begrünung der neu hergestellten Böschungsflächen sowie der Flächen des geplanten westlichen Deichschutzstreifens mit Regiosaatgut zur Entwicklung des Lebensraumtyps 6510 (artenreiche, extensive Mähwiese der planaren bis submontanen Stufe) vorgesehen bzw. vorgeschrieben“, beantwortet Flussbereichsleiter Ronald Günther vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz (LHW) die Volksstimme-Anfrage schriftlich. Was ziemlich kompliziert und nach Verwaltungssprache klingt, hat einen soliden Hintergrund.

Zur Erinnerung: Bei der Sanierung wurden die Flächen auf der Landseite des Deiches neu gestaltet und flächenmäßig vergrößert. Die so entstandenen Böschungen mit dem darauf befindlichen Deichschutzstreifen (fünf Meter ausgehend vom Deichfuß) sollen zur mageren Flachland-Mähwiese werden, die in Deutschland selten geworden ist.

Warum mager? Durch die Intensivierung der Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten sind die meisten Wiesen verarmt und werden nur noch durch wenige dominante Gräser besiedelt. Das resultiert aus Düngung, vielen Mahdterminen im Jahr und durch einen frühen Mahdzeitpunkt.

Die „magere Landseite“ des Deiches soll laut LHW über einen Zeitraum von fünf Jahren gepflegt werden. Im ersten Jahr wird ein mehrmaliger Schröpfschnitt durchgeführt, um unliebsame Arten in ihrer Entwicklung zu hindern. „In den Jahren darauf erfolgt zur Regulation unerwünschter Begleitvegetationen ein dreimaliger Schnitt“, erklärt Flussbereichsingenieurin Christin Kloß.

Zusammen gefasst heißt das: Derweil die Landseite „mager“ bleibt, ist die wasserseitige Vegetation intakt, weil dort ja nicht gebaut wurde. „Sie wird wie bisher regulär unterhalten. In diesem besonderen Fall erfolgt die Deichpflege mit Schafen“, so Christin Kloß. Die Tiere werden „eingekoppelt“, die Zäune je nach Bedarf umgesetzt.

Weil die Deichertüchtigung einen Eingriff in die Natur darstellt, erfolgen in jedem Fall Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen.

„Die Überwachung dieser Leistungen obliegt, im Auftrag des LHW, der ökologischen Baubegleitung“, teilt Günther mit. Die Pflegegänge würden hierbei so gewählt, dass sowohl der Entwicklung der Natur Genüge getan und darüber hinaus eine dauerhafte, geschlossene und dichte Grasnarbe entwickelt werde, die künftig den Schutz der Deiche sicherstellt.

Damit ist ein Kompromiss zwischen Ökologie und Hochwasserschutz gemeint. „Wir haben Ihren Hinweis nochmals zum Anlass genommen und die beteiligte Baubegleitung aufgefordert, verstärkt auf die Mahdtermine Einfluss zu nehmen“, so der Flussbereichsleiter.

Die Zielstellung einer dichten geschlossenen Grasnarbe, dürfe dabei aber nicht aus den Augen verloren werden, fügt er hinzu.