Flüchtlinge Auf der Suche nach Wohnraum für Geflüchtete im Salzlandkreis
Der Salzlandkreis sucht nach Wohnraum für Geflüchtete, die in den nächsten Wochen und Monaten vermehrt zugewiesen werden könnten. Das stellt Vermieter vor Herausforderungen.

Staßfurt/Schönebeck - Im Salzlandkreis wird in den nächsten Wochen und Monaten eine neue Flüchtlingswelle erwartet. Landrat Markus Bauer (SPD) erklärte kürzlich, dass die zur Verfügung stehenden Kapazitäten in den drei großen Gemeinschaftsunterkünften in Schönebeck, Bernburg und Aschersleben weitestgehend ausgeschöpft seien. Es müssten weitere Möglichkeiten geschaffen werden, um die Menschen angemessen unterzubringen. Der Salzlandkreis hatte dazu aufgerufen, freien Wohnraum zu melden.
Wie Frank Nahrstedt, Leiter Stabsstelle Presse und Präsentation bei der Stadt Schönebeck, mitteilt, seien seitens des Ministeriums für Inneres und Sport Sachsen-Anhalt die Mindestvorgaben für die Unterbringung von Flüchtlingen in Gemeinschaftsunterkünften außer Kraft gesetzt, so dass vorübergehend eine höhere Belegung möglich ist. „Diese Möglichkeit betrifft in Schönebeck (Elbe) die Unterkunft am Burgwall, die in Trägerschaft des Salzlandkreises ist“, so Nahrstedt. So kann eben die Unterkunft am Burgwall in Schönebeck von derzeit 180 Personen auf bis zu 280 Personen erweitert werden, weil die Begrenzung, dass jedem Flüchtling sechs Quadratmeter Wohnfläche zustehen, aufgehoben wurde. Grenzen nach oben gibt es trotzdem wegen sanitärer Anlagen oder dem Brandschutz.
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In Staßfurt gibt es derzeit keine Gemeinschaftsunterkunft. Generell werde sich aber darum bemüht, auch in der Bodestadt eine größere Sammelunterkunft herzurichten. „Alle Immobilien, die wir bisher in Betracht gezogen haben, weisen einen erheblichen Sanierungsbedarf auf“, teilt Julia Föckler aus dem Büro des Bürgermeisters mit. „Aus finanziellen Gründen und in Anbetracht der Zeit, die für eine Sanierung aufgebracht werden muss, kommen diese Varianten nicht in Frage. Allerdings suchen wir noch nach geeigneten Immobilien.“
Mehr Flüchtlinge in Schönebeck möglich
Weiter heißt es aus Staßfurt: „Der Salzlandkreis hat uns schriftlich gebeten, mögliche Gebäude zu benennen. Aus den oben genannten Gründen mussten wir derzeit abschlägig antworten. Wir haben den Mitarbeitern des Salzlandkreises jedoch die Kontaktdaten eines privaten Vermieters weitergegeben, der gegebenenfalls. Wohnraum zur Verfügung stellen kann. Zudem steht unsere Wohnungs- und Baugesellschaft mbH im Austausch mit dem Landkreis.“
Dabei muss laut Föckler dringend geklärt werden, wer die Kosten für notwendige Sanierungsarbeiten in möglichen Gebäuden übernimmt. „Die Kommunen dürfen damit nicht allein gelassen werden“, so Föckler. Welche Gebäude genau als Sammelunterkunft in Frage kommen könnten, kann die Stadt Staßfurt auf Volksstimme-Nachfrage nicht beantworten.
Die Stadt Schönebeck teilt mit, dass sie die Anfrage des Salzlandkreises zu weiteren möglichen Wohnungen für Flüchtlinge an die großen Wohnungsunternehmen weitergegeben habe. „Diese setzen sich mit dem Salzlandkreis direkt in Verbindung. Sofern die Stadt Schönebeck weitere Angebote bezüglich Wohnungsangeboten erhält, werden diese an den Salzlandkreis weitergegeben“, so Frank Nahrstedt.
