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Corona Sicherheitschef statt Küchenchef

Gastronom Denis Radmer aus Biere sorgt jetzt in Supermärkten für Ordnung.

Von Jan Iven 30.03.2020, 01:01

Biere l Denis Radmer aus Biere hat viel zu tun in diesen Tagen, wenn auch nicht ganz so, wie er sich das eigentlich wünschen würde. „Hier ist die Hölle los. Die Leute stehen bis zu 80 Meter Schlange“, erzählt er. Allerdings nicht vor seinem Veranstaltungssaal Werk 2 in Biere, den er unter anderem betreibt. Die Volksstimme erreicht ihn am Handy in einem Supermarkt in Haldensleben. Dort pflegt er gerade sein zweites Standbein, seine Sicherheitsfirma mit dem etwas eigenwilligen Namen D.D.R. Security – Detektei Denis Radmer. Mit seinen Sicherheitsleuten sorgt er in dem Laden für Ordnung.

Wichtig ist vor allem der Einlass an den Supermärkten. „Wir dürfen wegen Corona pro zehn Quadratmeter Einkaufsfläche maximal nur einen Kunden hineinlassen“, sagt Denis Radmer. Diese Regel gilt in Zeiten der Pandemie für alle Supermärkte in ganz Deutschland. Die Ansteckungsgefahr soll so reduziert werden, wenn sich die Kunden nicht so nah kommen. Das Ergebnis: „Die Sicherheitsbranche boomt gerade. Wir haben alle Hände voll zu tun.“ Radmer kann sich vor Anfragen derzeit kaum retten und koordiniert 13 Mitarbeiter in Supermärkten in Magdeburg, Gardelegen und Stendal. Und er selbst steht auch noch an der Tür in Haldensleben.

Die Kunden würden sich meistens vernünftig verhalten. „Einige sind genervt und spielen sich auf. Aber die meisten sind doch dankbar, dass sie einkaufen können und dass wir das regeln“, sagt Radmer. „Wir stehen hier schließlich auch an vorderster Front und können uns jederzeit anstecken.“ Zur Sicherheit sind die Sicherheitsleute mit Mundschutz und Handschuhen ausgestattet.

Mit seiner Sicherheitsfirma beschert Corona ihm gerade eine 80-Stunden-Woche. Doch so richtig freuen kann sich Denis Radmer darüber nicht. Denn im Gegenzug musste er das Werk zwei und sein Eiscafé Lisa wegen der Pandemie schließen. „Veranstaltungen, Feiern – alles fällt aus. Ich mach mir wirklich große Gedanken, ob ich meinen Traum im Werk zwei noch weiter leben kann“, sagt Gastronom Denis Radmer. Noch vor wenigen Wochen wurde dort ausgelassen Karneval gefeiert. Damals stand er noch als Küchenchef am Herd und hat die feiernden Gäste bekocht. Von den eigentlichen Karnevalssitzungen hat er kaum etwas mitbekommen. So viel hatte er in der Küche zu tun. Doch nun ist Schluss mit lustig.

Hinzu kommt, dass er seit Anfang des Jahres wieder jeden Sonnabend seine Disco im Keller geöffnet hatte. „Das hat sich zu einem richtig guten Geheimtipp entwickelt, weil wir die Leute mit unserem Shuttle-Service nach Hause fahren“, sagt Denis Radmer und ist offenbar selbst ein bisschen darüber überrascht, dass die Party in den vergangenen Monaten so gut bei den Leuten angekommen ist. Inzwischen kamen mehr als 100 Gäste, was für einen rentablen Abend aber auch notwendig ist. Die Leute hatten richtig Lust zu feiern. „Das bricht mir schon das Herz, dass das jetzt wieder ausfällt“, sagt Denis Radmer.

Seinen festen Mitarbeitern und sechs Pauschalkräften im Werk zwei musste er nun erst einmal nach Hause schicken. Der Gastronom hat erfahren, dass er nun 9000 Euro an Hilfsgeldern bekommen kann – verteilt über einen Zeitraum von drei Monate. Das reiche allerdings kaum für die Kosten. Lieber wären ihm Steuer-erleichterungen. Die nutzen allerdings auch nur Unternehmern, die immer noch Einnahmen haben. Wer nichts mehr verdient, zahlt sowieso keine Steuern. Radmer hat allerdings auch den Eindruck, dass das Finanzamt derzeit eher kulant ist und keinen Druck macht. Mit den Vorauszahlungen hat es die Behörde derzeit offenbar nicht so eilig wie sonst.

Alles in allem ist Denis Radmer froh, dass er mit der Sicherheitsfirma ein zweites Standbein hat, das ihm in dieser schwierigen Zeit hilf. „Ich gehe jetzt aber langsam auch auf die 50 zu und wollte daher im Sicherheitsbereich eigentlich etwas kürzer treten“, sagt er und lacht. Der Ton auf der Straße werde auch immer rauer. Seinen Traum von der eigenen Gastronomie in Biere möchte er auch auf keinen Fall aufgeben. Und so hofft Denis Radmer, dass die Corona-Krise bald vorbei ist und er sein Werk zwei dann wieder öffnen kann.