Dürre Immer weniger Grundwasser
Die Grundwasserstände in den Altkreisen Schönebeck und Aschersleben-Staßfurt haben seit einigen Jahren fallende Werte.
Staßfurt/Schönebeck l Wer sich an die Sommer 2018 und 2019 erinnert, denkt an langanhaltende Hitzeperioden. Die Bauern klagten nach wochenlang ausbleibenden Regen über vertrocknete Ernten. Und das Gefühl für 2020 ist ähnlich. Nachdem es im März und im April kaum geregnet hat und auch der Mai bisher fast trocken blieb, könnte ein drittes heißes Jahr folgen.
Was macht das mit dem Boden? Wie sehen die Grundwasserstände im Salzlandkreis aus? Mathias Weiland, Geschäftsbereichsleiter Gewässerkundlicher Landesdienst beim Landesbetrieb für Hochwasserschutz Sachsen-Anhalt (LHW), hat für die Volksstimme in den Altkreisen Schönebeck und Aschersleben-Staßfurt 33 Messstellen ausgewertet. Davon liegen 19 im Altkreis Schönebeck und 14 im Altkreis Aschersleben-Staßfurt.
„Die Grundwasserstände im Bereich des Altkreises Schönebeck weisen im Mittel über den gesamten Beobachtungszeitraum eine sinkende Tendenz auf, welche seit 2013 deutlich fallend im Vergleich zur langjährigen Reihe beobachtet wird. Für die Jahre 2018 und 2019 wurden bei der Hälfte der Messstellen neue niedrigste Grundwasserstände (NGW) erfasst“, teilt Weiland mit. „Für die Monate März/April 2020 liegen die Grundwasserstände im Mittel etwa 85 Zentimeter unter dem langjährigen Monatsmittel und etwa 60 Zentimeter unter dem langjährigen mittleren Grundwasserstand der gesamten Beobachtungsreihe (MGW).“ Dabei wurden Messreihen von bis zu 62 Jahren herangezogen. Aber auch zehnjährige Beobachtungsreihen sind darunter.
Ähnlich sind die Beobachtungen für den Altkreis Aschersleben-Staßfurt. Auch hier sind seit 2013 im Vergleich zur langjährigen Reihe deutlich sinkende Grundwasserstände zu beobachten. „Für die Jahre 2018 und 2019 wurden an vier Grundwassermessstellen neue NGW erfasst. Für die Monate März/April 2020 liegen die Grundwasserstände im Mittel etwa 35 Zentimeter unter dem langjährigen Monatsmittel und, betrachtet über die gesamte Beobachtungsreihe, etwa 15 Zentimeter unter dem MGW“, so Weiland.
Wie fällt die Prognose für 2020 aus? Ist in diesem Jahr erneut mit sehr niedrigen Grundwasserständen im Sommer zu rechnen? „Da nicht vorhersehbar ist, wieviel Niederschläge in den kommenden Wochen und Monaten fallen werden, ist eine sichere Prognose zur Entwicklung der Grundwasserstände nicht möglich“, meint Weiland. „Im Gegensatz zu den Fließgewässern reagieren die Grundwasserstände deutlich langsamer auf ausbleibende Niederschläge, sodass die Situation zeitlich verzögert auftritt. Allerdings konnte das Grundwasserdefizit aus den Trockenjahren 2018 und 2019 bisher noch nicht ausgeglichen werden, sodass in Verbindung mit den schneearmen Wintern das Ausgangsniveau immer weiter nach unten geht.“
Der Salzlandkreis fällt im Vergleich mit anderen Landkreisen dabei nicht aus dem Raster. Fallende Grundwasserstände beobachtet das LHW in ganz Sachsen-Anhalt. Und überall sinken sie seit 2013 besonders stark und auffällig. „Das hat natürlich Auswirkungen auf die Böden und die Pflanzen. Das ist ein großes Problem für die Landwirtschaft“, sagt Weiland. Besonders im Sommer speisen sich oberirdische Gewässer aus dem Grundwasser. Wenn das Grundwasser zurück geht, fehlt auch bei den oberirdischen Gewässern der Pegel.
Eine generelle Tendenz zu langanhaltenden und nicht mehr steigendem Grundwasser will der LHW aber nicht aus den Beobachtungen der vergangenen Jahre erkennen. „Es gibt immer zyklische Schwankungen“, erklärt Weiland. So habe es beispielsweise auch in den 1970er und 1980er Jahren landauf und landab niedrige Grundwasserstände gegeben. „Meist folgen die Zyklen einem Sieben- oder Zwölfjahresrhythmus“, so Weiland. „Grundwasser ist ein überjährlicher Speicher. Trockene Jahre tragen aber schon dazu bei, dass es zu besonderen hydrologischen Ereignissen kommt“, wie er das nennt. Ein neuer niedrigster Stand wäre ein solches besonderes Ereignis.
So wurde an der Messstelle in Schwarz bei Calbe erst im vergangenen Jahr ein neuer Tiefstwert seit 1964 gemessen. Am 22. August wurde dort ein Grundwasserstand von 419 Zentimetern unter dem Messpunkt festgestellt. Der Mittelwert liegt bei 332 Zentimetern.
Ähnliches wurde in Groß Schierstedt zwischen Aschersleben und Giersleben beobachtet. Auch an der dortigen Messstelle wurde ein neuer Niedrigwert gemessen. Hier werden seit 1967 die Daten ausgewertet. Am 1. September 2019 wurden an der Messstelle 622 Zentimeter unter dem Messpunkt festgestellt. Der Mittelwert liegt bei 543 Zentimetern. Seit 2015 liegt dabei der Grundwasserpegel permanent unter dem Mittelwert. Auch in Schwarz liegt der Wert seit 2014 beinahe ständig unter dem über Jahrzehnte ermittelten Mittelwert.
Wie sich ein potentiell trockener Sommer 2020 auf die Messstellen in Schwarz und Groß Schierstedt sowie auf alle anderen in Sachsen-Anhalt auswirkt, wird sich Ende des Jahres zeigen. „Erst zwischen Oktober und Dezember wissen wir, wie sich der Sommer ausgewirkt hat“, sagt Weiland.
Dass die globale Erwärmung aber unmittelbaren Einfluss auf die Grundwasserstände hat, sei zwar untersucht, aber vor einiger Zeit nicht bewiesen worden, wie Mathias Weiland sagt.