1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Staßfurt
  6. >
  7. Was ist den Staßfurtern wichtig?

Bürgerbefragung Was ist den Staßfurtern wichtig?

Was den Staßfurtern wichtig ist und was sie von ihrer Stadt erwarten - das hat jetzt eine große Bürgerbefragung gezeigt.

11.04.2017, 07:00

Staßfurt l Was für den Laien erst einmal wenig klingt, ist in Wirklichkeit überdurchschnittlich viel. Zehn Prozent der Bürger von ganz Staßfurt und den Ortsteilen (genauer 10,81 Prozent) haben an der großen Bürgerbefragung teilgenommen. „Das ist überdurchschnittlich viel. Bei anderen Umfragen, etwa von Unternehmen, liegt die Rücklaufquote bei ein bis drei Prozent“, sagte Dr. Stefan Eisner bei der Präsentation der Ereignisses.

Sein Beratungsunternehmen NSI Consult, das gemeinsam mit der Stadt Staßfurt den Fragebogen entwickelt hatte, stellte die Ergebnisse kürzlich öffentlich vor. Auch die Beteiligung am Leitbildprozess insgesamt, mit 60 Teilnehmern bei den Bürgerabenden, war überdurchschnittlich hoch.

Das zeige, so Dr. Stefan Eisner, dass die Staßfurter eine sehr hohe Bindung an ihre Stadt haben und dass sie aktiv vorwärtsgewandt die Zukunft ihrer Stadt mitgestalten wollen. Und das auch oder obwohl die Staßfurter wissen, dass die Stadt in mehreren Aspekten ihre Defizite hat. Auch Oberbürgermeister Sven Wagner sprach in dem Zuge von „einer Aufbruchsstimmung in unserer Stadt“, selbst ganz begeistert von der Teilnehmerquote.

Die Ergebnisse der Bürgerbefragung: Was die Staßfurter vor allem stört, sind der Zustand der Straßen und Wege, das Ortsbild und die mangelnde Sauberkeit sowie das schlechte Arbeitsplatzangebot. Hier wurden Schulnoten zwischen 4 und 4 minus vergeben. Als schlecht empfinden sie auch die Entscheidungen der Kommunalpolitik sowie die Einkaufsmöglichkeiten für Bekleidung und Elektronik - hier gab es ebenfalls die Note 4.

Beklagenswert sind aus Sicht der meisten Umfrageteilnehmer auch die Erreichbarkeit aller Orte mit öffentlichen Verkehrsmitteln, das Freizeitangebot für Kinder und Jugendliche sowie das für Familien und Erwachsene.

Zufriedenheit zeigte sich hingegen bei den Fragen, wo die Note 2 vergeben wurde: Die Bestnote erreichten mit 1,99 die Einkaufsmöglichkeiten für Lebensmittel. Eine 2 bekamen auch das Angebot an Kitas, eine 3 plus das Vereinsangebot der Stadt und das Angebot an Schulen sowie die Frage nach der Gesamtzufriedenheit („Ich lebe gern in Staßfurt“ 2,66).

Aber sind diese Punkte in den Augen der Umfrageteilnehmer auch wichtig für die Zukunft? Auf die Frage, was Schwerpunkte bis 2030 für die Stadtentwicklung sein sollen, wurde geantwortet: Staßfurt soll vor allem familien- und kinderfreundlicher werden. Und Staßfurt soll jugendfreundlicher werden. „Hier steht für die Staßfurter wieder das gesellschaftliche Miteinander im Vordergrund“, erklärte Heiko Henning vom Beratungsunternehmen.

Im Vorfeld der Bürgerabende hatte sich bereits herausgestellt: Die Staßfurter legen viel Wert auf Miteinander und Herzlichkeit, auf bürgerschaftliches Engagement, Vereine sind hier sehr aktiv und bei Veranstaltungen hat Staßfurt gleich großen Städten viel voraus.

Das erklärte, warum Einrichtungen wie Tiergarten, Salzland Center oder Löderburger See so wichtig für die Bürger sind, wie die Umfrage zeigt. Das sind allesamt Orte, wo die Menschen aus Staßfurt und Umgebung ihre Freizeit verbringen.

