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Umweltpolitiker Michael Müller zu Besuch im Staßfurter Sodawerk : "Ich habe den Eindruck, dass man hier wieder Mut fasst"

Von René Kiel 06.08.2009, 07:02

Über die Entwicklung des Staßfurter Sodawerkes nach der Wende und über die Probleme des traditionsreichen Chemiestandortes informierte sich der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Michael Müller, gemeinsam mit dem Landtagsabgeordneten Manfred Püchel ( beide SPD ).

Staßfurt. Geschäftsführer Ulrich Eichhorn berichtete seinen Gästen, dass das Unternehmen am Ende der DDR vor dem Aus gestanden habe. Emissäre des belgischen Solvay-Konzerns, zu dem das Staßfurter Sodawerk bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges gemeinsam mit dem größeren Standort in Bernburg gehört hatte, hätten sich den Staßfurter Betrieb angesehen und dann angesichts der aus den Jahren 1883 beziehungsweise 1952 stammenden Anlagen ihr vernichtendes Urteil gefällt : " Ein einziger Schrotthaufen. "

Nur der Beharrlichkeit und dem Engagement von Ulrich Eichhorn und des ehemaligen Co-Geschäftsführers Jochen Ohm sei es zu verdanken, dass das Unternehmen nicht abgewickelt wurde, sagte Püchel, der sich diesem Betrieb seit Jahren sehr verbunden fühlt.

Seit 1993, so Eichhorn, seien einschließlich der Müllverbrennungsanlage von Remondis insgesamt 650 Millionen in diesem Standort investiert worden. Für weitere 300 Millionen Euro wolle der Energie-Konzern RWE in den nächsten Jahren seinen Erdgasuntergrundspeicher stark ausbauen, kündigte der Geschäftsführer an.

Auf die Beschäftigtenzahl angesprochen, sagte Eichhorn, dass derzeit im Sodawerk sowie bei den Dienstleistern, wie zum Beispiel dem Kraftwerk und dem Kalksteintagebau, rund 500 Menschen Arbeit haben. Zu DDR-Zeiten seien es rund 1500 Mitarbeiter gewesen. Habe man damals 350 000 Tonnen Soda pro Jahr produziert, sei man jetzt nach dem Abschluss weiterer Investitionen in der Lage, 600 000 Tonnen herzustellen, sagte Eichhorn. Allerdings werde man dieses Ziel in diesem Jahr durch die Weltwirtschaftskrise nicht erreichen können und sich stattdessen mit rund 500 000 Tonnen zufrieden geben müssen.

Als vorteilhaft für die Entwicklung des Sodawerkes erweise es sich, dass man die Rohstoffe, die für die Produktion des weißen Goldes benötigt werden und die Flächen für die Rückstandshalden, langfristig gesichert habe, betonte Eichhorn.

Dazu trage aber auch die Zugehörigkeit des Werkes zum polnischen Ciech-Konzern bei. Durch den Verbund von vier Sodawerken, darunter zwei in Polen und eins in Rumänien, sei man heute nach Solvay der zweitgrößte Sodaproduzent in Europa. Staßfurt ist im Konzern der Vorzeigestandort, sagte Eichhorn. Nichtsdestotrotz seien weitere Aufwendungen notwendig, um die Effzienz, den Ausbeutungsgrad der Rohstoffe und der Technik sowie den Umweltschutz weiter zu verbessern. Im Vergleich zu DDR-Zeiten habe man den Ammoniak-Ausstoß bereits auf einen Prozent senken können, lobte Püchel. Bei jeder Investition würden rund zehn Prozent für Umweltschutzmaßnahmen aufgewandt, sagte Eichhorn.

Seine Eindrücke vom Salzlandkreis fasste Michael Müller, der 1948 in Bernburg geboren wurde und die Stadt vor und nach der Wende besucht hatte, am Ende so zusammen : " Ich fand es 1992 / 1993 ziemlich traurig hier. In der Zwischenzeit hat man den Eindruck, dass man wieder Mut fasst. Der Westen muss hier weiter helfen. Dazu haben wir eine Verpf ichtung, denn das war mal ein Teil des industriellen Herzens Deutschlands. " Danach fuhr Müller mit Püchel und Landrat Ulrich Gerstner ins Katastrophengebiet nach Nachterstedt weiter.