Aufregung Wolf bei Streifzug durch Calbe gefilmt
Ein Video aus Calbe sorgt für Aufregung in den sozialen Medien. Der wacklige Film zeigt einen Wolf, der durch Calbe streift. Gibt es Grund zur Sorge? Was sagen Kreisjägermeister und Bürgermeister?

Calbe - Es ist draußen noch stockdunkel, als der Fahrer zu seinem Smartphone greift und filmt. Ein Wolf läuft in dem 27 Sekunden dauernden Clip offenbar vor einem Auto durch die Stadt Calbe. Der Film, aufgenommen in der Barbyer Straße, zeigt das Tier, wie es offenbar stadtauswärts läuft. Der Film hat sich rasend schnell in den sozialen Netzwerken verbreitet.

Der Wolf (Canis Lupus) ist das größte Raubtier aus der Familie der Hunde. „Wenn der Wolf so offen auf der Straße läuft, zeigt dies, dass er keine Angst vor dem Menschen hat“, schätzt Jens Hennicke ein. Der Kreisjägermeister wohnt zufällig in Calbe. Er kennt den kleinen Film und ist sich sicher, dass das Tier in der Barbyer Straße unterwegs war. Der Mensch ist dem Tier bislang nie feindlich gegenüber getreten, sagt er weiter. Deshalb haben die großen Tiere offenbar auch keine Angst vor menschlichen Siedlungen. Wie viele Wölfe westlich der Elbe und der Saale wohnen, wissen die Jäger nicht, sagt der Kreisjägermeister. Es sei lediglich bekannt, dass im Lödderitzer Forst, der nicht weit von der Saalestadt entfernt liegt, ein Rudel seit Jahren lebt. Die Zahl der Tiere werde hier auf sieben Wölfe geschätzt.
Die Wölfe vermehren sich allerdings und einzelne Mitglieder wandern dann schon mal ab. Das könne so ein Tier sein. Es sei aber auch nicht ausgeschlossen, dass der Wolf regelmäßig in der Stadt seine Runde dreht, meint der erfahrene Jäger. Es gebe jetzt diesen einen Film, wo das Tier bei seinem Streifzug durch die Stadt gesehen und gefilmt worden sei, erklärt er weiter. Was in den Nächten zuvor und danach geschehen sei, sei nicht bekannt. Nicht auszuschließen sei aber, dass der Wolf vielleicht schon öfter durch die Stadt gelaufen sei.
Stätten den Überflusses
Denn menschliche Siedlungen sind auch Stätten des Überflusses. Auch andere Tiere, wie der Waschbär, haben dies gelernt. In den Abfalltonnen findet sich in der Regel allerhand essbares. Das wissen inzwischen viele Tiere. So könnte auch der Wolf in der Stadt unterwegs gewesen sein, um Nahrung zu finden. „Es ist in jedem fall ratsam, die Tonnen fest zu verschließen, damit Tiere nicht an den Inhalt gelangen“, sagt Jens Hennicke.
Ausgeschlossen sei es zudem nicht, dass der Wolf bei seinen Streifzügen durch die Stadt auch Menschen begegne. Vor allem Hundehalter sind mit ihren Tieren mitunter spät abends oder sehr früh morgens unterwegs. Doch wie sollten sich Menschen verhalten, wenn sie einem Wolf begegnen? „Sie sollten auf jeden Fall hektische Bewegungen vermeiden“, rät Jens Hennicke. Die Menschen sollten den Rückzug bei einer Begegnung wählen und sich langsam von dem Tier entfernen. Hektische Bewegungen machten das Tier nur aufmerksamer. Einschreiten dürften die Jäger zudem nicht, erwähnt der Kreisjägermeister. Denn der Wolf ist geschützt und darf nicht bejagt werden.
Frage der Zeit, bis Wolf auf Menschen trifft
Während andere Länder in Skandinavien ihre Wolfspopulation kennen und Zahlen für die Größe der Rudel in den dünn besiedelten Gebieten festgelegt haben, fehle es hier an entsprechenden Richtlinien, bedauert der Kreisjägermeister. Dabei ist Deutschland viel stärker und dichter besiedelt. Es sei daher nur eine Frage der Zeit, bis der Canis Lupus auf seinen Streifzügen auch auf den Menschen trifft.
Das Raubtier hat am Montag auch die Spitze der Stadtverwaltung beschäftigt, bestätigt Bürgermeister Sven Hause. Den Film aus den sozialen Netzwerken hat der Rathauschef versucht örtlich einzuordnen. In der Barbyer Straße sei der Wolf aufgenommen worden, sagt er. „Ich nehme das Thema sehr ernst“, sagt er weiter. Zwar könne die Stadt zunächst einmal nichts unternehmen. Dennoch wolle er sich mit dem Wolfskompetenzzentrum in Verbindung setzen. Beim Landesamt für Umweltschutz ist das Kompetenzzentrum angesiedelt. Dort will sich der Bürgermeister erkundigen, wie die Stadt mit dem Wolf umgehen solle, wenn er vielleicht in der Zukunft öfter in der Stadt gesichtet werde.
Wolf nicht neu bei Calbe
Dass die Tiere auch in der Nähe der Saalestadt leben, ist für den Bürgermeister nicht neu. Schon vor einiger Zeit hat er bei einem Spaziergang an der Saale auf der anderen Flussseite zwei der Tiere gesehen, erinnert er sich. Es seien aber auch andere Tiere nachts in der Stadt, schildert er. Wer zu ungewöhnlichen Zeiten in der Stadt unterwegs sei, könne immer wieder Tiere in der Stadt sehen, die hier auf Streifzug seien. Dennoch sei das kaum vergleichbar mit einem frei laufenden Wolf, der in der Stadt unterwegs sei. Wie die Kommune auf das Tier reagieren könne oder solle, wolle er mit den Fachleuten in den kommenden Tagen besprechen und sich dort Rat holen, kündigt der Bürgermeister an.