Dr. Pech ruft Bürger auf, Politikern ihren Unmut über Änderung des Wassergesetzes mitzuteilen Bürgerinitiative wehrt sich gegen Anschlusszwang an den Regenwasserkanal
Der Vorsitzende der Bürgerinitiative "Bezahlbares Abwasser", Dr. Bernhard Pech, sieht neues Ungemach auf die Bürger zukommen. Damit spielte er auf die mit der geplanten Änderung des Wassergesetzes mögliche Einführung eines Anschluss- und Benutzungszwangs an die Regenwasserkanalisation an.
Staßfurt/Hecklingen l "Im Zuge einer Überarbeitung des Wassergesetzes von Sachsen-Anhalt soll mit einer kleinen Umformulierung im Paragraphen 78 defacto Kommunen und Abwasserverbänden per Beschluss ein Niederschlagswasseranschlusszwang ermöglicht werden", informierte Dr. Pech. Nach einer ersten Lesung im Landtag am 29. September sei der Gesetzesentwurf zur weiteren Behandlung in die Ausschüsse verwiesen worden.
Den vom Umweltministerium vorgebrachten Grund, man müsse der allgemeinen Vernässung in Sachsen-Anhalt vorbeugen, bezeichnete Dr. Pech als vorgeschoben.
Denn es sei auch mit der bestehenden Gesetzesformulierung möglich, für bestimmte Gebiete einen Niederschlagswasseranschlusszwang zum Wohle der Allgemeinheit herbeizuführen.
Die Ursache für die Vernässung dürfte sicherlich auch in der mangelnden Wartung und Pflege der Grabensysteme zu suchen sein. Zahlreiche Gräben seien sogar verschwunden. "Unsere Altvorderen haben ein ausgeklügeltes System zur Wasserregulierung geschaffen, welches wir in den letzten Jahrzehnten völlig vernachlässigt haben. Hier ist über Jahre hinweg im wahrsten Sinne des Wortes am falschen Ende gespart worden", so Dr. Pech.
Aber nur mit entsprechenden Nachweisen, wie zum Beispiel der Unteren Wasserbehörde, gebe es derzeit die Möglichkeit, einen Anschlusszwang an die Regenwasserkanalisation durchzusetzen. Das heißt ein "einfacher Beschluss der Kommunen beziehungsweise Abwasserzweckverbände" sei dazu nicht geeignet.
Dr. Pech fragt sich, warum das Gesetz in diesem Punkt überhaupt geändert werden soll, wenn es in einer Stellungnahme des Gesetzgebers zu einem Einwand der Industrie- und Handelskammer Dessau zum Gesetzentwurf, dass rein fiskalische Gründe herangezogen werden könnten, heiße: "D.h. rein fiskalische Interessen, ... reichen keinesfalls aus, den Anschluss- und Benutzungszwang anzuordnen."
Auch in der Urteilsbegründung der Musterklage der Bürgerinitiative "Bezahlbares Abwasser" zu den Niederschlagswassergebühren des Abwasserzweckverbandes "Bodeniederung" im vergangenen Jahr, habe sich der Vorsitzende Richter Uwe Haack sehr intensiv mit dieser Gesetzespassage auseinander gesetzt. Er habe aufgezeigt, welche Konsequenzen dies bei der Gebührenerhebung für Niederschlagswasser haben könnte. Danach dürfen die Investitionskosten für den Teil der Niederschlagswasserentsorgung nicht auf die wenigen verbleibenden Niederschlagswassereinleiter umgelegt werden.
"Es geht ganz einfach darum, die größtenteils nach der Wende viel zu groß gebauten Abwasseranlagen beziehungsweise die falsche Systemwahl über die Bürger refinanzieren zu können."
Dr. Pech: "Das bedeutet letztlich, dass die Kommunen diese Kosten zu tragen hätten. Da die meisten Kommunen aber ohnehin schon am Finanztropf des Landes hängen, müsste das Land die Kosten übernehmen. Hier ist der eigentliche Grund der Gesetzesänderung zu suchen! Es geht ganz einfach darum, die größtenteils nach der Wende viel zu groß gebauten Abwasseranlagen beziehungsweise falsche Systemwahl (Mischsystem in einem ländlichen Gebiet) über die Bürger refinanzieren zu können."
Für die Bürger würde ein solcher Niederschlagswasser-Anschlusszwang bedeuten, dass jeder Grundstückseigentümer, der versiegelte Flächen auf seinem Grundstück hat, mit Gebühren belastet werden könne, auch wenn sein Regenwasser auf seinem Grundstück versickert beziehungsweise versickern könnte.
Bürger, die zur Miete wohnen, werden diese gestiegenen Kosten per Betriebskostenabrechnung natürlich auch anteilmäßig zu tragen haben.
Solche Investitionen der Hauseigentümer zum Versickern des Regenwassers auf dem eigenen Grundstück und zum Abkoppeln vom Kanalnetz, wie zum Beispiel der Einbau von Regenwasserzisternen, entsprechender Rohrleitungen und anderes seien im Falle eines Anschlusszwanges dann umsonst gewesen.
"Es kann darüber hinaus auch sein, dass man gezwungen wird, sogar das Niederschlagswasser von seinen versiegelten Flächen dem Kanalnetz zuzuführen", sagte der Chef der Bürgerinitiative. Dann müsste der betreffende Bürger wieder Geld in die Hand nehmen, um die technischen Voraussetzungen dafür schaffen zu können.
"Deshalb fordert unsere Bürgerinitiative: Hände weg vom alten Paragrafen 78 des Wassergesetzes. Es darf kein Anschlusszwang per Beschluss geben", so Dr. Pech. Er appellierte an die Mitglieder und alle Bürger, sich gegen die geplante Korrektur des Wassergesetzes zur Wehr zu setzen!
"Jeder Bürger kann seine Willensbekundung zu diesem Thema den Landtagsabgeordneten, den Parteien sowie sämtlichen Kommunalpolitikern mitteilen. Nutzen Sie diese Möglichkeit! So lange das Gesetz noch nicht beschlossen ist, kann eine weitere große finanzielle Belastung der Bürger abgewendet werden", ist sich Dr. Pech sicher.
Dr. Joachim Rosenthal, der Geschäftsführer des Wasser- und Abwasserzweckverbandes "Bode-Wipper" in Staßfurt, der am 1. Januar 2011 die Aufgaben des Abwasserzweckverbandes "Bodeniederung" in Abwicklung übernommen hatte, bezeichnete das Agieren der Bürgerinitiativen als "keinen guten Stil".
"Lassen wir das Gesetz doch erst einmal kommen. Es soll am 20. beziehungsweise 21. Februar 2013 vom Landtag beschlossen werden. Bis dahin können immer noch Änderungen vorgenommen werden", so Dr. Rosenthal, der die ganze Aufregung für überzogen hält.