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Kleingärten Regionalverband der Kleingärtner Staßfurt muss Verwaltungsgebühren für ausgetretene Vereine angeben

Von Enrico Joo 26.04.2021, 14:11
Der Kleingartenverein ?Naturfreunde? aus Staßfurt, der seine Gärten an der Hecklinger Straße Richtung Hecklingen hat, ist zum 1. Januar dieses Jahres aus dem Regionalverband ausgetreten. Der Verein sieht sich als Vorreiter für weitere Vereine.
Der Kleingartenverein ?Naturfreunde? aus Staßfurt, der seine Gärten an der Hecklinger Straße Richtung Hecklingen hat, ist zum 1. Januar dieses Jahres aus dem Regionalverband ausgetreten. Der Verein sieht sich als Vorreiter für weitere Vereine. Foto: Enrico Joo

Staßfurt

Nach dem großen Knall blieb es ruhig bei René Trümper. Was diesen freut. Ein Chaos ist trotz Befürchtungen aus vielen Richtungen ausgeblieben. Zusammen mit seinem Kleingartenverein „Naturfreunde Staßfurt“ ist der stellvertretende Vorsitzende Anfang Januar aus dem Regionalverband der Kleingärtner Staßfurt ausgetreten. „Es wurde gesagt, dass wir die Gemeinnützigkeit verlieren. Stattdessen ist gar nichts passiert“, sagt Trümper. „Wir zahlen einfach keinen Mitgliedsbeitrag mehr und weiter unsere Pacht, die wir Anfang des Jahres an den Regionalverband überwiesen haben.“

Zusammen mit dem Kleingartenverein „Neu-Staßfurt Süd“ hatten die „Naturfreunde“ Nägel mit Köpfen gemacht und den Regionalverband verlassen. Es war die nächste Eskalationsstufe im jahrelangen Streit zwischen verschiedenen Kleingartenvereinen und dem Regionalverband, dass diese ihre Drohung zum Verlassen wahr gemacht hatten. „Wir versichern uns jetzt selbst mit der Rechtsschutz- und Haftpflichtversicherung. Das macht pro Mitglied 3,90 Euro. Insgesamt spart aber jeder Gartenfreund über zehn Euro, weil wir den Mitgliedsbeitrag nicht mehr zahlen“, so Trümper.

Ursprünglicher Antrag des Regionalverbandes hinfällig

Der Regionalverband ist Generalpächter. Eine seiner Aufgaben ist es, die Pachtzahlungen der Kleingartenvereine zu sammeln und an die Stadt weiterzuleiten. Das verursacht Kosten. Auch deswegen müssen die Mitgliedsvereine einen Mitgliedsbeitrag zahlen, der derzeit bei 14 Euro im Jahr liegt. Und wenn ein Verein austritt, muss der Regionalverband sich bisher trotzdem um deren Pacht kümmern. Das will der Regionalverband freilich nicht hinnehmen. Ende 2020 hatte der Regionalverband einen Antrag gestellt, dass die ausgetretenen Vereine einen Pachtzuschlag von fünf Cent pro Quadratmeter zahlen.

In der Corona-Pandemie konnten die Mitglieder nicht per Versammlung abstimmen, es gab ein Umlaufverfahren per Post. Zwar gab es eine Mehrheit für den Beschlussvorschlag, allerdings brachte Oliver Walter, Vorsitzender des Kleingartenvereins Sparte „1987“, einen Änderungsantrag ein. „Der Verbandstag beauftragt den Vorstand des Regionalverbandes die Kosten für die Verwaltung der Pachtverträge der Vereine im Zusammenhang mit dem Generalpachtvertrag genau zu benennen und nächstmöglich eine Verwaltungsgebühr zum Beschluss vorzulegen“, heißt es.

Streit unter Kleingärtnern läuft seit 2019

Von 28 Vereinen, die sich zurückgemeldet hatten, stimmten 19 mit „Ja“. Der ursprüngliche Antrag ist somit hinfällig. Der Regionalverband muss also in nächster Zeit genau auflisten, welche Kosten durch die Verwaltung von Pachtverträgen entsteht.

Der jahrelange Zwist setzt sich fort. Ende 2019 hatten fünf von 42 Vereinen zum Ende des Jahres ihre außerordentliche Kündigung beim Regionalverband eingereicht. Auslöser für den Streit war, dass der Regionalverband den Mitgliedsbeitrag von 14 auf 29 Euro im Jahr anheben wollte. Dieser schon zugestimmte Beschluss wurde gekippt, weil es formale Fehler gab. Das änderte aber nichts an den verhärteten Fronten.

