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Dramatische Rettungsaktionen in Gottesgnaden / Sporthalle in Förderstedt wird zum Notquartier Menschenrettung zwischen Flut und Feuer

Von Falk Rockmann 10.06.2013, 03:37

Dramatische Tage erleben auch Kameraden freiwilliger Ortsfeuerwehren der Stadt Staßfurt. Am Beispiel der Löderburger berichten wir über den Kampf gegen die Flut an der Saale. Zur Menschenrettung in Gottesgnaden kamen schließlich noch Brandbekämpfungen inmitten des Hochwassers in Calbe und auch im Heimatort der Löderburger hinzu.

Löderburg/Calbe/Gottesgnaden l Seit dem vergangenen Dienstag sind zwischen 30 und 50 Kameraden aus mehreren Staßfurter Ortsfeuerwehren in Bereitschaft und kämpfen auch direkt an der Wasserfront an Saale und Elbe. Am Donnerstagmorgen, gegen 6 Uhr, wurden unter anderen Kameraden der Ortswehren Atzendorf, Brumby, Förderstedt, Löderburg, Rathmannsdorf und Üllnitz ins Depot Staßfurt gerufen.

"Es ist nicht gerade angenehm, wenn man nicht weiß, was sich unter der Oberfläche der braunen Brühe befindet."

Die Löderburger und Rathmannsdorfer Kameraden schickte die Einsatzleitung nach Gottesgnaden. Erst hieß es Sandsackverbau in dem Calbenser Ortsteil. Dann wurde es noch dramatischer. Die Löderburger hatten mit Hilfe ihres Rettungsbootes Menschen aus einem Wohnhaus zu holen, das meterhoch von Wasser umringt war. Die erste Lebensrettung mit dem Rettungsboot der Löderburger im aktuellen Hochwasser. Eine Familie wurde evakuiert. Dann war da noch eine 79-jährige gehbehinderte Frau aus den Fluten in Sicherheit zu bringen.

Bootsführer Andreas Trenkelbach blickt in einer Einsatzpause am Sonnabend auf die dramatische Aktion zurück: "Zwei Kameraden von uns waren mit Wasserrettungsanzügen ausgestattet. Die Frau musste mit einer Schaufeltrage aus dem Haus geholt werden. Das Wasser stand den Helfern bis zum Hals. Es ist nicht gerade angenehm, wenn man nicht weiß, was sich unter der Oberfläche der braunen Brühe befindet."

"Die Strömung ist stark und unberechenbar. Immer besteht die Gefahr, dass die Antriebsschraube an einem Hindernis zerstört werden könnte."

Auch die Fahrt mit dem Boot sei nicht ungefährlich. "Die Strömung ist stark und unberechenbar. Immer besteht die Gefahr, dass die Antriebsschraube an irgendeinem Hindernis zerstört werden könnte." Und dann "drückte auch noch der Planet unerbittlich".

Nach dieser Rettungsaktion hieß es, weiter Sandsäcke legen, den Damm stabilisieren. Der Pegel stieg ununterbrochen. Kamerad Trenkelbach hebt hervor, dass Bundeswehr und THW sehr gut mit den Feuerwehrleuten Hand in Hand arbeiteten. Und auch die Verpflegung sei Spitze gewesen, von belegten Brötchen bis zum Schnitzel sorgten einzelne Helfer wie auch ein Großversorger dafür. Gegen 22 Uhr war man wieder im heimatlichen Depot.

Am nächsten Tag sollte es nicht ruhiger werden.

Nach zuerst angekündigtem Sandsackverbau in Gottesgnaden, wurden die Löderburger Kameraden zu einem Brand nach Calbe gerufen. Dort stand mitten in tiefstem Wasser das Bootshaus in Flammen. "Wir luden die Pumpe aufs Boot und fuhren zum Brandort", so Andreas Trenkelbach. Gruppenführer Henri Körner dirigierte seine vier Kameraden beim Erstangriff. Ein weiteres Boot traf von der FFW Calbe ein und unterstützte schließlich.

Schon bald wurde deutlich: Das Vereinshaus ist nicht mehr zu retten, aber das Bootshaus. "Der Einsatz musste sein, um ein Übergriff der Flammen auf angrenzende Gebäude und damit möglicherweise einen Großbrand in der Stadt zu verhindern, erklärt der Bootsführer.

Dann erneut Evakuierungen am Freitag mit dem Boot in Gottesgnaden. Von 112 Einwohnern waren viele schon selbst geflüchtet, etliche mussten aber mit Hilfe von Booten aus den Wassermassen gebracht werden. Auch dieser Einsatz dauerte von 8 bis 22 Uhr.

Und auch am Sonnabend gab es keine Ruhe für die Löderburger. Alarmierung 9.28 Uhr: Hochwassereinsatz in Calbe. Nach Lagebesprechung vor Ort wurde aber entschieden, zurück nach Löderburg. 14.20 Uhr erneut eine Alarmierung: Am Thie in Löderburg brennt eine Grasnarbe.

"Wir müssen gewährleisten, dass auch unsere Orte für den Fall der Fälle gewappnet sind"

Auch dieses Beispiel zeigt, dass die Kameraden an mehreren Fronten zu kämpfen haben, und nicht alle ins Hochwassergebiet abkommandiert werden können. Viele Kameraden würden zwar "mit den Füßen scharren", wollen raus zum Helfen, weiß auch Susanne Henschke vom Staßfurter Krisenstab. "Wir müssen aber gewährleisten, dass auch unsere Orte für den Fall der Fälle gewappnet sind", unterstreicht die Ordnungsamtsleiterin der Stadt.

"Wir rechnen jede Minute mit Alarmierungen", so Andreas Trenkelbach am Sonnabend noch, nachdem der Elbe-Saale-Winkel zum Sperrgebiet erklärt worden war.

Und so war es dann auch. Gestern früh, 7.16 Uhr, ertönten die Pieper: Hochwassereinsatz an der Saale in Nienburg. Wie jeden Tag seit vergangenem Dienstag, waren die Löderburger am Sonntag unter den 40 Mann aus verschiedenen Ortsfeuerwehren der Stadt im Einsatz. In der Nacht zum Sonntag hatten die Neundorfer Kameraden Deichwache in Schönebeck geschoben.

Unterdessen haben die Feuerwehr Staßfurt, der Bereitschaftsdienst des Stadtpflegebetriebs und Förderstedter Kameraden die Turnhalle in Förderstedt zum Notquartier umfunktioniert.

Weitere Evakuierungen in noch größerem Ausmaß sind jetzt nach den dramatischen Ereignissen im Elbe-Saale-Winkel nämlich nicht auszuschließen.