Beitragsbescheide Sollen Anlieger für Straßen zahlen?
Sollen die letzten Anlieger noch für den Ausbau der Straße vor ihrer Haustür zahlen? In Staßfurt und Ortsteilen gibt es vier Straßen, wo noch Straßenausbaubeiträge abgerechnet werden könnten. Ob das Geld von den Anwohnern oder aus der Stadtkasse kommen soll, entscheiden jetzt die Kommunalpolitiker im Stadtrat.

Neundorf/Förderstedt/Staßfurt - Eigentlich gute Nachrichten für die Anlieger einiger neu gemachter Straßen in Staßfurt, Neundorf und Atzendorf. Weil die Straßenausbaubeiträge abgeschafft wurden, steht es der Stadt Staßfurt jetzt frei, ob sie einige der letzten Baumaßnahmen den Anliegern noch anteilig in Rechnung stellt oder nicht. Ersteres könnte Anwohner sehr entlasten, immerhin fallen teilweise Tausende Euro pro Grundstück an.
Der Hintergrund zur Gesetzeslage: Seit dem 1. Januar 2020 müssen Anwohner in Sachsen-Anhalt auch rückwirkend keine Straßenausbaubeiträge mehr zahlen. Mit dem Gesetz zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge wurde auch festgelegt, dass Straßenausbaumaßnahmen, die bis zum 31. Dezember 2019 fertiggestellt worden sind, noch in einer Übergangsphase sind. Die Stadt kann, aber muss den Anwohnern nichts mehr in Rechnung stellen.
Diese Entscheidung überlässt die Stadt Staßfurt nun ihren Stadträten. Im Fall von Staßfurt betrifft das vier Straßen, die 2014 bis 2019 ausgebaut wurden, wo aber noch kein Bescheid an die Anwohner erging (grüner Kasten).
Neundorf will keine Beiträge mehr
Warum nach Jahren noch immer kein Bescheid? Das treibt auch die Ortschaftsrätin Katja Hesse (parteilos) um, als es in Neundorf um die Beiträge ging. Immerhin betrifft es dort die Rathmannsdorfer Straße, wo Anwohner noch zur Kasse gebeten werden könnten.
Katja Hesse findet den Umgang mit den Anwohnern unfair: „Die Rathmannsdorfer Straße ist seit drei Jahren fertig. Wie kann es sein, dass den Anwohnern bis heute keine Rechnung gestellt wurde? Sie sitzen auf einer tickenden Zeitbombe, weil sie dann plötzlich mal 4000 Euro zahlen sollen.“ Ähnlich sieht es Ortschaftsrat Frank Rögner (SPD/Grüne) in Neundorf: „Das Gesetz zur Abschaffung der Straßenausbeiträge weckt Begehrlichkeit – die Hoffnung, dass man als Anwohner nicht mehr zahlen muss. Diese Art und Weise gefällt mir einfach nicht.“
Auch wenn die Anwohner nicht wissen, was nun mit ihren Beiträgen wird, kann Susanne Epperlein von der Stadtverwaltung zumindest erklären: „Wir haben so lange auf das Gesetz gewartet. Es stand beim Gesetzesentwurf zur Debatte, ob man sofort alle Straßenausbaubeiträge erlässt oder ob man vielleicht noch einen anderen Stichtag wählt, nachdem keine Beiträge mehr erhoben werden können.“ Übrigens hat die Stadt bis zu vier Jahren Zeit für solche Bescheide. Bei den beiden Staßfurter Straßen müsste man bis 2022 abgerechnet haben, in Atzendorf und Neundorf bis 2023.
Bis zu 4000 Euro in Neundorf
Weitere Fakten zum Thema: Im Fall der Rathmannsdorfer Straßen in Neundorf wären es Beiträge zwischen 1500 und 4000 Euro pro Grundstück, je nach Größe. Das hat die Stadtverwaltung schon ausgerechnet. Susanne Epperlein stellt die Optionen noch einmal klar: „Entweder wir verzichten auf das Geld oder wir beharren darauf.“
Auch ein Fakt: Zahlen die Anwohner der vier Straßen in Staßfurt die Beiträge nicht, muss die Stadt die Summe ausgleichen. Immerhin insgesamt 943240 Euro.
Das sieht auch Neundorfs Ortsbürgermeister Stefan Riemann (parteilos): „Auf der einen Seite braucht die Stadt Staßfurt Einnahmen, auf der anderen Seite wollen wir die Anwohner finanziell entlasten.“
Kurzum: Die Stadtverwaltung stellt die Erhebung der Beiträge von den Anwohnern für die letzten vier Straßen zwar als alternativlos vor. Aber der Ortschaftsrat Neundorf lehnte dennoch knapp ab – keine Beiträge mehr für die Rathmannsdorfer Straße erheben.
Förderstedt möchte Rechnungen für Herzstraße
Auch der Ortschaftsrat Förderstedt musste wegen der Herzstraße in Atzendorf über das Thema entscheiden. Die Kommunalpolitiker stimmten hier ganz anders ab: Die Beiträge sollen den Anwohnern noch berechnet werden. In Förderstedt urteilte man nach dem Motto der Gleichbehandlung: Viele andere Einwohner haben bereits für ihre Straßen gezahlt, deswegen sollen das auch die Anwohner in der Herzstraße tun. Zudem: „Die Kommune braucht Geld und hat Finanzierungsschwierigkeiten“, gibt Ortschaftsrat Günter Döbbel (FDP) die Tendenz aus Förderstedt wieder.
Die Entscheidung bleibt schwierig. Eine wichtige Meinung dazu muss der Finanzausschuss des Stadtrats am morgigen Donnerstag abgegeben. Diese Räte haben oft die Finanzen der Stadt im Blick und könnten ebenfalls für die Erhebung der letzten Beiträge stimmen. Danach liegt die endgültige Entscheidung am 24. Juni beim Stadtrat.

