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Bäume Neues Naturdenkmal in Atzendorf?

Der Heimatverein Atzendorf will sich dafür einsetzen, dass die fast 150 Jahre alte Friedenseiche als Naturdenkmal gelistet wird.

14.10.2019, 23:01

Atzendorf l Ein Jubiläum steht an. Zwar erst in etwas über einem Jahr, aber wer früh genug plant, kann entspannter und länger feiern. 2021 ist es 150 Jahre her, dass am Friedensplatz in Atzendorf eine Eiche gepflanzt wurde. Nach dem Ende des deutsch-französischen Krieges im Jahre 1871 wurde das damals noch kleine Bäumchen in die Erde gesteckt. Spätestens seitdem war der Platz ein zentraler Anlaufpunkt im Dorf. Alte Atzendorfer erinnern sich aus früheren Erzählungen: „Bei Gedenkveranstaltungen haben sich dort Vereine versammelt“, erzählt Ernst Herbst. Der Atzendorfer Historiker wohnt gleich nebenan, sieht die Eiche jeden Tag, wenn er sein Haus verlässt. „Der Baum wurde zur Erinnerung an die Schlacht von Sedan gepflanzt“, so Herbst. Und lachend fügt der 80-Jährige hinzu: „Und der Baum ist solider als die mysteriösen Linden bei Eimecke.“

Die sind zwar als Naturdenkmal eingetragen, stehen aber gar nicht mehr. Die Eiche hingegen im Dorf steht und erfreut sich bester Gesundheit. Wird aber nicht geschützt. Noch nicht. „Wir wollen uns dafür einsetzen, dass die Eiche 2021 als Naturdenkmal aufgenommen wird“, sagt Sabine Rotter, Vorsitzende des Heimatvereins Atzendorf.

Zuständig für die Unterschutzstellung wäre der Landkreis, speziell die untere Naturschutzbehörde. 116 Naturdenkmäler sind im Salzlandkreis gelistet. Unterschieden wird dabei in Naturdenkmäler und Flächennaturdenkmäler. Meist sind es Bäume, die geschützt sind. Aber auch Seen, Rasen oder Brutkolonien können theoretisch unter Schutz gestellt werden. „Ein Naturdenkmal ist ein unter Naturschutz stehendes Landschaftselement. Damit sollen bestimmte Erscheinungsformen der Natur, wie Felsformationen oder Quellen, Einzelbäume oder Alleen, aus ökologischen, wissenschaftlichen, geschichtlichen oder heimatkundlichen Gründen unter Schutz gestellt werden“, erklärt Kreissprecher Marko Jeschor. Als Kriterien gelten Seltenheit, Eigenart oder Schönheit.

Wünscht sich der Heimatverein in Atzendorf, dass die Friedenseiche unter Schutz gestellt wird, muss ein förmliches Verwaltungsverfahren eingeleitet werden mit der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange. Gut in Atzendorf ist: Der Platz samt Baum befindet sich auf städtischem Grund. Wenn die Stadt Staßfurt und der Heimatverein es wollen, könnte geprüft werden, ob die Eiche als Naturdenkmal aufgesetzt wird.

Gerade zu DDR-Zeiten gab es dabei einen regelrechten Boom. Jäger, Förster oder Naturschutzhelfer hatten Bäume vorgeschlagen, die in den 1970er und 1980er Jahren unter Schutz gestellt wurden. Gerade aber nach 1990 wurden kaum noch neue Flächen aufgenommen. Seit 2013 gab es keine neuen Aufnahmen mehr.

Mehr noch: Viele Bäume, die eigentlich unter Schutz stehen, existieren nicht mehr. So stehen sowohl die Winterlinden als auch der Rüsterbaum in Atzendorf nicht mehr. Auch die Silber- und die Schwarzpappel in Brumby stehen nicht mehr. Im Park in Hohenerxleben stehen 50 Eichen unter Schutz. Aber auch die stehen längst nicht mehr alle. Müsste die Liste nicht mal überarbeitet werden? Müssten nicht einzelne Denkmäler herausgenommen werden? „Aufgrund der Rahmenbedingung wird die Liste der Naturdenkmäler in nur unregelmäßigen Abständen überarbeitet bzw. aktualisiert. Die letzte Herauslösung durch ein förmliches Verwaltungsverfahren erfolgte im Jahr 2015“, erklärt Marko Jeschor.

Und natürlich ist beim Sachgebiet Natur- und Artenschutz ein großer Strauß an Aufgaben zu bewältigen. „Das Aufgabengebiet der Kollegen umfasst vorrangig im Tagesgeschäft die Eingriffsregelung und den Artenschutz. Das bedeutet, die überwiegende Zahl der Verfahren betrifft den Schutz eben von Vögeln und anderen geschützten Tierarten (Biber, Fledermäuse, Hamster, Zauneidechse, Wildbienen usw.) im Salzlandkreis.“

Und für Bäume gibt es eben nicht nur die Schutzmöglichkeit als Naturdenkmal. Durch eine Baumschutzsatzung können besondere Bäume auch ohne Denkmalstatus geschützt werden. Auch für Sträucher und Bäume außerhalb von Ortschaften gibt es laut Bundesnaturschutzgesetzt einen besonderen Schutz. Gepflegt werden müssen Naturdenkmäler in der Regel vom Eigentümer. Die Beräumung abgebrochener Äste oder die Mahd einer Feuchtwiese fallen zum Beispiel darunter.

Dass es nicht so einfach ist, einen Baum als Naturdenkmal eintragen zu lassen, musste die Stadt Staßfurt schon selbst erfahren. Im Jahr 2016 bemühte sich die Stadt, eine 300 Jahre alte Eiche auf dem Grundstück des Allgemeinmediziners Hansgerd Höschel in Förderstedt unter Schutz zu stellen. Das misslang. Ein neuer Anlauf könnte nun in Atzendorf gemacht werden. Eben auch wegen der Historie. Eben weil gerade im Bereich um die Straße „Im Winkel“ Historie lebt. „Einst war die Hauptstraße in Atzendorf so eine Art Dorfgrenze“, erzählt Historiker Ernst Herbst. „Da gab es Konkurrenz, auch politisch gesehen.“ Während im nördlichen neueren Teil das Arbeitermilieu zu Hause war, wohnten im südlichen Teil alte Handwerkerfamilien. Ernst selbst kann seine Vorfahren in diesem Bereich bis 1523 zurückführen.