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Gemeindereform Stadt Hecklingen muss zusammenwachsen

Die Einheitsgemeinde Stadt Hecklingen wurde vor 15 Jahren gegründet. Das „Konstrukt“ wird auch kritisch gesehen wird.

05.04.2019, 23:01

Hecklingen l Hat die Gemeindegebietsreform was gebracht und was wäre für die vier Orte der Stadt Hecklingen die Alternative gewesen? Diese Frage rückt in den Blickpunkt, betrachtet man einen Jahrestag, der seit knapp einem Monat verstrichen ist. Denn seit dem 27. Februar 2004 besteht die Einheitsgemeinde Stadt Hecklingen 15 Jahre. Die Kommune wurde damals mit dem Zusammenschluss der bislang selbstständigen Städte Hecklingen und Cochstedt sowie den Gemeinden Groß Börnecke und Schneidlingen gebildet. Die bisherige Verwaltungsgemeinschaft Bördeblick wurde aufgelöst.

Ohne ein öffentliches Wort ist der Termin verstrichen. Darauf angesprochen, das nichts gesagt wurde, erklärt Bürgermeister Uwe Epperlein (WGH): „Wir werden kein großes Fest machen, auch nicht im Nachgang.“ Runde Jubiläen mit einer Null am Ende sollten aber gefeiert werden, also dann 2024, wenn sich die Stadt ihre Eigenständigkeit 20 Jahre bewahrt. „Das halte ich für angemessen.“ Angesichts der leeren Kassen, sei dies vernünftig.

Darauf eingehend, ob die Gemeindegebietsreform für die Stadt Hecklingen was gebracht hat, sagt er, dass es auf jeden Fall positiv zu werten ist, dass die Stadt sich die Eigenständigkeit erhalten konnte. Selbst entscheiden zu können, sei als „hohes Gut“ anzurechnen. Leider habe das nicht überall zur Zufriedenheit der Bevölkerung beigetragen, weiß Epperlein. Kritik an dem „Gebilde“ komme immer mal wieder hoch, einzelne wollten schon weg, „was ich für falsch halte“, merkte das Stadtoberhaupt an. Epperlein sprach sich ganz klar für das weitere Bestehen der Stadt trotz aller finanziellen Schwierigkeiten aus. „Nur so können wir im kleinen Maßstab für die Orte was halten. Würden wir einem größeren Gebilde angehören, wäre die Chance, in den vier Orten was zu tun, noch geringer. Dann wären wir das berühmte x-te Rad am Wagen, eben eines von wirklich vielen.“ Dann wären Entscheidungen für den Ort noch viel schwerer zu treffen, konstatierte Epperlein.

In Schneidlingen, Groß Börnecke und Cochstedt sind die Meinungen zur Gemeindegebietsreform nachträglich mit Skepsis behaftet. Hört man sich um, wird deutlich, dass der ein oder andere 15 Jahre danach noch immer Schwierigkeiten hat, sich mit dem Gedanken der Zugehörigkeit anzufreunden. „Ich bin in Preußisch Börnecke geboren, in Groß Börnecke aufgewachsen und habe hier mein ganzes Leben verbracht. Ich bin keinen Meter hier weggekommen.“ Die Worte von Wolfgang Hoffmann (WGH) machen deutlich, dass sein Herz nach wie vor für sein Dorf Groß Börnecke schlägt, auch wenn es nicht mehr eigenständig und ein Ortsteil der Stadt Hecklingen ist. Auch für Einwohner der anderen Orte sei die Entscheidung nach Hecklingen zu gehen, anfangs mit Problemen behaftet gewesen, erinnert sich der stellvertretende Ortsbürgermeister an die Zeit kurz nach Gründung der Einheitsgemeinde.

