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Verein Kleingärtner wollen mehr Mitsprache

Die Kleingartenvereine rund um Staßfurt wollen mehr Mitsprache und einen kleineren Vorstand des Regionalverbands.

21.06.2020, 23:01

Staßfurt l Ingo Knabe hat noch immer am Image des alten Vorstands zu knabbern. „Ich versuche, dass sich was im Regionalverband ändert, auch wenn uns das vielleicht abgesprochen wird“, eröffnet der Verbandschef vor 27 Vertretern von Kleingartenvereinen (KGV) die Aussprache. Im Hinterkopf fünf Vereine, die nicht mehr mitmachen wollen.

Der RV-Vorsitzende will wissen, was man als Interessenvertreter von immerhin noch 40 Vereinen künftig besser machen könnte. Erste Schritte kündigt Knabe gleich an: Zwei Mitgliederversammlungen im Jahr statt eine in drei Jahren. Aufwandspauschalen sollen künftig von der Gesamtmitgliederversammlung beschlossen werden. Auch Zwischenpachtverträge und Verwaltungsvollmachten.

Die Vereine sollen künftig mehr selbstständig Entscheidungen treffen können, so Knabe und baut dabei auf die Hilfe des Landesverbands (LV). Und noch etwas Entscheidendes: Die Mitgliedsbeiträge an den Regionalverband sollen auf einen „Mini-Betrag“ reduziert werden, der Regionalverband wolle sich anders finanzieren.

Olaf Weber, LV-Präsidiumsmitglied, machte deutlich: „Ihr seid der Regionalverband. Der handelt danach, was ihr ihm aufgegeben habt.“ Klar sein müsse auch, dass man von heute auf morgen kein Kleingartenkonzept umsetzen kann. Die Beräumung bereite größte Bauchschmerzen und sei nur in Zeiträumen von 25 bis 30 Jahren zu lösen.

Nicht zu vergessen wäre, dass der RV juristisch für die vertragsrechtliche Arbeit der Kleingartenvereine verantwortlich ist. Wer aus dem Regionalverband austrete, setze seine kleingärtnerische Gemeinnützigkeit aufs Spiel, um deren Neubeantragung er sich dann selbst kümmern müsse, warnt Weber. Dann bestehe auch die Gefahr, dass die Stadt willkürlich Pachten ohne den Schutz des Bundeskleingartengesetzes festlegen kann.

Die aktuelle Pachtzinserhöhung in Staßfurt, die der Stadtrat diese Woche beschließen soll, war gar nicht mal das Thema am Sonnabend.

Erwin Thurm zum Beispiel will sich generell „nicht mehr rumstreiten“, dass die übriggebliebenen Mitglieder seines Vereins „Reichsbahn“ für 20 leerstehende Gärten mitbezahlen sollen. Dafür wären 600 Euro im Jahr vom Verein mit zu berappen. Durch überwiegend Senioren, teilweise alleinstehend und „Hartz-IVer“. Der 75-Jährige droht hinzuschmeißen.

Die Stadt habe das Recht, die Pacht zu erhöhen, aber doch nicht für leere Gärten Pacht zu verlangen, meint Thurm. „Genau da wollen wir hin“, bezieht sich Oberbürgermeister Sven Wagner, der sich eine Stunde Zeit nahm, auf das Staßfurter Kleingarten-Entwicklungskonzept. Das wurde 2008/2009 beschlossen. Der OB unterstrich, dass die Pachterhöhung zweckgebunden dem Rückbau dienen werde. Geplant ist, dass die Richtlinien ab 2021 greifen.

Oliver Walther spricht an, was sein KGV „1987“ zuletzt zu Austrittsgedanken bewegt hat: „Eine Satzung, die völlig an uns vorbei geht und die Mitglieder ausgrenzt.“ Man wolle jetzt eine Art Rücktrittsklausel absprechen und nicht zuletzt sehen, ob die Vorstellungen der Stadt eintreten. Stadtratsentscheidungen wären auch immer ein stückweit Lotterie. „Im Grunde ist ein Regionalverband nicht schlecht“, meint Walther, der sich später auch für die Arbeitsgruppe bereiterklärt, die die neue Satzung erarbeitet. Seine Vorstellungen wären unter anderem: Vorstandsverkleinerung und ordentliche Finanzberichte, die von den Vereinen zu prüfen seien.

Und Oliver Walther wünscht sich Kritikfähigkeit seitens des RV-Vorstands. Nicht zuletzt müsste geprüft werden, ob die Auszeichnungsverordnung noch zeitgemäß sei. „Goldene Sonnenblumen“ müssten eigentlich Neu-Mitglieder bekommen, meint der „1987er“.

Für Manfred Handel vom Kleingartenverein „Nordost“ wäre es wichtig, „dass jeder die neue Satzung begreift“. Es müsste auch keine völlig neue erfunden werden. Zudem meint der Gartenfreund, dass ein Regionalverband nicht mehr als 60 Quadratmeter für eine Geschäftsstelle benötige und dann auch keine 12 000 Euro für deren Werterhaltung aufbringen müsste.

Dazu entgegnete Ingo Knabe, dass man seit Beginn des Jahres sogar einen Mieter habe. Und Olaf Weber erklärte, dass der RV in einem Mietobjekt nicht weniger für Miete und Nebenkosten zahlen müsste. Rita Föhse ergänzte noch, dass der Verband auch Lagerplatz für Zelte und Kartoffeln – unter anderem für den Tag der Regionen und das Kartoffelfest in Neugattersleben – benötige.

Das wäre gar nicht das Gebiet des Regionalverbands, meinte René Trümper, Vertreter der austrittswilligen „Naturfreunde“, und fand, dass der Regionalverband zu Sitzungen auch in Vereinshäuser gehen könnte.

Aufmerksam verfolgt hat auch Hartmut Becker die Aussprache im Stadtwerke-Saal. Seine Sparte „Eisenbahn“ hatte ebenfalls den Austritt erklärt. „Der ehemalige Vorstand des Regionalverbands war schlimm – wir haben immer nur bezahlt und nichts bekommen. Keine Hilfe, keine Antworten.“ Er glaube schon, dass der neue Vorstand daran noch zu knabbern habe. „Der Kopf muss sich verkleinern, und die Entscheidungen sollen von den Mitgliedsvereinen getroffen werden“, fasst Becker in einer Veranstaltungspause seine Forderungen zusammen.

Jetzt wolle man abwarten, ob sich was ändert. Davon hänge ab, ob die „Eisenbahn“ Mitglied im Regionalverband bleibe. Selbst wenn sein Verein nicht von Leerstand geplagt ist.

Für die Mitarbeit in der Arbeitsgruppe Satzung des Regionalverbands erklärten sich bereit: Gabi Borowka (KGV Gänseanger Neundorf), Holger Engelhardt (Salzland), Manfred Handel (Nordost), Marion Krutwa (1920 Förderstedt), Oliver Walther (1987) und Rechtsanwalt Dirk Pauling. Die Satzung soll zum Ende des Jahres stehen, um als Grundlage für die Vorstandswahl 2021 zu dienen.