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Straßenausbau Die Sache mit den Ausbaubeiträgen

Können künftig auch im Salzlandkreis nur noch so viele Straßen ausgebaut werden, wie Fördermittel zur Verfügung stehen?

Von Paul Schulz 18.06.2020, 01:01

Schönebeck/Calbe/Biere l Eine schöne neue Straße mit einem schicken Fußweg und vielleicht auch noch einigen Parkplätzen dazu. Die Versorgungsleitungen werden im Zuge des Straßenausbaus auch gleich erneuert. Das ist wohl für die meisten Bürger ein erstrebenswerter Zustand. Dafür bezahlen wollen aber die wenigsten.

Kein Wunder, dass eine Volksinitiative zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge rund 38.000 Unterschriften sammeln konnte. Auch die schwarz-rot-grüne Koalition hat sich Anfang Juni 2020 darauf verständigt, die Beiträge rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres abzuschaffen. Ein Gesetzesentwurf soll noch im Juli 2020 in den Landtag eingebracht werden.

Wird die Abschaffung tatsächlich beschlossen, sind die Folgen noch nicht in Gänze abzusehen. Wie sich das auf den Straßenausbau in Schönebeck auswirken würde und wie viele Haushalte diesbezüglich betroffen sein würden, ist unklar, teilt Stadtsprecher Frank Nahrstedt mit.

Scharfe Kritik hagelt es indes aus Aschersleben. In einer Veröffentlichung bezeichnet Oberbürgermeister Andreas Michelmann (Widab) die Abschaffung als „große Torheit“ und „groben Unfug“. Einerseits werde dadurch die kommunale Selbstverwaltung der Kommunen ausgehöhlt, doch weit dringlicher ist die Frage, wie künftig der Straßenbau finanziert werden soll.

„Der geplante finanzielle Ausgleich für die Kommunen durch das Land bedeute schlichtweg, dass Kommunen in Zukunft nur noch exakt so viele Straßen ausbauen können wie Geld vom Land fließt“, heißt es in dem Statement des Ascherslebener Oberbürgermeisters. Denn bleiben die Ausbaubeiträge von Bürgern aus, es handelt sich mitunter um fünfstellige Beträge, muss das Land einspringen. Derzeit sind dafür 15 Millionen Euro eingeplant.

Dass diese Summe ausreicht, bezweifelt Michelmann. Und er steht damit nicht allein. Schönebecks Oberbürgermeister Bert Knoblauch (CDU) teilt auf Nachfrage mit: „Nach jetziger Einschätzung dürfte der Haushaltsansatz nicht ausreichend sein, um landesweit den Rückstau aufzulösen, der bei bisherigen Maßnahmen des Straßenbaus eingetreten ist. Insoweit war natürlich der Anteil der Anlieger wesentlicher Bestandteil für die Durchführung der Straßenausbaumaßnahmen. Dass dieser mit dem vom Land angesetzten Beitrag vollständig kompensiert wird, wird seitens der Stadt erheblich bezweifelt.“

Auch Calbes Bürgermeister Sven Hause (parteilos) ist der Meinung, dass die vom Land eingeplanten 15 Millionen Euro als Kompensation für die ausbleibenden Beiträge nicht einmal annähernd ausreichen. „Das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, so Hause. Dennoch sei er grundsätzlich für die Abschaffung der Beiträge. „Die Bürgerbelastung muss so gering wie möglich gehalten werden“, meint der Calbenser Bürgermeister. Aber es müsse eben auch einen Ausgleich geben – also mehr Geld vom Land.

Dass die betroffenen Bürger von den zum Teil sehr hohen Beiträgen befreit werden, bewertet Bernd Nimmich (SPD), Bürgermeister der Gemeinde Bördeland, als positiv. Gleichzeitig würde es aber für die Kommunen schwieriger, Straßenausbaumaßnahmen zu finanzieren. Denn auch Nimmich hält die 15 Millionen des Landes bei Weitem nicht für ausreichend. „Die 15 Millionen könnte ich schon alleine für den Straßenausbau im Bördeland gebrauchen“, sagt der Gemeindebürgermeister.

In der Gemeinde Bördeland sei aber das grundsätzliche Problem beim Straßenbau, dass keine Eigenmittel zur Verfügung stehen. Da die Kommune ihren Anteil für Baumaßnahmen nicht aufbringen kann – unabhängig davon, ob Bürger Ausbaubeiträge entrichten müssen oder nicht – ist schon „lange nichts mehr passiert“, erklärt Nimmich. Das Land müsse mehr Geld bereitstellen.