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  7. Jedes Feuerwehr-Mitglied opfert einen Monat seiner Zeit für den Brandschutz

Ortswehrleiter Aermes zieht auf Jahreshauptversammlung Bilanz und spart nicht mit Kritik Jedes Feuerwehr-Mitglied opfert einen Monat seiner Zeit für den Brandschutz

Von René Kiel 24.01.2012, 05:27

Trotz einiger Erfolge hat die Staßfurter Ortswehr auch mit Problemen zu kämpfen. Das wurde bei der Jahreshauptversammlung am Sonnabendabend im Depot in der Atzendorfer Straße einmal mehr deutlich.

Staßfurt l Die im vergangenen Jahr von externen Gutachtern erarbeitete und vom Stadtrat beschlossene Risikoanalyse sowie der Brandschutzbedarfsplan sind aus Sicht des Ortswehrleiters Steffen Aermes Fluch und Segen zugleich. "Große und neue Erkenntnisse gab es, was die beiden Dokumente betrifft, nicht. Es ist schön zu wissen, dass wir das Schutzziel schon in der Vergangenheit erfüllt haben. Da hat sich nichts geändert", fügte er hinzu. Im Gegensatz zur Einschätzung der Gutachter sei der Ausbildungsstand der Wehr nicht schlecht, sondern gut.

Nicht neu sei auch, dass der Wehr acht Kameraden mit den entsprechenden Führerscheinen und sechs Führungskräfte fehlen. Letzteres führte der Wehrleiter auf fehlende Lehrgangsangebote des Landes an der Brand- und Katastrophenschutzschule Heyrothsberge (Jerichower Land) zurück. Deshalb müsse man Druck auf das Land machen.

"Heute kommen wir uns vor wie eine eierlegende Wollmilchsau. Wir können uns zwar allseitig bilden, aber nur eine Aufgabe ausführen", warnte Aermes davor, die ehrenamtlich tätigen Kameraden zu überfordern.

Ein gutes Stück vorangekommen sei man bei dem Ziel, eine gemeinsame Kleiderkammer einzurichten und eine einheitliche Bekleidung zu schaffen. "Auch die Ausrüstung mit Funktechnik kann als bedarfsgerecht eingeschätzt werden", sagte der Wehrleiter, der sich erfreut über die Bereitstellung eines neuen Einsatzleitwagens durch die Stadt äußerte.

Dieses hochmoderne Fahrzeug wurde an diesem Abend in feierlicher Form im Schein der Fackeln vom Oberbürgermeister offiziell an den Wehrleiter übergeben. Dabei versicherte Aermes dem Stadtchef, dass die Kameraden die rund 140 000 Euro teure Technik in Ehren halten werden.

Eigentlich sollte das Auto schon viel früher beschafft werden. "Durch die Verzögerungstaktik des städtischen Rechnungsprüfungsamtes ist es am Ende aber noch schöner, noch funktioneller, aber auch teurer geworden", sagte der Wehrleiter und bat Zok darum, diese Praxis nicht zur Gewohnheit werden zu lassen. Wie Aermes weiter berichtete, war es durch die finanzielle Unterstützung der Energie- und Verwertungszentrale Anhalt (EVZA) möglich gewesen, auch noch eine dringend benötigte Wärmebildkamera zu beschaffen.

Auf den Personalbestand eingehend, sagte der Feuerwehrchef, dass die Wehr derzeit über 96 Kameraden, davon 45 Einsatzkräfte, 18 Jugendliche, 15 Kinder und 14 Alterskameraden verfügt. Laut Risikoanalyse müssten es statt 48 aktive Kameraden 54 sein.

2011 hatten acht Frauen und Männer der Wehr den Rücken gekehrt, weil sie keine Zeit mehr für das Ehrenamt fanden und wegen des geänderten Wehrpflichtgesetzes. Dafür konnten zwei neue Kameraden aus der Jugendwehr für den aktiven Dienst gewonnen werden. "Wenn sich nicht bald etwas ändert, hat das Ehrenamt in Staßfurt keine Zukunft", so Aermes.

Die Zahl der im vergangenen Jahr absolvierten Einsätze gab er mit 143 an, davon waren 59 Brände und 42 Hilfeleistungen, und die von den Kameraden geleisteten Stunden mit 7642. "Damit haben unsere Kameraden einen ganzen Monat Vollzeit für die Stadt und ihre Menschen gearbeitet", fasste der Wehrleiter zusammen. "Diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Wir leisten damit einen wesentlichen Beitrag zum Schutz der Bevölkerung", fügte er hinzu.

"In diesem Jahr", so blickte Aermes voraus, "werden wir kleine Brötchen backen, denn große Neuanschaffungen stehen nicht an." Zuletzt wünschte sich der Wehrleiter, die Partnerschaft mit der Wehr in Lehrte am Leben zu erhalten, neue Kameraden, die vom Virus Feuerwehr befallen sind und dass alle Menschen die Arbeit der Feuerwehrleute respektieren und diese nicht wie vor kurzem geschehen, angreifen.

Oberbürgermeister René Zok sagte, ihn stimme die hohe Einsatzzahl bedenklich. Da er seit geraumer Zeit über einen Pieper der Wehr verfüge, falle er jedesmal aus dem Bett, wenn die Kameraden ausrücken. Ihm und dem Rat seien die Mitgliederprobleme bewusst. Man habe aber keine Patentlösung. In diesem Zusammenhang verwies er auf den günstigen Stromtarif der Stadtwerke nur für Feuerwehrleute. Dafür hätten sich bislang aber nur 14 Kameraden der Ortswehr entschieden. Derzeit sei man auch mit der Geschäftsführung des Salzlandcenters dabei, über kostengünstige Nutzungszeiten für das Erlebnisbad zu verhandeln.

Abschnittsleiter Jürgen Gehrke regte an, über die Zahlung einer Aufwandsentschädigung zur Begleichung der Auslagen der Kameraden, wie zum Beispiel Fahrtkosten, nachzudenken. Zok sagte ihm eine Prüfung zu.

Grüße aus der Partnerstadt überbrachte der dortige Wehrleiter Karl-Heinz Schlehuber. Er stellte fest, dass es in Ost und West die gleichen Probleme gibt und versicherte: "Wir arbeiten seit 20 Jahren zusammen. Das wird auch in Zukunft so bleiben!"