Den Bürgern ist es somit laut Umfrage wichtiger, für die eigenen Kinder, Jugendlichen und Familien etwas zu tun, als Staßfurt für den Tagestourismus attraktiv zu machen.

Denn dieser Punkt ist bei den Staßfurtern auf dem letzten Platz gelandet. Dass Staßfurt keine Tourismusstadt ist, war den Beratern schnell klar und ist offensichtlich auch den meisten Bürgern klar. „Die Bürger haben hier ein feines Gefühl für die Realität“, so Heiko Henning.

Was ihnen aber gleich nach Familien- und Kinderfreundlichkeit wichtig ist, ist Staßfurt als Gewerbestandort nach vorn zu bringen und moderne und innovative Arbeitsplätze zu schaffen. Dies stehe somit nun ganz oben auf der Agenda der Stadt und werde sicherlich auch eine große Herausforderung sein, so die Meinung der Berater.

Dass feine Gespür der Staßfurter für die Realität zeige sich auch dadurch, dass sie richtig einschätzen, wo es in der Stadt noch hakt: Zum Beispiel wissen sie, dass die Stadt in Teilen eben nicht ansprechend aussieht und dass Leerstand und Ruinen das Stadtbild verschandeln.

Und so ist es auch der größte Wunsch der Befragten, dass die Steinstraße und das Zentrum in Zukunft verbessert werden sollen. Es soll ein richtiger Stadtkern entstehen, der Aufenthaltsqualität hat. „Das ist eine Bitte an die Stadt: Macht etwas draus! Entwickelt das weiter!“, interpretiert Dr. Stefan Eisner die Werte aus der Befragung.

Beliebte Orte für die Freizeitbeschäftigung sind bei den Staßfurtern der Stadtsee, der Tiergarten, das Salzlandtheater, das Stadt- und Bergbaumuseum, das Salzland Center und der Löderburger See. Auch einen Spaziergang an der Bode wählen die Staßfurter, wenn sie ihren Gästen etwas zeigen wollen. Bei der Präsentation der Ergebnisse sorgte es für Verwunderung, dass nicht auch das Schloss Hohenerxleben oder das Strandsolbad als Naherholungsorte zuerst genannt wurden. Auch das Thema Rundfunk- und Fernsehtechnik oder Kalibergbau kamen nicht wesentlich in der Befragung vor.

„Das wird auch daran liegen, dass überdurchschnittlich viele junge Leute an der Befragung teilgenommen haben“, so Heiko Henning. Für die 21- bis 30-Jährigen sowie für die 31- bis 45-Jährigen spielen Kalibergbau und Fernsehproduktion als historische Werte von Staßfurt kaum noch eine Rolle.

In der Umfrage ist also die Meinung der Familienväter und -mütter stark vertreten, die sich Gedanken um die Zukunft bis 2030 machen - im Prinzip die Zeit, in der ihre Kinder aufwachsen. Diese junge bis mittelalte Generation machte mehr als die Hälfte der Befragten aus. „Das ist die Altersgruppe, die die Stadt in den nächsten Jahren voranbringt“, so Heiko Henning. „Sonst ist das übrigens eine Altersgruppe, die schwer für Umfragen zu motivieren ist.“ Daher sei ihre hohe Beteiligung besonders hoch einzuschätzen. Die 61- bis 110-Jährigen waren zusammen mit 30 Prozent vertreten.

Die Aspekte und Wünsche der Bürger fließen nun in das neue Leitbild der Stadt Staßfurt ein: Das gesellschaftliche Miteinander in Form eines familienfreundlichen und jungen Staßfurt wird Schwerpunkt für „Staßfurt 2030“, ebenso wie die Entwicklung von Wirtschaft und Arbeitsplätzen und die verstärkte Förderung von Ehrenamt, Vereinen und bürgerschaftlichem Engagement. Städtebauliche ist nun das Zentrum um die Steinstraße Hausaufgabe für die Stadt, ebenso wie mehr Sauberkeit, ein schöneres Erscheinungsbild und weniger Schandflecken und Leerstand.

Diese neuen Leitlinien, die auch noch einmal in einem Dokument festgehalten werden, wurden in dem neu erdachten Leitsatz „Wir springen vor“ zusammengefasst. Alles soll dem Stadtrat vorgestellt und zum Beschluss vorgelegt werden.