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Berufe am Flughafen Magdeburg-Cochstedt Verkehrsleiter: Der Dirigent am Boden

Von Ulrich Meinhard 02.09.2011, 06:30

In einer kleinen Serie stellt die Volksstimme Berufe am Flughafen vor. Kulisse ist der im März eröffnete Verkehrsflughafen Magdeburg-Cochstedt. Heute steht die Arbeit des Verkehrsleiters im Mittelpunkt.

Cochstedt. Auf dem Rollfeld wirft ein Privatflieger die Triebwerke an. "Der hat noch eine halbe Stunde bis zum Start. Was da jetzt läuft, ist das dritte Triebwerk. Das wird angeworfen, wenn an Bord Strom benötigt wird", erklärt Klaus Bendixen. Von seinem Dienstzimmer aus hat der 43-Jährige direkten Blick auf die Start- und Landebahn des Flughafens Magdeburg-Cochstedt.

Bendixen ist Verkehrsleiter. Was alles zu seinen Aufgaben gehört, erklärt er gegenüber der Volksstimme; eine gute Stunde braucht er dazu. Danach ist klar, der Mann ist sowas wie ein "Mädchen für alles". So weit hergeholt ist der Vegleich gar nicht. "Ich bin wie eine Frau. Ich kann mehrere Sachen gleichzeitig erledigen", grinst Bendixen. Die gesamte Abwicklung der Vorgänge auf einem Flughafen muss er im Blick haben. Das beginnt morgens mit dem "Runway-Check". "Ich schaue nach, ob Gegnstände auf der Landebahn liegen", sagt der Quedlinburger und ergänzt: "Dann überzeuge ich mich davon, dass die gesamte Lichtanlage funktioniert, sowohl in den Flughafengebäuden als auch auf dem Rollfeld."

Der Lotse im Tower bringt den Flieger runter. Alles was dann abläuft, fällt in den Verantwortungsbereich des Verkehrsleiters, inklusive des Einwinkens der gelandeten Maschine auf ihren Stellplatz. "Manchmal muss ich am Tag dreimal raus, manchmal bin ich fast ununterbrochen draußen", schildert Bendixen den unterschiedlichen Lande-Takt.

Er muss entscheiden, ob und wann seine Kollegen vom Bodenpersonal zum Be- und Entladen hinaus dürfen. Er muss den Einsatz von Handwerkern und Feuerwehrleuten und des Winterdienstes koordinieren. Das Funktionieren der Computerprogramme obliegt ihm ebenso wie das Annehmen von Hinweisen und Beschwerden sowie die Bearbeitung von Fluganmeldungen.

Aber steht mit dem Cockpit nicht der Lotse in Verbindung? "Der Lotse hat einen begrenzten Zuständigkeitsbereich, bei uns beträgt er etwa 13 Kilometer im Umkreis", erklärt Bendixen und fährt fort: "Nehmen wir an, ein Flieger aus Graz will morgen hier landen. Er meldet sich bei mir an und ich sage, ob das möglich ist. Dann organisiere ich, sofern erwünscht, Taxi und Hotelzimmer." Außerdem müssen unter Umständen Polizei und Zoll verständigt werden, denn "Briten werden kontrolliert, Schweizer müssen durch den Zoll", zeigt Bendixen auf, dass laut den Einreisebestimmungen ein Europäer nicht gleich ein Europäer ist.

"Während der Abfertigung achte ich darauf, dass die Sicherheitsbestimmungen sowohl von den Mitarbeitern der Airline als auch von den Beschäftigten des Flughafens eingehalten werden", listet Bendixen weiter auf. Er muss auch ein Auge auf die Fluggäste haben. "Es wäre zum Beispiel hochgradig gefährlich, wenn jemand auf dem Rollfeld beim Auftanken der Maschine rauchen würde."

Dann spricht Klaus Bendixen von sogenannten Slots: Zeittunnel, in denen ein Flugzeug gestartet sein muss. Auch sein Ding. Unter "Wildlife" versteht er alles, was kreucht und fleucht und fliegt. Ein Verkehrsleiter muss die Gefahr möglichst ausschließen, dass es zu einem Vogelschlag kommen kann. Oder dass sich Tiere auf dem Rollfeld befinden. "Neulich hatten wir hier Rehe im Sicherheitsbereich. Keiner weiß, wie die da reingekommen sind. Und so zwei, drei Stammfüchse schleichen hier auch immer wieder mal rum", verweist Bendixen auf die wilde Fauna, die sich einen feuchten Kehricht um deutsche Vorschriften schert.

Ein Verkehrsleiter sei bei Abwesenheit der Flugplatzleitung eine Art Platzhalter, müsse sich um Probleme auf dem Parkplatzbereich kümmern und wenn Not am Mann ist, auch ein Interview geben. "Mir untersteht die gesamte Technik der Fahrzeuge und Geräte, die am Flugzeug benutzt werden sowie deren technische Überwachung", öffnet Bendixen eine weitere Seite im Buch seiner Aufgaben.

Bei der Frage nach der täglichen Arbeitszeit huscht ein Lächeln um seine Mundwinkel. Nein, auf die Uhr dürfe man als Verkehrsleiter nicht schauen. Eine Sechs-Tage-Woche sei gang und gäbe. "Aber das habe ich gewusst, bevor ich hier anfing", betont er. Sein Weg nach Cochstedt führte über große Flughäfen in Deutschland wie Frankfurt und Hannover. "Früher war ich alle sieben bis neun Tage zwei Tage zu Hause. Jetzt bin ich es jeden Abend", hebt der Vater von vier Kindern eine der Cochstedter Vorteile hervor. Allerdings habe sein jüngster Sohn die Bemerkung geäußert, dass er seinen Vater früher öfter zu Gesicht bekommen hat. "In Frankfurt ist man einer von tausenden Beschäftigten. Hier ist alles kleiner, sehr familiär. Der Zusammenhalt ist groß", findet Bendixen. Er legt Wert auf die Nähe zu seiner Familie. Die sei ein Grund gewesen, sich in Cochstedt zu bewerben. Und wie oft geht der Mann vom Boden mit den Fliegern auf große Reise? "Ganz, ganz selten."