Bürger klagt über zweifachen Griff ins Portemonnaie und Asphalt statt Pflaster Neue Wasseranschlüsse, neue Straßen: WAZV und Stadt bitten Anwohner zur Kasse
Gleich zwei Mal werden einige Staßfurter Grundstücksbesitzer zur Kasse gebeten. Zum Einen kassiert der Wasser- und Abwasserzweckverband Geld für neue Trinkwasseranschlüsse. Zum Anderen müssen Anwohner sich an den Kosten für bevorstehende Straßenbaumaßnahmen beteiligen.
Staßfurt l "Eine schöne Bescherung", findet Klaus-Dieter Stiens. Der Staßfurter gehört zu den betroffenen Grundstücksbesitzern, die sich zweifach abkassiert fühlen. Aus diesem Grund wandte er sich in einem Leserbrief an die Staßfurter Volksstimme.
Anfang März erhielten Klaus-Dieter Stiens sowie weitere Anwohner der Krumme Straße, Gartenallee, Sülzestraße, Freytagstraße, Petrikirchstraße und Hermann-Kasten-Straße vom Wasser- und Abwasserzweckverband (WAZV) "Bode-Wipper" die Information, dass ein neuer Schmutzwasserkanal gebaut werden soll.
Die vorhandene Leitung solle künftig als Regenwasserleitung genutzt werden. Zudem sollen die Trinkwasseranschlüsse erneuert werden. "Bezahlen sollen die Anwohner, obwohl alle Anschlüsse bereits vorhanden sind", ärgert sich Stiens und ist der Ansicht, dass es sich nicht um eine Neuerschließung handele.
Zudem frage er sich, was mit den rund 1,7 Millionen Euro Fördermittel passiert, die der WAZV vom Land zugesprochen bekam (Volksstimme berichtete am 30. Juni). "Wozu werden die verwendet, wenn nicht für diese Dinge?", will er wissen.
Ein Teil der Fördermittel wird in die Erneuerung des Schmutzwasserkanales fließen, erläuterte Thomas Schulz, stellvertretender Geschäftsführer des WAZV. Er verdeutlichte, dass die Fördermittel zur Erneuerung von Abwasserkanälen vergeben wurden und somit zweckgebunden sind. Es könne und dürfe das Geld folglich nicht für die Erneuerung der Trinkwasseranschlüsse verwendet werden. Diese sind kostenpflichtig und werden nach Einheitssätzen berechnet, die in der Beitrags- und Gebührensatzung des WAZV unter dem Paragrafen 13 zu finden sind.
Im Zuge der Kanalarbeiten wird sogleich die Straße gemacht
Diese Kosten werden Klaus-Dieter Stiens somit nicht erspart bleiben. Ebensowenig, wie die Beteiligung an den Kosten für die bevorstehende Straßenbaumaßnahmen, die im Anschluss an die Erneuerung der Leitungen und Anschlüsse vorgenommen werden. Am 16. August soll mit dem ersten Bauabschnitt (Krumme Straße in Richtung Bode) begonnen werden.
"Wir erachteten es für sinnvoll und wirtschaftlich, die Straßen gleich in Angriff zu nehmen, wenn sie denn schon einmal offen sind", erklärte Wolfgang Waschk, Leiter des Fachdienstes Stadtsanierung und Bauen, gegenüber der Volksstimme. Zudem sei der Zustand so mancher Straße derart desolat, dass man diese kaum noch einmal hätte schließen können.
Dass die Straßen in einem furchtbaren Zustand sind, sieht auch Klaus-Dieter Stiens so. Allerdings hätte er sich gewünscht, dass die Betroffenen bereits in die Planungsphase beispielsweise in Form einer Anhörung einbezogen werden. Denn mit dem Planungsergebnis, dem Auftragen einer Schwarzdecke, ist er so gar nicht zufrieden. "Eine Schwarzdecke in einem Altstadtwohngebiet, wo der Straßenbelag aus altstädtischem Pflaster besteht - Was soll das? Das passt doch überhaupt nicht", so Stiens, der zudem befürchtet, dass die Straßen dann zu einer Rennstrecke werden.
Diese Bedenken teilt Wolfgang Waschk nicht. "Ich glaube kaum, dass diese Nebenstraße zu einer Rennstrecke wird. Wir haben uns neben dem Lärmschutz vor allem auch aus finanziellen Gründen für diese Variante entschieden", erklärt er. Er weiß um die finanzielle Doppelbelastung der Anwohner.
Alles in allem (inkl. Planung) kosten die Straßenbaumaßnahmen 130 000 Euro. Anwohner werden bei einem etwa 200 bis 300 Quadratmeter großen Grundstück im Schnitt mit rund 3000 Euro an den Kosten beteiligt. "Eine Ratenzahlung über bis zu vier Jahre sei selbstverständlich möglich", erklärt Waschk, der betont, dass niemand in den Ruin getrieben werden solle.
Anlieger wollen nicht das zahlen, was andere zerstörten
Verstehen kann Klaus-Dieter Stiens das Geschehen dennoch nicht: "Warum sollen die Anlieger eine neue Straße bezahlen, die andere kaputt gemacht haben?" Über Jahre sei seiner Meinung nach zugelassen worden, dass durch Versorgungsträger Reparaturen des Straßenbelags, die beispielsweise durch Leitungsverlegungen und Frostschäden nötig waren, unqualifiziert durchgeführt worden seien. "Weshalb kon-trolliert niemand von der Stadt nach Abschluss der Reparaturarbeiten, wie die Straße hinterlassen wurde?", fragte Stiens.
"Selbstverständlich wird kontrolliert", entgegnet Wolfgang Waschk. Doch dem zum Trotz sei das Pflaster über die Jahre sehr in Mitleidenschaft gezogen worden und dort, wo ein Loch gestopft wurde, ging daneben ein neues auf.
Dennoch kann Waschk den Ärger von Klaus-Dieter Stiens durchaus verstehen:"Ich hätte dort auch lieber ein schönes Pflaster gesehen. Doch das letzten Endes auch sehr teuer."