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Unternehmen Optiker Menz: Ende einer Ära

Hans-Jürgen Menz blickt zurück auf die Geschichte seines Staßfurter Großunternehmens, das er nach 47 Jahren guten Gewissens auflösen konnte.

27.01.2019, 23:01

Staßfurt l Einen Nachfolger hat Hans-Jürgen Menz für sein „Optiker-Imperium“ nicht gefunden. „Mein Sohn ist zwar auch Optiker, aber er hat zwei Geschäfte in Tangermünde und ist dort glücklich“, sagt der Meister. Sein Unternehmen, das in Spitzenzeiten 40 Filialen hatte und zu DDR-Zeiten das größte Unternehmen seiner Branche war, hat er zum 31. August 2018 nach 47 Jahren aufgegeben.

Die Aktiengesellschaft, die aus der Menz Optik GmbH 2010 entstanden war, wurde komplett aufgelöst. Wehmütig ist Hans-Jürgen Menz nicht. „Ich habe mit meinen 77 Jahren nun genug gemacht. Es wird Zeit, mich zurückzuziehen“, sagt er. „Eigentlich ist es schon ganz schön spät.“

Bis heute ist Hans-Jürgen Menz immer noch ab und an in der Hohenerxlebener Straße und verwaltet dort die Auflösung der Aktiengesellschaft und die firmeneigenen Immobilien. Sein eigentliches Anliegen für den Pressetermin war es, sich zu bedanken – bei allen Partnern, Mitarbeitern und Kunden in der langen Zeit.

Wie kann man 47 Jahre in Worte fassen? „Es war einfach eine wahnsinnig aufregende Zeit“, sagt er und strahlt. Vor allem die Phasen, als neue Filialen eröffnet wurden, waren abenteuerlich. „Es war immer etwas los. Wir waren aktiv und in Aufbruchsstimmung“, blickt der Optikermeister zurück. „Viele Geschäfte, die wir früher übernahmen, waren Bruchbuden – kein Wasser, keine Heizung, nix. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Das war eine große Herausforderung, aber es war schön.“

Zu DDR-Zeiten hatten Hans-Jürgen Menz und seine heutige Ex-Frau Rita Menz-Schüler mit drei Filialen das größte Optikerunternehmen in Ostdeutschland – 1971 begann Menz Optik am Postring. 1975 kam ein Geschäft in der Steinstraße 46 und 1988 eins in Egeln hinzu. „Das war damals schon unglaublich“, sagt er heute.

Gleich zwei Jahre später, 1975, nachdem das Paar das Geschäft am Postring von der früheren Optikerin übernommen hatte, zog der Betrieb in das Haus in der Hohenerxlebener Straße, damals ein winziges Geschäft. Bis in die 1990er Jahre war noch ein Kino darüber. 1998 erst konnte Menz das ganze Haus vom Kinobetreiber UFA kaufen, den Kinosaal abreißen und bis 2000 komplett neu bauen lassen. Geschäftsräume, Werkstatt, Büro und Wohnungen entstanden am Hauptsitz.

Die DDR-Zeit war spannend. Die Leute standen Schlange vor den Geschäften, man hat improvisiert. „Wir haben damals Brillen in der Garage gemacht, weil uns der Platz fehlte“, lacht der Optiker. Das wäre heute undenkbar. Aussortierte Drahtbrillen hat man zu Spiegelbrillen in Pilotenoptik umgebaut, die dann reißenden Absatz fanden.

„Nach der Wende haben wir uns gefragt, wo der Weg langfristig hingehen soll“, erzählt der Meister weiter. „Unsere Verwandtschaft im Westen – wir waren ja drei bis vier Mal im Jahr dort, weil immer irgendjemand Geburtstag hatte – sagte uns immer: ‚Expandieren!‘“

1992 begann dann der Aufbau des „Imperiums“. Das Paar Menz gründete eine GmbH, unter der alle Geschäfte laufen sollten. Zu Spitzenzeiten waren es 40 Filialen mit 200 Mitarbeitern in Sachsen-Anhalt, Sachen und Niedersachsen. „Rita hat sich hier vor Ort um die Organisation gekümmert und ich mich um die Expansion. Ich bin umhergefahren, habe mir mögliche Standorte angesehen und neue Mitarbeiter gesucht.“

Im Jahr 2000 sahen die beiden Partner ihre große Chance in einem Angebot eines westdeutschen Unternehmens, das 27 Geschäfte auf einmal abstoßen wollte, die sich im Nachhinein aber als Fehler herausstellen sollte. „Das war teilweise ein Flop, damit sind wir ganz schön auf die Nase gefallen“, gesteht Hans-Jürgen Menz. Für 3,6 Millionen D-Mark waren 27 Geschäfte an Menz gegangen. „Die Krankenkassen und die Berufsgenossenschaft machten es uns als ‚Ossis‘ aber dann schwer in Westdeutschland.“ Die Geschäfte liefen schwierig.

„Damals wollte ich für einen Moment lang aufgeben, aber ich sagte zu mir selbst: ‚Wenn du aufgibst, verlierst du Sack und Seele.‘“ Man zog die Notbremse, indem man zehn dieser Geschäfte geschlossen und einen Teil wieder verkauft hat.

Nachdem „die Kuh vom Eis geholt war“, begann kurz darauf die Zusammenarbeit mit Apollo Optik, die bis zum Ende 2018 bestand. 21 Geschäfte unter dem Namen Apollo Optik betrieb Hans-Jürgen Menz – 4 in Niedersachsen und 18 in Sachsen-Anhalt, von Wernigerode über Zerbst bis nach Salzwedel.

Bei dem internationalen Konzern mit 800 Geschäften in Deutschland war Menz Franchisepartner. Das bedeutete, dass die Geschäfte, die Menz selbst mietete oder kaufte, unter dem Namen Apollo Optik liefen, die Werbung und Produkte der Kette nutzte, aber ansonsten wie eigenständige Unternehmen funktionierten.

Auch das Haus in der Staßfurter Kottenstraße am Sperlingsberg gehörte seit 2000 zu Menz‘ Unternehmen als Apollo Optik. Zwar lief das Geschäft sehr gut, aber die Sanierung des Gebäudes am Anfang hatte es in sich. „Hätten wir damals gewusst, was uns da droht, hätte wir das Haus nicht gekauft“, schüttelt er den Kopf. Denn sein Architekt musste bei der ersten Besichtigung feststellen, dass das ehemalige Schlosscafé daneben ein Stück ins Haus hineingebaut war und der Grundriss komplett geändert werden musste.

„Alle 121 Mitarbeiter wurden übernommen“, betont Hans-Jürgen Menz im Blick auf die jetzige Auflösung des „Imperiums“. 15 Filialen, die Menz als Franchiseunternehmer führte, hat er zum 31. August 2018 an Apollo Optik verkauft, auch das Geschäft in der Staßfurter Kottenstraße. Die restlichen Geschäfte wurden bis Jahresende verkauft.

Zwei seiner Mitarbeiter, Danny Gebauer und Sabine Richter, haben das neue Optiker-Unternehmen „Sichtfabrik.Anhalt“ gegründet. Sie hat den ehemaligen Standort in Könnern übernommen, er den in Staßfurt. Demnächst wird ihr grünes, neues Logo den blauen Schriftzug „Menz Optik“ in der Hohenerxlebener Straße ersetzen.