Tierwelt Ungebeten ans Buffet getreten: Waschbär mischt Schönebeck auf
Waschbären erobern den menschlichen Lebensraum immer weiter. Die possierlichen Vierbeiner finden in menschlicher Umgebung alles, was sie zum Leben brauchen. Doch nicht überall sind sie gern gesehen. Gibt es in Schönebeck ein Problem mit den Kleinbären?

Andre Schneider - Schönebeck
Auf den ersten Blick wirken sie niedlich und zierlich. Aber Waschbären im menschlichen Raum können auch zu Problemen führen. Manchmal kommt es zu interessanten Beobachtungen – vor allem, wenn sich Waschbären in die Reviere anderer Tiere wagen.
Volksstimme-Leser Lothar Gessner machte vor Kurzem eine solche Beobachtung. In der Wilhelm-Hellge-Straße wagte sich ein Waschbär in fremdes Terrain. Das Fellwesen kletterte auf einen Schornstein am Ende der langen Straße. Freunde machte sich der possierlicher Nager damit aber keinesfalls. Seine Feinde hatten Federn, wie der Leser mitteilte. Als Beweis lieferte Gessner ein Foto des Waschbären, wie er hoch über den Dächern Schönebecks thront. Doch sein Königreich kann er von dort aus nicht genießen.
Krähen fordern ihren Platz
Schwarz-Gefiederte Kontrahenten wollten dem Waschbären seinen Sonnenplatz streitig machen. „Er wird von Krähen attackiert“, schildert der Leser in einer E-Mail an die Redaktion. Das ging nicht folgenlos an dem Fellträger vorüber. „Er kriecht in den Schornstein und hagelt sich rückwärts wieder raus.“ Wie der tierische Kampf allerdings ausging, wurde bis Redaktionsschluss nicht übermittelt.
Einen ganz anderen Kampf kämpft Andreas Zieraus. Eigentlich so sagt er, wollte den Igeln in seinem Garten etwas Gutes tun. Über das Internet erhielt er den Ratschlag, die stacheligen Gartenbewohner mit Katzenfutter zu verwöhnen. „Aber bekommen die Igel tatsächlich das Futter ab?“ fragte sich der Schönebecker. Eine Möglichkeit der Dokumentation musste her.
Von seiner Familie bekam er daraufhin eine Fotofalle geschenkt. Und tatsächlich: Igel geben sich in Zieraus Garten förmlich die Klinke in die Hand. Doch auch andere, nicht geladen Gäste, vergnügen sich an dem Bankett in Zieraus grüner Oase. Elstern, Hauskatzen und eben der Waschbär lassen sich bei dem leckeren Katzenfutter-Büffet nicht lange bitten.
Pelzträger beweist Manieren
Immerhin beweist der zugezogene Pelzträger Manieren. Die Foto-Falle dokumentieren es eindeutig: Waschbären schreiten erst zur Tafel, wenn die Igel ihr nächtliches Mal bereits eingenommen haben.
Trotz seines höflichen Auftritts – der Bär hat es schwer. „Hat man ihn erst einmal, wird man ihn so schnell nicht wieder los“, meint der Gartenbesitzer. Michael Wunschik von der Nabu-Ortsgruppe Schönebeck gibt ihm recht. „Die meisten wollen ihn nicht“, sagt Wunschik.
Allerdings ist das Tier inzwischen in unseren Breiten ein fester Bestandteil der heimischen Tierwelt geworden. Der Waschbär folgte einst einer „Einladung“ des Menschen, der es auf sein flauschiges Fell abgesehen hatte. Die Nordamerikaner haben inzwischen in ganz Schönebeck und in der Bundesrepublik ein Zuhause gefunden. Schließlich gibt es nicht nur in heimischen Gärten reich gedeckte Tische. „Waschbären kommen das ganze Jahr über sogar im Zentrum vor“, so Wunschik.
Ein selbstgemachte Problemß
Der Waschbär scheint also ein selbst gemachtes Problem zu sein. Schließlich ist er in den hiesigen Regionen nicht beheimatet. Doch Mensch und Tier werden mit ihm friedlich zusammenleben müssen. Auch, wenn er ein „jagdbares Wild“, wie Wunschik erklärt, sei. „Weg bekommen wir ihn sicherlich nicht mehr.“
Für andere tierische Bewohner könne der Waschbär durchaus eine Bedrohung darstellen. Zwar sind derartige Kämpfe wie auf dem Schornstein in der Wilhelm-Hellge-Straße eher Ausnahme statt Regel, doch Hauskatzen dürften vor dem eine Gewichtsklasse höher kämpfenden Nordamerikanern durchaus Respekt haben.
Manche Einheimische entwickeln sogar eine Strategie gegen die Fressgewohnheiten der Waschbären. Der Graureiher zum Beispiel: „Früher gab es große Kolonien von bis zu 600 Nestern“, weiß der Nabu-Experte. Heute existieren, etwa in Ostelbien, noch kleinere Ansammlungen von 30 bis maximal 40 Nestern. Die Tierwelt passt sich also an.


