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Weltkulturerbe Streitpunkt Pretzien: Nicht so weit her mit dem Wehr?

Das Pretziener Wehr soll Weltkulturerbe werden. Dieses Interesse bekundeten zumindest der Kreistag, die Staatskanzlei des Ministeriums für Kultur des Landes Sachsen-Anhalt. Auch der Bürgermeister ist dafür. Doch bei einer Fraktion des Stadtrates stößt das Vorhaben aus Skepsis.

Aktualisiert: 30.05.2021, 12:24
Das Preziener Wehr soll Unesco-Weltkulturerbe werden. Bis es soweit ist, wird es aber noch dauern.
Das Preziener Wehr soll Unesco-Weltkulturerbe werden. Bis es soweit ist, wird es aber noch dauern. Foto: Andre Schneider

Schönebeck/Pretzien - Eigentlich sind „Interessensbekundungen“ im Stadtrat nur eine Formalität. Doch bei der Bekundung, das Pretziener Wehr in die Unesco-Liste für Weltkulturerbe aufzunehmen, war das nicht ganz so einfach. Die Linken verwehrten sich der Zustimmung. Das hat Gründe.

Die Beschlussvorlage wurde von Oberbürgermeister Bert Knoblauch (CDU) und der Verwaltung erst vor der Stadtratssitzung eingebracht. In den vorab beratenden Ausschüssen fand das Thema daher keinen Einzug in die Tagesordnung. Trotzdem warb der Oberbürgermeister für die Zustimmung des Kommunalparlamentes. „Der Beschluss soll zur Unterstützung dienen“, betonte das Stadtoberhaupt. „Maßgeblich für die Umsetzung ist aber allein die Staatskanzlei.“ Ob das imposante Bauwerk am Rande Pretziens auf die Liste des Weltkulturerbes kommen wird, ist allerdings vollkommen offen und ohnehin ein langwieriger Prozess. „Allein die Bewerbung wird in den Medien schon sehr positiv wahrgenommen. Wir können davon nur profitieren“, warb Knoblauch. Der Beschluss wäre eine rein formale Angelegenheit gewesen. Kosten würden der Stadt damit nicht entstehen. Zumindest vorerst.

Auf taube Ohren

Die Argumente stießen bei der Fraktion der Links-Partei aber auf taube Ohren. „Wir betreiben Symbolik in großer Eile und ohne Not“, kommentierte Fraktionsvorsitzende Sabine Dirlich. „Wir haben beschlossen, diese Beschlussvorlage zur Beratung in die Ausschüsse zu geben“ – auch im Hinblick auf mögliche Kosten des Projektes. Entrüstung machte sich in Reihen der andere Fraktionen breit. Vorsitzende Cornelia Ribbentrop (SPD) schickte die Räte in die Pause. Zeit zum Durchatmen. Zum Beraten.

Das änderte die Meinung der Fraktion aber nicht. So kam es zu keiner Abstimmung. Ribbentrop blieb nichts anderes übrig, als den Ausschüssen „Hausaufgaben“ für die kommenden Sitzungsrolle zu geben. Das Pretziener Wehr wird dort wieder ein Thema werden.

Lautstarke Entrüstung

Wieder lautstarke Entrüstung aus den Reihen der anderen Fraktionen. Pretziens Ortsbürgermeister Frithjof Meussling (CDU) konnte die Verärgerung verstehen. Er sieht viele Vorteile für das Pretziener Wehr als Weltkulturerbe. „Das Wehr ist ein technisches Meisterwerk“, führte er aus und bewertete das Verhalten der Linken zeitgleich als unnötig. Die Menschen in Pretzien und weit darüber hinaus können sich mit dem technischen Bauwerk identifizieren. Viele Besucher kommen ohnehin schon. Für die Schönebecker ist das Pretziener Wehr ein beliebter Ausgangspunkt für Ausflüge und Radtouren in die nähere Umgebung.

Das Pretziener Wehr, erbaut von 1871 bis 1875, zählt zu den deutschlandweit bekanntesten technischen Denkmalen in Sachsen-Anhalt. Es ist zugleich eines der bedeutendsten wasserbaulichen Großbauwerke des 19. Jahrhunderts in Europa und war international Vorbild für mehrere weitere Anlagen. Diese Pionierleistung des Ingenieur-und Stahlbaus wurde 2015 von der Bundesingenieurkammer als „Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst“ gewürdigt und ist trotz ihres Alters von 150 Jahren noch weitgehend unverändert in Betrieb.