Zwei Vereine blieben beim Austritt und sollten nun eine „Strafpacht“ zahlen, die aber begrifflich nicht haltbar ist. „Eine Pacht kann nur alle drei Jahre erhöht werden. Die Stadt hatte diese 2020 bereits von sechs auf neun Cent erhöht. 2023 wird die Pacht von neun auf zwölf Cent erhöht“, erklärt Oliver Walter. Der Stadtrat hatte diesem Vorgehen zugestimmt. Mit diesem zusätzlich eingenommenen Geld soll der Leerstand in den Kleingartenanlagen bekämpft werden. „Der Regionalverband kann nicht einfach im Nachgang erneut die Pacht erhöhen. Erst 2026 kann die Pacht wieder erhöht werden“, so Walter.

Und weiter: „Es hätte sowieso nicht Pachtzuschlag genannt werden dürfen. Es ist aber natürlich angemessen, eine Verwaltungsgebühr zu erheben. Der Regionalverband muss jetzt genau ermitteln, wie hoch die sein kann. Sie muss aber geringer sein als der Mitgliedsbeitrag, weil bei den Mitgliedsbeiträgen noch andere Kosten bezahlt werden“, sagt Walter.

Trümper findet: „Die Idee mit dem Pachtzuschlag war ein Alleingang von Ingo Knabe (Vorsitzender des Regionalverbandes, Anm. der Red.). Auch die Ansage, dass wir die Gemeinnützigkeit als Verein verlieren, war eine leere Drohung.“ Mit seinem Kleingartenverein „Naturfreunde“ sieht er sich als „Zugpferd für weitere Austritte“. Er glaubt, dass die zwei Austritte nicht das Ende sind. „Es sind einige in Lauerstellung, die zum 30. Juni kündigen wollen“, sagt er. Die Frist 30. Juni gilt, damit ein Verein ordnungsgemäß den Regionalverband zum Ende des Jahres verlassen kann. Trümper berichtet von bis zu sechs Vereinen, die folgen wollen.

Keine Frist für Ermittlung der Verwaltungsgebühren

Ein Verein davon ist der Kleingartenverein Sparte „1987“. „Ich sehe keinen Vorteil mehr darin, Mitglied zu sein. Wir werden kündigen“, sagt der Vorsitzende Oliver Walter. Bekannt ist, dass auch die Kleingartenvereine „Eisenbahn“ und „Am Strandbad“ im Jahr 2019 Austrittsgedanken hatten und außerordentliche Kündigungen eingereicht hatten, die aber nicht akzeptiert wurden.

Das grundsätzliche Problem jetzt ist: Die ausgetretenen Vereine würden ihre Pacht gern direkt an die Stadt zahlen. Das dürfen sie aber nicht. „Die Stadt stellt sich da quer“, sagt Olaf Krolop, Vorsitzender des Kleingartenvereins „Neu-Staßfurt Süd“. „Da öffnen wir Tür und Tor für andere Vereine“, hatte Anke Michaelis-Knakowski von der Stadt dazu bereits im Dezember 2020 gesagt.

Unklar, wann und wie Verwaltungsgebühr kommt

Für den Kleingartenverein „Neu-Staßfurt Süd“ fühlt sich jetzt auch vieles besser an. „Der Pachtzuschlag wäre unbezahlbar gewesen. Wir hätten das nicht stemmen können. Und ohne Mitgliedsbeitrag kommen wir nun auch günstiger. Gartenarbeit soll einfach Spaß machen“, sagt Krolop. Auch sein Verein versichert sich nun selbst.

Er vermutet aber, dass es noch eine Verwaltungsgebühr geben wird. „Da wird noch was kommen“, so Krolop. Wann und wie diese kommt, ist aber unklar. „Eine Verwaltungsgebühr ist derzeit nicht aktuell. Wir wissen derzeit noch nicht, ob und wie wir das umsetzen“, sagt Ingo Knabe, Vorsitzender des Regionalverbandes. „Es fehlen noch Hintergrundinformationen und es hängt auch von einer rechtlichen Bewertung ab.“ Unklar ist auch, wann der Regionalverband die Kosten für die Pachtverwaltung ermittelt hat. „Wir haben derzeit etwa 75 Prozent der Sachen ermittelt“, so Knabe. Corona verzögert aber auch das. Eine Frist gibt es nicht.

Wenn es nach Renè Trümper von den „Naturfreunden“ geht, ist das simpel mit der Erhebung der Pacht. „Da wird ein Brief verschickt mit einer Rechnung. Da ist eine Briefmarke drauf. Vorher wurden die Rechnungen am Computer ausgedruckt. Später wird die Pacht weitergeleitet. Das war’s. Und dafür will der Regionalverband 14 Euro haben“, sagt er. „Der Regionalverband existiert nur auf dem Papier. Bei uns haben wir diesen seit zehn Jahren nicht mehr gesehen. Ich bin davon überzeugt, dass sich dieser in ein bis zwei Jahren auflösen wird.“