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Kita Stadtrat in Staßfurt will sofortigen Neubau der Kita in Löderburg

Soll die Stadt Staßfurt noch einmal Geld in die Hand nehmen, um sechsstellige Summen für den Brandschutz für das in die Jahre gekommene Gebäude der Kita Löderburg zu investieren? Der Stadtrat sagt Nein und beauftragt nun einen unverzüglichen Neubau des Gebäudes.

Von Enrico Joo 28.09.2021, 03:00
Im April hatte ein Architekt Pläne für einen Neubau der Kita in Löderburg vorgestellt. In allen Fraktionen fanden die Pläne Zustimmung. Der Neubau könnte etwa 3,5 Millionen Euro kosten.
Im April hatte ein Architekt Pläne für einen Neubau der Kita in Löderburg vorgestellt. In allen Fraktionen fanden die Pläne Zustimmung. Der Neubau könnte etwa 3,5 Millionen Euro kosten. Quelle: Kirchner + Przyborowski/Stadt Staßfurt

Löderburg/Staßfurt - Und am Ende holte sich der Oberbürgermeister einen Tadel vom Stadtratsvorsitzenden ab. So eben hatte Sven Wagner (SPD) in der Sitzung des Stadtrats einen Beschluss als „No-Go“ kritisiert. Dass diese öffentliche Bewertung nicht gut ist, machte Peter Rotter (CDU) klar. „Ein No-Go gibt es im Stadtrat nicht. Es wird abgestimmt“, sagte Rotter.

So zeigte sich exemplarisch, wie sehr Stadtrat und Stadt bei der Kita Löderburg auseinanderliegen. Die Meinungen sind gegensätzlich und gipfelten im Stadtrat zum Kräftemessen, das die Stadt scheinbar verlor.

Worum geht es? Im Ortschaftsrat Löderburg und in den Ausschüssen hatte die Stadt Staßfurt einen Vorschlag eingebracht, Planungskosten von 400.000 Euro für einen Neubau der Kita Löderburg umzuschichten und stattdessen den dringend nötigen Brandschutz in die Wege zu leiten. Zwei Ausschüsse stimmten gar nicht ab, weil sie sich nicht ausreichend informiert fühlten, der Ortschaftsrat stimmte nur mit großen Bauchschmerzen zu. Die Befürchtung der Lokalpolitiker: Investitionen in den Brandschutz verzögern den Neubau langfristig.

Sofort-Maßnahmen für Kita nötig

Wie nötig der Brandschutz ist, machte Oberbürgermeister Sven Wagner nun vergangenen Donnerstag klar. Die Stadt hatte einen Brandschutzprüfer beauftragt, der vergangene Woche Dienstag – also zwei Tage vor der Sitzung des Stadtrats – sich die Kita angeschaut hatte. Ergebnis: „Es müssen Sofort-Maßnahmen ergriffen werden, damit das Gebäude nicht gesperrt werden muss“, so Wagner. „Das muss bis Ende März 2022 abgeschlossen sein. Es gibt keine andere Chance. Die Sicherheit der Kinder geht vor. Es muss aber klar sein, dass für einen Neubau dann noch Zeit ins Land geht und in einem halben Jahr die Finanzierungen für den Neubau noch nicht gesichert sind.“

Dagegen regte sich Widerstand. Ralf-Peter Schmidt (UBvS) brachte einen Änderungsantrag ein. „Alle erforderlichen Schritte und Maßnahmen zur Errichtung eines Ersatzneubaus sollen unverzüglich eingeleitet werden“, so Schmidt. Das Geld solle nicht mehr in den Brandschutz fließen. Schmidt erklärte: „Durch die Initiative der Malteser (die Hilfsorganisation hatte im August 45 Rauchmelder gespendet, Anm. d. Red.) hat sich der Brandschutz bereits enorm verbessert, auch gegenüber anderen Kitas in Brumby und dem Leopoldshaller Spatzennest.“

Es würden Mittel für den Neubau verloren gehen, wenn sie in den Brandschutz gehen. Investitionen in einen Neubau hätten Vorrang vor Investitionen in ein Bestandsgebäude, das „zum Abriss erklärt ist“, wie es Schmidt in der Begründung formulierte. „Zudem sind die brandschutztechnischen Mängel in Löderburg seit Jahren bekannt“, sagte Schmidt.

Große Zustimmung unter Fraktionen

Löderburgs Ortsbürgermeister Danny Hempel verfolgte den Antrag entspannt. Denn: Er wusste im Vorfeld von dem Änderungsantrag. „Das ist nicht ohne unser Wissen passiert. Wir hatten im Vorfeld die meisten Fraktionen im Boot“, sagte er im Nachgang. „Es ist das Beste, was uns passieren konnte.“

Dementsprechend zustimmend zum Änderungsantrag der UBvS äußerten sich die Fraktionen auch im Stadtrat. „Wir unterstützen den Antrag von Ralf-Peter Schmidt. Das Geld kann woanders besser verwendet werden. Ich vermisse zudem jegliche Kreativität der Stadt, die Situation zu lösen“, sagte Günter Döbbel (FDP). „Man könnte die Kinder der Kita in einer Übergangsphase auch umsetzen in eine andere Kita, um dann vielleicht in zwei Jahren einen Neubau zu haben. Ich denke, dass das ein denkbarer Weg ist.“

Stephan Czuratis (CDU) bemängelte: „Durch das Gutachten des Brandschutzprüfers hat sich die Sachlage geändert. Jetzt braucht es einen Hausalarm und weniger Brandschutztüren. Das ist preislich vielleicht günstiger. Über eine aktualisierte Vorlage der Verwaltung hätte ich mich gefreut.“ Gleichwohl meinte er: „Das Vorgehen der Stadt ist nicht alternativlos.“

Es folgten fünf Minuten Beratungspause. „Es war für mich ein einmaliger Vorgang, dass in dieser Zeit über alle Fraktionen gesprochen wurde“, hatte Danny Hempel beobachtet. „So ein Verhalten habe ich noch nie erlebt.“ Am Ende stimmten 24 Politiker für den Änderungsantrag der UBvS, den Neubau unverzüglich einzuleiten. Es gab fünf Enthaltungen aus den Reihen der SPD-Fraktion und zwei Gegenstimmen durch Sven Wagner (SPD) und Titus Maschke (UWG Salzland).

