Georg Ottmann ist auch mit 90 Jahren noch aktiv im Männerchor Liederkranz / 41 Jahre absolviert der fünffache Vater im Schuldienst Nach schwerer Kriegsverletzung wird Förderstedt die zweite Heimat
Förderstedt l Mit Georg Ottmann beging in dieser Woche ein verdienstvoller Einwohner von Förderstedt seinen 90. Geburtstag. Er ist kein gebürtiger Förderstedter, erwarb sich aber in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg bis heute Respekt und Achtung im Ort.
Geboren wurde er 1923 als zweites von acht Kindern einer Landwirtschaftsfamilie in dem oberschlesischen 900-Seelen-Dorf Schönwald. Schon mit 16 musste er die Arbeiten annehmen, die es in diesen Jahren gab. So arbeitete er zuerst in einer Spirituosenbrennerei und war ein Jahr später Milchkon-trolleur, das heißt, er musste für fünf umliegende Dörfer Milch bei den Bauern in Proberöhrchen abfüllen und diese an ein Prüflabor senden, das dann die Fettprozente und damit den Preis festlegte, den der Bauer für die Milch bekam. Und alles bei jedem Wetter mit dem Fahrrad!
Nach dem Besuch der Landwirtschaftsschule in der Kreisstadt erfolgte im April 1941 die Einberufung zu den deutschen Panzersoldaten.
"Jetzt kann ich ja gar nicht mehr Tanzen!"
Dabei kam Georg das erste Mal in unsere Gegend, denn in Königsborn bei Magdeburg wurde sein Regiment mit neuen Panzern ausgerüstet. Über Simferopol, Nishni Nowgorod, Worenesh , Orel, alles Städte in Russland, wo der Krieg mit am härtesten tobte, wurde er bei einem Erkundungsein-satz in seinem Panzer schwer verwundet, ein Bein musste amputiert werden. Der damals 20-Jährige stellte voller Schrecken fest: "Jetzt kann ich ja gar nicht mehr Tanzen!" Er gelangte nun von einem Lazarett ins nächste und traf schließlich die Eltern, die inzwischen aus Oberschlesien vertrieben wurden, in einem Dorf bei Marienbad im heutigen Tschechien wieder.
Die Odyssee ging weiter. Die Eltern wollten in die Heimat zurück. Das gelang aber nicht und man war froh über die Nachricht von einer Familie Beinhoff, die in Schönwald bei Georgs Eltern gewohnt hatte, zu hören, nach Förderstedt kommen zu können, wo es Arbeit und Unterkunft gäbe.
So kam Georg Ottmann im August 1945 nach Förderstedt, aber auch hier zunächst ins Flüchtlingslager, das sich im Altbau der heutigen Sekundarschule befand. Hier lernte er seine Frau kennen, die als Küchenkraft in der Lagerküche tätig war. 1947 wurde geheiratet. Fünf Kinder zogen sie groß. Eine Wohnung hatte das junge Paar auf dem Schulhof in dem Haus bekommen, in dem Georg Ottmann heute noch wohnt.
1946 absolvierte Ortmann einen Lehrgang für Neulehrer. Bis zum Rentenstand 1987 blieb er Lehrer. Seine Fächer: Russisch, Erdkunde, Geschichte, Biologie und Deutsch. Er betreute auch den Schulgarten. Das war damals ein kleines landwirtschaftliches Unternehmen. Gemüse und Blumen wurden angebaut und im Ort verkauft. Die Schüler bekamen sogar einen kleinen Obulus für ihre Arbeit. Der Rest wanderte in die Schulkasse. Daneben wurde natürlich auch die Schulküche mit Obst und Gemüse versorgt. Georg erzählt, dass in einem Jahr mal zehn Zentner Äpfel geerntet wurden.
1947 wurde er Mitglied im Männerchor "Liederkranz", dessen ältestes und eines der aktivsten Mitglieder er heute noch ist. Lange Jahre moderierte er Veranstaltungen des Chores in Krankenhäusern, zur Jugendweihe, bei Hochzeiten und Geburtstagen. In den 70-er und 80-er Jahren und nach der Wende bis 1994 arbeitete er aktiv im Gemeinderat mit. Und außerdem organisierte er seit den 90-er Jahren die alle zwei Jahre stattfindenden Treffen seiner Heimatgemeinde Schönwald.
An seinem Geburtstag am 16. Oktober feierte Georg Ottmann in seiner Wohnung mit ehemaligen Lehrerkollegen und Einwohnern. Die offizielle Geburtstagsfeier findet am heutigen Sonnabend in der "Sportlerklause" mit dem Männerchor - seiner zweiten Heimat wie er es nennt - statt. Wir wünschen Georg Ottmann noch viele aktive Jahre bei guter Gesundheit mit seinen Lieben.