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Wohnhäuser in der Wilhelm-Hellge-Straße tragen massive Schäden von der Solgraben-Überflutung davon Wöhlerts Hühnerstall stand 1,70 Meter unter Wasser

Von Anja Keßler 28.06.2013, 01:14

Das Schicksal von Familie Wöhlert aus der Wilhelm-Hellge-Straße steht für viele andere betroffene Anwohner des Solgrabens, die große Schäden an ihren Häusern haben.

Schönebeck l Axel Wöhlert steht im Pool in seinem Garten. Dreckige Brühe schwappert in dem Bassin. Mit kleinen Pumpen wird zentimeterweise das Wasser herausgepumpt. Es ist nach einer Woche die letzte feuchte Erinnerung an die Solgraben-Havarie. Doch die Schäden am Haus und den übrigen Hofgebäuden sind noch gut sichtbar und haben eine geschätze Höhe von fast 35000 Euro. In den betroffenen Räumen, das Wasser stand bis zu 70 Zentimeter in Zimmern und Kellerräumen, stehen Entfeuchter, die täglich mehrere Dutzende Liter Wasser aus den Wänden ziehen.

Familie Wöhlert bewohnt das Nachbargrundstück an der Wiese zur Kindertagesstätte Regenbogen. Um die Kindereinrichtung zu schützen, wurde ein Sandsackwall aufgeschichtet, der von Donnerstag bis Sonntag, als am 9. Juni der Scheitel der Elbeflut an Schönebeck vorbeirauschte, immer wieder verstärkt wurde.

Was beim Schutz der Kita offenbar zunächst übersehen wurde: Die angrenzenden Grundstücke mit Wohngebäuden liegen im Schnitt einen Meter tiefer.

Der sich stauende See aus Elbewasser vom Solgraben ergoss sich in den Garten von Wöhlerts und deren Nachbarn und rauschte in Richtung Wilhelm-Hellge-Straße. Zusätzlich verschärft wurde das Dilemma durch das Abpumpen der gefluteten Wilhelm-Hellge-Straße. Das Wasser, das aus der Kanalisation schoss, wurde wieder in Richtung Solgraben gepumpt.

"Unser Hühnerstall stand 1,70 Meter unter Wasser", erzählt Christine Wöhlert. Die Tiere wurden evakuiert. "Wir bedanken uns ganz herzlich bei Familie Rockmann, die unsere Hühner aufnahm und den Mitarbeitern des Bierer Bergs, die sich um unsere Enten gekümmert haben", sagt die Rentnerin.

Notdürftig hatte Axel Wöhlert einen Sandsackwall errichtet, der das Wohnhaus schützend sollte. Die Garagen und Hofgebäude hatte die Familie bereits aufgegeben. Doch das Wasser stieg und stieg. Wenn das THW und Dutzende von Freiwilligen nicht am Freitag und Sonnabend noch zwei weitere mannshohe Wälle eingezogen hätten, das Wasser wäre bis zur Wilhelm-Hellge-Straße gekrochen. Dreimal wurden die Bewohner evakuiert, kamen bei Bekannten unter.

Heute ist der einst prächtig blühende Garten nur noch ein Trauerspiel. Jeder Blick schmerzt die 68-Jährige. Sie schaut jeden Tag, welche Pflanzen und Bäume es überstanden haben. Es sind die wenigsten. An den Erdbeerpflanzen, die grau gefärbt vom Schlamm sind, hängen braune Kugeln.

Das Kellergeschoss des Wohnhauses ist eine Baustelle. Waschmaschinen und die Heizungsanlage sind hin. Warmes Wasser hatten das Ehepaar Wöhlert, die Familie von Sohn Uwe und die Mieter im Haus erst seit Mittwoch dieser Woche wieder.

Glück: Versicherung übernimmt Schaden

Glück im Unglück: Das Ehepaar ist versichert, der bauliche Schaden am Wohnhaus wird übernommen. Die Bauarbeiten haben bereits begonnen. "Ich weiß, dass es viele weit schlimmer getroffen hat als uns", sagt Christine Wöhlert. "Wenn man nur an Breitenhagen denkt." Doch der ideelle Schaden ist auch bei ihnen nicht über Nacht zu beseitigen. "Es wird wohl ein Jahr dauern, eh wir alles soweit wieder hergerichtet haben", sagt Axel Wöhlert. Der 70-Jährige hat all sein Werkzeug verloren und auch eine Wagenladung Spielzeug der Enkel ist reif für den Müll.

"Die Entscheidung, den Solgrabenzugang offen zu lassen, war falsch. Und die Anwohner der Hellge-Straße sind jetzt die Leidtragenden", sagt Axel Wöhlert enttäuscht. "Denn hier sind nicht nur nicht schützenswerte Gärten sondern eben auch Wohnhäuser."