Heimatgeschichte Schönebeck: Archäologie im Hafen
Persönlichkeiten aus der Heimat: Täglich kommen wir an Straßennamen und Wohnhäusern vorbei, doch wissen wir wirklich um wen es hier geht? Eine Volksstimme-Serie.

Schönebeck/VS. - Ob der Streckenweg 4, das Salzland Museum oder der Hafen Schönebeck-Frohse, es gibt viele Orte in Schönebeck, die sich mit Wolfgang Wanckel verbinden lassen. Sogar eine Straße im Industriegebiet West ist nach dem Mann mit den vielen Talenten benannt. Seine erste Schaffensphase beginnt nach Aufzeichnungen aus dem Stadtarchiv jedoch klassisch für das Ende des 19. Jahrhunderts im Betrieb seines Vaters, einer Schönebecker Spedition. Ab 1913 ist er dort gemeinsam mit seinem Bruder Eberhard Wanckel für den Neubau des firmeneigenen Hafens zuständig. In dieser Zeit entdeckt Wolfgang Wanckel schon bald seine zweite Leidenschaft. Nicht nur die Schifffahrtsindustrie begeistert ihn, auch die Heimatforschung und insbesondere archäologische Ausgrabungen werden zu seinem Hobby. Während des Hafenbaus kann er hier viele kleinere Untersuchungen leiten.
Schönebeck und noch weiter
Mit dem neuen Frohser Hafen wird der Familienbetrieb schnell zu einer der bedeutendsten Firmen an der Elbe heranwachsen. Die Wanckel-Flotte kann sich sehen lassen: Drei Schleppdampfer und 25 Kähne mit einem Fassungsvermögen von je 1.000 Tonnen schippern für die Familie über die Elbe. Und ihre Güter sind vielseitig. Kali- und Steinsalz, Dünger und Getreide, Futtermittel oder Schwefelkies, aber auch Phosphate und Kohlen transportieren die Wankel-Kähne tagtäglich über den langen Fluss. Immer gut zu erkennen an der blauen Flagge mit weißer Mondsichel und Stern. Getreidegüter, Futter- und Düngemittel wurden mitunter in der Salzer Straße verkauft. Das Familienunternehmen wächst stetig weiter und gründet bald neue Niederlassungen in Magdeburg, Halberstadt, Aschersleben, Burg und sogar Hamburg.
Wanckels Wasserbüffel
In den 30er Jahren folgt dann der erste große Fund für den Hobbyarchäologen. Im Tal des Welsleber Baches werden eiszeitliche Säugetiere geborgen. Neben Mammut, Altelefant, Bison, Urhirsch und Urpferd ist auch eine bisher unentdeckte Art eines Wasserbüffels dabei. Dieser trägt seitdem den Namen seines Entdeckers Wolfgang Wankel „buffelus wanckeli“. Bereits 1936 entdeckt Wankel in Neu-Schönebeck ein Gräberfeld mit Reiterbestattung und dem Grab eines Schmiedes.
Tradition und Heimatliebe
Wolfgang Wanckel gilt seinerzeit als Heimat- und Traditionsverbunden. Nicht nur das Schifferbrauchtum führt er mit eigenen Sammlungen fort, auch nimmt er großen Einfluss auf die Gestaltung von Volksfesten und Bräuchen in der Region. Bereits 1924 ist er einer der Gründer der Gesellschaft für Vorgeschichte und Heimatkunde im Kreis Calbe. Daher ist er auch an der Gründung des Heimatmuseums im Obergeschoss der Pestalozzischule beteiligt. Insgesamt 25 Jahre ist er als ehrenamtlicher Direktor tätig und überträgt große Teile seiner privaten Sammlungen. Während Wolfgang Wanckel immer mehr seinen Nebentätigkeiten nachgeht, kümmert sich sein Bruder Eberhard Wanckel vorrangig um das Weiterbestehen der Spedition.
Mit dem Ende des zweiten Weltkriegs wird jedoch der gesamte Besitz in der von der Sowjetunion besetzten Zone enteignet. Wanckels Sohn, Carl Oskar Wanckel, verlegt daher den Hauptsitz des Familienunternehmens nach Hamburg, wo die Firma bis in die 70er Jahre hinein weiter Bestand hat. Der einstige Hafen der Familie wird auch heute noch als Umschlaghafen von Schrott und Schwerlastteilen genutzt.