Immerhin habe beispielsweise Cochstedt ganz früher zum Bezirk Halle gezählt, wohingegen die anderen Orte dem Bezirk Magdeburg angehörten. „Ich bin ehrlich, wenn ich sage, nicht unbedingt ein Freund davon gewesen zu sein, dass Börnecke seine Eigenständigkeit aufgeben musste.“ Aber es habe eine Entscheidung getroffen werden müssen und zahlenmäßig habe es gepasst. Viele im Ort seien nach wie vor verärgert, weiß Hoffmann, weil sie annehmen, dass sie mit dem Zusammenschluss auch die Schulden der Stadt mit übernommen hätten. „Aber die meisten machen sich auch nicht so viele Gedanken.“ Und die Börnecker könnten sich auch nicht so sehr beschweren, im Dorf gebe es einen Supermarkt, einen Allgemeinmediziner, zwar jetzt keinen Zahnarzt mehr, aber dafür eine Sparkasse und etliche kleinere Läden. „Eben vieles, was man zum Leben braucht.“ Und Wolfgang Hoffmann merkt weiter an, dass die Verbindung zum benachbarten Schneidlingen, gleich um die Ecke, aber seit jeher sehr eng war.

Mario Zimmermann, Schneidlingens stellvertretender Ortsbürgermeister (BBH), sieht den Zusammenschluss kritisch. „Gar nichts“, sagt er, wenn er gefragt wird, was die Gebietsreform gebracht hat. Schneidlingen, meint er, fühle sich als das „fünfte Rad am Wagen.“ Gelder vom Land für Investitionen seien in den vergangenen Jahren nicht in Schneidlingen angekommen. „Wir werden politisch im Stadtrat überstimmt“, meint er, dass der Ort als Teil der Stadt im Unterschied zu größeren Orten kein Gehör findet. Wenigstens der gerechte Anteil der Zahlungen vom Land einer Pauschale für Investitionen müsste doch drin sein, sagt Zimmermann.

Cochstedts Ortsbürgermeister Wolfgang Weißbart (Fraktion Die Linke) erinnert sich, dass er sich zu dem Thema schon einmal vor fünf Jahren geäußert hat, als die Stadt das zehnjährige Bestehen der Gründung der Einheitsgemeinde beging.

„Was hat es gebracht? Auf jeden Fall mehr Ärger als Nutzen. Wenn Schulden und Schulden zusammen kommen, bleiben Schulden.“ Der Zusammenschluss sei den zuvor selbstständigen Gemeinden von der Politik auferlegt worden und das sei eigentlich zu viel des Guten gewesen. „Aber da in Sachsen-Anhalt eine Reform durchgeführt wurde, konnte sich Hecklingen nicht ausklinken.“ Die Fehlbeträge im städtischen Haushalt seien immer weiter angewachsen.

„Wir wissen nicht, wie wir sie abbauen können. Wir kranken seit Jahren, dass wir keinen ausgeglichenen Haushalt haben und bei den Investitionen nicht alle Wünsche erfüllen können.“ Bleibt zu fragen, was für Cochstedt die Alternative gewesen wäre. Dazu Weißbart: Jeder wisse, dass Cochstedt einst mit Aschersleben geliebäugelt habe. Als ehemalige Kreisstadt habe die Kommune, meint der Ortsbürgermeister, mit einem größeren Potenzial vielleicht mehr für das kleine Cochstedt geboten. Allein schon die Busanbindung sei von dem Hakelort mehr dorthin als nach Staßfurt ausgerichtet. „Aber der Zug ist mittlerweile abgefahren.“ Aschersleben habe seine eigenen Probleme. Aber dort sehe man eben, dass was passiert sei. „In Hecklingen sieht man nichts ähnliches. Man kann Schulden haben, aber man muss eben mit den Schulden leben können. Das ist meine Meinung“, sagt Weißbart. In Hecklingen könne nicht viel Geld in die Hand genommen werden, allein die Investpauschale über 300 000 Euro jährlich vom Land stehe zur Verfügung.

Diese sei im Moment aufgebraucht, alles werde in den Schulstandort in Groß Börnecke investiert. Das sei ja auch richtig so, aber alles andere bleibe dann liegen.