Nach einem Brand stand die Schaltanlagenbau GbR in Neundorf vor dem Nichts, inzwischen geht es wieder aufwärts. Von Falk Rockmann Abgebrannt: Wenn nicht mal ein Bleistift bleibt
Der 3. Februar 2012 war der schwärzeste Tag in der fast 20-jährigen Firmengeschichte der Schaltanlagenbau GbR in Neundorf. Nicht mal den berühmten Bleistift hatten die Flammen übrig gelassen. Umso mehr weiß die Geschäftsleitung die großen und kleinen materiellen und finanziellen Zuwendungen und vor allem den Zusammenhalt der Belegschaft in der schweren Zeit zu schätzen.
Neundorf/Güsten l "Deine Firma brennt!" Nein, es war kein böser Traum, aus dem er mit diesem Telefon-Anruf am frühen Morgen aus dem Schlaf gerissen wurde. Es war bittere Realität. Ein einziges Trümmerfeld hatten die Flammen übrig gelassen von der Produktionshalle am Rande von Neundorf. Schaden: eine Million Euro. Wie die Kripo ermittelte, war es Brandstiftung. Die Täter, die das Feuer gelegt hatten, um Einbruchsspuren zu verwischen, wurden geschnappt, müssen sich noch vor dem Gericht verantworten.
"Wir hatten nicht mal mehr den berühmten Bleistift", blickt Ralf Otto, einer der beiden Geschäftsführer auf eine Zeit zurück, die er am liebsten vergessen möchte. Doch der Geschäftsleitung liege sehr daran, heute nach fast einem Jahr all denjenigen zu danken, die halfen, die schwierigsten Zeiten, die das ursprünglich vor fast 20 Jahren in Förderstedt gegründete Unternehmen durchmachte, zu überstehen.
"Der Zusammenhalt war ganz stark, keiner hat aufgegeben."
"Noch am selben Tag stand plötzlich eine Dame vor uns mit einem Päckchen Kaffee in der Hand", weiß Ralf Otto noch genau, wie sehr man in so einer Situation selbst kleinste Dinge schätzt, wenn man vor dem Nichts steht. Draußen herrschten im vergangenen Winter 20 Grad Minus, als Feuerwehr und Polizei im Einsatz waren.
Erwähnt werden muss noch, dass zurzeit des Brandes Menschen in benachbarten Wohnungen schliefen. Die Leitung der Meldeanlage war gekappt ...
Während der Wert der Diebesbeute etwa 50 Euro betrug, hatte der Betrieb alles verloren, musste jeder Einzelne der damals zwölfköpfigen Belegschaft um seine Existenz bangen.
"Der Zusammenhalt war ganz stark, keiner hat aufgegeben", erinnert sich Ralf Otto, "sonst wäre das auch nichts geworden mit dem Wiederaufbau." Und den wollten alle mit ganzer Kraft schaffen. "Wir hatten uns das Ziel gesetzt, innerhalb von vier Wochen wieder die ersten Schaltschränke zu bauen. Wir wollten auch keinen Kunden verlieren", erklärt Otto. Die ersten Tage und Wochen waren die schwierigsten. Die schon fertigen, aber mit abgebrannten Aufträge, die kurz vor der Auslieferung standen, waren mit verbrannt, mussten schnellstens ersetzt werden.
Glücklicherweise spielten Versicherung und Bank mit. Doch es vergingen auch einige Wochen, was normal ist, bis Geld floss.
"Wir haben keine Kunden verloren, mussten niemanden entlassen."
"Unser erstes kleines Glück hielten wir wieder in den Händen, als uns kurzfristig Lagerräume bereit gestellt werden konnten." Ralf Otto zieht den Hut vor allen, die bei Minus 15 Grad Celsius an der Werkbank standen, sich durch drei verschiedene Werkstätten kämpften, um das richtige Material zusammen zu suchen.
Seine Leute wussten, dass es auch um ihre Zukunft ging. "Wir waren heilfroh, dass wir unseren Job behalten konnten", so Marco Bohne (31), Familienvater. Und auch sein Kollege Martin Lehmann ist dankbar, dass sich alles zum Guten gewendet hat. "In meinem Alter wäre es schwierig geworden, einen neuen Job zu finden", ist sich der 52-Jährige bewusst.
Dankbar ist Otto nicht zuletzt Freunden und Geschäftspartnern, die in der Not mit ersten Werkzeugen halfen. "Wie groß war die Freude da selbst über einen Akkuschrauber. Von heute auf morgen erhielten wir von einem Kunden aus Tangermünde Maschinen." Es half alles. Die ersten Kunden konnten wieder mit Schaltschränken, übrigens bis zu 4000 Ampere, beliefert werden. Nach acht Wochen hatten die Anlagenbauer ihre Produktion von vor der Katastrophe wieder erreicht.
Dennoch wurde schnell klar, dass die provisorischen Werkstätten nichts auf Dauer waren, um hohe Qualitätsansprüche bei Produktion und Prüfung erfüllen zu können.
Nun half wiederum ein Innungskollege mit seiner Firma, nachdem man festgestellt hatte, am gleichen Standort keine neue Produktionshalle wiedererrichten zu können. Ein ausgebauter Rinderstall in einem Güstener Gewerbegebiet wurde zum neuen Domizil der Schaltanlagenbauer, wo nun seit September produziert wird.
"Wir haben keine Kunden verloren, mussten keinen Mitarbeiter entlassen", blickt Ralf Otto auf ein nervenaufreibendes Jahr zurück, das man trotz schweren Schicksalsschlages mit einer "schwarzen Null" abschließen konnte.
"Zu Jahresbeginn konnten wir sogar zwei neue Mitarbeiter einstellen und einem jungen Leiharbeiter eine Chance geben. Wir suchen zum neuen Lehrjahr auch einen Auszubildenden", blickt der Geschäftsführer optimistisch in die Zukunft.