Die Wohnungsbaugenossenschaft (WBG) Schönebeck bestätigt, dass sie im Rahmen der Wohnungssuche für Flüchtlinge angefragt wurde. „Grundsätzlich gibt es freien Wohnraum, den wir für Flüchtlinge mit Aufenthaltsrecht zur Verfügung stellen können. Von diesen Wohnungen sind aber nur wenige sofort verfügbar, weshalb wir bereits begonnen haben, zielgerichtet weitere 20 Wohnungen kurzfristig herzurichten“, teilt WBG-Vorstandsmitglied Matthias Goldschmidt mit.
Die WBG versorge seit der Flüchtlingskrise 2015/2016 verstärkt Flüchtlinge mit Wohnraum. Laut Goldschmidt werden derzeit 150 Wohnungen von Personen anderer Nationen bewohnt. „Den größten Anteil daran haben syrische Staatsbürger mit rund 36 Prozent, Ukrainer mit rund 27 Prozent und Afghanen mit mehr als 9 Prozent“, heißt es. Schätzungsweise 400 Flüchtlinge leben in Wohnungen der WBG, Insgesamt verfügt das Unternehmen über 3050 Wohnungen in der Stadt.
Auch die Städtische Wohnungsbau GmbH (SWB) in Schönebeck steht als Vermieter im Kontakt mit dem Kreis. „Es steht Wohnraum im begrenzten Maße zur Verfügung“, teilt Marco Lindner, kaufmännischer Prokurist bei der SWB, mit. „Als Unternehmen werden wir den zu erwartenden vermehrten Zuzug von Flüchtlingen im Rahmen unserer Möglichkeiten unterstützen.“ Aktuell seien bei der SWB zirka 250 Wohnungen an Migranten vermietet. Die SWB besitzt insgesamt etwa 3600 Mietwohnungen.
Keine zentrale Lösung in Staßfurt in Aussicht
Bei der Wohnungs- und Baugesellschaft mbH (Wobau) Staßfurt teilt Geschäftsführer Daniel Bierbach mit: „Man muss bedenken, dass wir sofort vermietbaren Wohnraum für Mietinteressenten aus oder um Staßfurt bereitstellen müssen und diesen auch für Umzügler von Modernisierungsvorhaben vorhalten. Sonstige leerstehende Wohnungen sind in einem nicht vermietbaren Zustand und müssten saniert werden, dieser Aufwand ist dem Salzlandkreis bewusst.“
Es gebe eine kleine Zahl von Wohnungen bei der Wobau, die für Flüchtlinge zur Verfügung gestellt werden könnten. Diese würden auf Zustimmung beziehungsweise Belegung warten. „Es sollte dann aber eine Betreuung vor Ort geben, das ist wichtig, um Probleme wie Einhaltung der Hausordnung schnell lösen zu können. Eine zentrale Lösung zur Unterbringung von Flüchtlingen in einem kompletten Wohnblock, sehen wir nicht als Lösung, weil dies die Integration der Flüchtlinge erschwert“, meint Bierbach. Wie viele Flüchtlinge derzeit in Wohnungen der Wobau leben, kann der Geschäftsführer nicht sagen. Die Wobau verfügt über insgesamt 1800 Wohnungen.
Die Wohnungsbaugenossenschaft (WBG) zu Staßfurt eG ist ebenso in Gespräche eingebunden und stellt Wohnungen für Flüchtlinge zur Verfügung. „Flüchtlinge können sich bei uns ganz normal für eine Wohnung bewerben“, teilt der Vorstandsvorsitzende Hagen Ringström mit. „Wenn die Voraussetzungen stimmen und eine passende Wohnung frei ist, kann der Mietvertrag geschlossen werden. Wohnungen werden danach zur Vermietung individuell hergerichtet, eine Sanierung auf ‚Vorrat‘ kann es für Wohnungswechsel nicht geben.“
Dafür seien die Baukosten viel zu hoch, es gebe Materialengpässe und knappe Handwerkerkapazitäten sowie nichtkalkulierbare Kosten aus der Klimagesetzgebung. „Unser Leerstand ist in der Region unterdurchschnittlich und hat jedoch einen hohen Reparaturbedarf, was natürlich für die erforderliche Versorgungssituation von Wohnungsbewerbern problematisch ist“, so Ringström.