Danny Hempel kritisierte dabei die Stadt nun heftig. „Aus meiner Sicht ist die Begehung für den Brandschutz Kalkül der Stadt“, sagte Löderburgs Ortsbürgermeister. Er selbst habe am Tag der Begehung nicht davon gewusst und erst danach inoffiziell erfahren, dass diese stattgefunden hat. „Es gab vorher Widerstand in den Ausschüssen, darauf gab es die Begehung. Das ist ein abgekartetes Spiel und eine ganz linke Sache“, so Hempel. Der Oberbürgermeister habe die Stadträte mit der Brandschutzschau unter Druck setzen wollen.

Brandschutz wird hergestellt

Sven Wagner wollte sich absichern, weil auch er Fragezeichen hatte. „Hat der Stadtrat jetzt beschlossen, in der Kita Löderburg keine brandschutztechnischen Maßnahmen durchzuführen?“, fragte der Staßfurter Oberbürgermeister noch während der Sitzung des Stadtrats. Als er ein kurzes „Ja“ bekam, entfuhr es ihm nur kurz und knapp: „Okay.“ Offensichtlich war auch Wagner überrascht.

Ein paar Tage später wurde die Situation und der Antrag der UBvS noch einmal besprochen. „Vernünftig wäre es gewesen, wenn wir beide Beschlüsse gefasst hätten“, meinte Wagner am Montag. Also sowohl Brandschutz als auch unverzüglicher Neubau. „Entweder oder“ sei aber nicht möglich. „Das können wir nicht. Die Verantwortung für die Kinder ist immens groß. Es gibt keine Alternativen“, sagte Wagner. Zudem: „Es ist nicht Teil des Beschlussvorschlags, dass Investitionen in den Neubau Vorrang vor dem Brandschutz haben. Das steht nur in der Begründung“, so Wagner.

Das heißt: Auch wenn der Stadtrat am Donnerstag dafür argumentiert hat, dass der Neubau wichtiger ist als die Investitionen in den Brandschutz, wird die Stadt nun Geld in die Hand nehmen (müssen), um den Brandschutz der Kita Löderburg zu sichern. „Ich möchte da auch nicht zurückblicken, warum es zehn Jahre nicht passiert ist. Da muss man vielleicht auch meinen Vorgänger fragen. Ich habe jetzt die Verantwortung. Jeder Tag ist entscheidend“, sagte Wagner.

Bereits Ideen für einen Neubau

Und dafür gibt es die Frist bis Ende März 2022. Ist der Brandschutz bis dahin nicht umgesetzt, muss die Kita gesperrt werden. Ortsbürgermeister Danny Hempel: „Damit ist dem Oberbürgermeister die Pistole auf die Brust gesetzt worden. Das kann zum Bumerang für ihn werden.“

Hempel meinte zudem: „Er kann sich von den Wählern im Ort verabschieden, wenn der Beschluss des Stadtrats gekippt wird.“ Wie Wagner erklärt, passiert das auch nicht. Viel mehr werde beides angegangen. Brandschutz und unverzüglicher Neubau. „Für mich hat der Neubau der Kita in Löderburg oberste Priorität“, sagte Wagner gestern der Volksstimme.

Allein: Die Finanzierung ist das große Problem. Es gibt derzeit keine Fördermittel. Es ist utopisch, dass 3,5 Millionen Euro für den Neubau in den Haushalt für 2022 eingestellt werden können. Die Stadt hat das Geld nicht. Es braucht daher neue Ideen. Und die gibt es auch schon. „Wir haben alternative Möglichkeiten für den Neubau im Blick“, so Wagner. Details kann er aber öffentlich noch nicht nennen. Ende des Jahres soll es dazu aber einen Vorschlag der Stadt zur Abstimmung im Stadtrat geben. So könnte in 2022 mit den konkreten Planungen für den Neubau begonnen werden.

Kommentar von Enrico Joo

Geht es um den Brandschutz, hört die Geduld auf. Am Ende haftet der Oberbürgermeister persönlich, wenn Kinder im Brandfall zu Schaden kommen. Es ist logisch, dass er reagieren muss.

Aber: Warum hat die Stadt nicht schneller reagiert, wenn die Brandschutznot so groß ist? Warum gingen Jahre ins Land? Warum gab es nicht vorher eine Brandschutzbegehung, warum erst jetzt? Warum wurden die Kinder nicht schon woanders untergebracht? Es ist nachvollziehbar, dass der Ortsbürgermeister ein abgekartetes Spiel vermutet. Wurden die Löderburger doch all die Jahre nicht gehört, als sie um den Brandschutz gebettelt hatten. Zumal der Brandschutz in anderen Staßfurter Kitas ebenfalls nicht gesichert ist. Müsste da nicht auch sofort gehandelt werden?