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Zirkus Schimpanse Robby: Der Kampf geht weiter

Ab Freitag präsentiert der Circus Belly sein Programm in Schönebeck. Doch seit einigen Jahren liegt ein Schatten über dem Zirkus.

Von Emily Engels 20.07.2017, 06:33

Schönebeck l Robby nimmt die Banane. Er öffnet sie sorgfältig und hält sie der Volksstimme-Reporterin entgegen. „Er will mit Ihnen teilen“, sagt Circus-Direktor Klaus Köhler und erklärt: „Er fühlt sich nicht als Affe, sondern als Mensch.“

Wenn der Circus-Chef über Robby spricht, dann tut er das, wie ein Vater es über sein Kind sprechen würde. Liebevoll, sorgsam und voller Stolz. Trotzdem wirkt der 68-jährige Direktor erschöpft. Oft schaut er während des Gespräches nach unten, wirkt leicht abwesend. „Mir geht es gar nicht gut“, sagt er.

Klaus Köhler fühlt sich seit 2011 als ein Werbeopfer der aktivistischen Tierschutzorganisation „Peta“. Nachdem die Organisation auf Robby als letzten Menschenaffen in einem deutschen Zirkus aufmerksam geworden war, startete sie eine Kampagne gegen die Haltung von Robby im Circus Belly. Vor ein paar Monaten landete der Fall vor dem Lüneburger Verwaltungsgericht – mit der Entscheidung: Klaus Köhler soll Robby in eine Auffangstation abgeben. Gutachten, die im Verlauf des Verfahrens erstellt wurden, hätten ergeben, dass der Schimpanse verhaltensgestört sei. Doch was „Peta“ als Befreiung von Robby sieht und als „ein soziales Zusammenleben mit Artgenossen“ idyllisiert, ist Klaus Köhlers Horrorszenario. „Das wäre Robbys Tod“, sagt er.

Denn der mittlerweile 45-jährige Robby ist im Circus Belly aufgewachsen. „Er gehört zur Familie“, so Klaus Köhler.

Während er das sagt, drückt er seinen Robby, dieser streicht liebevoll mit seinen Fingern über den Handrücken des Zirkusdirektors. Laut Wildtierärztin Alexandra Dörnath, die ehemalige Zoo-Tierärztin und Expertin für Menschenaffen ist, ein Zeichen der tiefsten Zuneigung. Sie hat ein paar Tage mit dem Circus Belly verbracht und das Verhalten von Robby beobachtet. „So würde sich kein Affe verhalten, der sich nicht wohlfühlen würde“, sagt sie. Für sie spricht auch Robbys Alter für sich. „Das Durchschnittsalter von Schimpansen liegt bei 30, höchstens 40 Jahren“, sagt sie. Würde es Robby nicht gut gehen, würde er längst nicht mehr leben – so ihre Meinung.

Eine ähnliche Ansicht hat Magdeburgs Zoo-Chef Kai Perret, bei dem sich Klaus Köhler auf Anraten seines Anwaltes Hilfe geholt hat.

Er besuchte Robby jüngst in Bernburg, als der Circus dort zu Gast war. „Robby wirkt tiefenentspannt“, sagt Perret. Dass Wildtiere seiner Ansicht nach nicht in den Circus gehören, das ist für den Zoo-Leiter unstrittig. Dennoch bezweifelt er, dass der „Schimpansen-Opa“ sich in einer Auffangstation zurecht finden würde. Niemand wisse, ob er mit seinen 45 Jahren fit genug sei, sich in einer fremden Schimpansengruppe einzugliedern. Aus eigener Erfahrung im Magdeburger Zoo weiß er, wie schwierig eine solche Eingliederung sein kann. „Das kann blutig – und im schlimmsten Fall tödlich enden“, sagt er. Auch Dörnath bestätigt: „Robby hat nie die Körpersprache seiner Artgenossen gelernt.“ Die Wildtierärztin möchte sich nicht ausmalen, was die anderen Affen mit ihm dort tun würden.

Bei „Peta“ arbeiten keine Affenexperten, deshalb könne die Organisation die Situation von Robby schlecht einschätzen, so Dörnath.

Peter Höffken ist „Fachreferent für Tiere in der Unterhaltungsbranche“ bei „Peta“. Auf Anfrage der Volksstimme bestätigte er gestern: „Wir haben zwar einige Biologen und Zoologen im Team, aber keinen ausgewiesenen Menschenaffen-Experten.“ „Peta“ berufe sich stattdessen auf die Einschätzung der niederländischen Auffangstation „AAP“ in die Robby dürfte – so Peta, müsste – so Köhler.

Er würde in der Auffangstation nicht einfach mit anderen Tieren „zusammengesteckt“, sondern über einen längeren Zeitraum hinweg behutsam auf ein erstes Zusammentreffen vorbereitet, so Höffken. Dörnath habe sich darüber informiert, wie ein solche Vorbereitung wirklich aussehen würde. „Robby würde monatelang isoliert werden und wahrscheinlich an Herzschmerz sterben – wenn er überhaupt den Transport dorthin überleben würde“, sagt sie und fügt hinzu: „Man darf nicht vergessen, dass er mit 45 Jahren ein uralter Affe ist und die Gefahr läuft, einen Herzinfarkt zu bekommen.“

Von „Peta“ lasse Klaus Köhler sich nicht unter Druck setzen, sondern kämpfe weiter. Köhler ist nach dem Gerichtsentscheid in Berufung gegangen und wartet jetzt darauf, dass sein Widerspruch gegen das Urteil zugelassen wird. Um sein Familienmitglied nicht zu verlieren, würde er bis zum Obersten Gerichtshof nach Karlsruhe gehen, sagt er.

Warum tut Klaus Köhler all dies für ein Tier, das noch nicht einmal mehr regelmäßig auftritt? Weil es für ihn nicht wirklich ein Tier ist. Klaus Köhler sagt: „Robby ist mein siebtes Kind.“

Der Circus Belly ist in der Welsleber Straße in Schönebeck am Freitag und Samstag ab 19 Uhr und am Sonntag ab 11 Uhr zu sehen.