Bürgerarbeiter erarbeiten die Geschichte der Unseburg / Führung am Sonnabend Zeitzeuge wird Stück für Stück freigelegt
Seit Monaten wird am Wall in Unseburg gearbeitet. Was dort im Rahmen der Bürgerarbeit passiert, wird in die Geschichtsbücher der Gemeinde eingehen. Vermutlich wurde ein Stück der alten Unseburg gefunden und freigelegt.
Unseburg l Es klingt fast wie ein Märchen oder eine Sage. Aber die Unseburg hat es wirklich gegeben. Wo sie genau stand, und wie sie aussah, kann man nur vermuten. Fest steht aber, dass sie von einem Wall umgeben war. Denn Reste der ehemaligen Burganlage sind noch heute im Gelände sichtbar: der Wallberg. Und genau dort herrscht seit einigen Monaten Hochbetrieb. Harald Werner, Yvonne Pollack und Olaf Eistädt sind Bürgerarbeiter. Im vergangenen Jahr begannen sie bereits damit, das Gelände um den Wall freizulegen. Dass sich im Wall ein Zeitzeuge der Burg versteckt, war schon lange klar. Doch bisher fehlte das Geld. Über das Projekt Bürgerarbeit kann nun realisiert werden, was man in Unseburg schon vor Jahren geplant hatte: die Freilegung des Zeitzeugen. Anja Kolditz aus Unseburg, die nicht nur Vorsitzende der Abteilung Heimatstube im Förderverein des gemeindlich-kulturellen Lebens Unseburg, sondern auch Mitarbeiterin des Landesamtes für Archäologie und Denkmalpflege Sachsen-Anhalt ist, unterstützt das Projekt ehrenamtlich.
Natürlich ist auch sie an der Geschichte der Burg interessiert. "Ich bin mir fast zu 100 Prozent sicher, dass wir hier einen der zur Burg gehörenden Türme freigelegt haben", erklärt Anja Kolditz. Denn schon in der Unseburger Chronik nach Nehring steht geschrieben, dass die Hauptburg mit einer drei Meter dicken und hohen Mauer umgeben war. Die Ecken der Anlage wurden durch starke Wehrtürme geschützt und der Eingang mit zwei befestigten Tortürmen versehen. Die Reste der Grundmauern des südlichen der beiden Tortürme, so heißt es in der Chronik weiter, waren noch bis vor wenigen Jahren erhalten und haben bis in die 1930er Jahre dem Unseburger Amt als Eiskeller gedient. Bevor die Bürgerarbeiter anrückten, war von diesen Grundmauern nichts mehr zu sehen.
Jetzt nimmt der Turm wieder Gestalt an. "Der Raum war bis unter die Decke mit Schutt und Müll voll. Den mussten wir erst einmal entfernen", erinnert sich Harald Werner an die Anfänge. Oberhalb des Walles ist nach dem harten Winter 2009/2010 außerdem die Erdschicht eingebrochen. Wasser kann eindringen, das dem Mauerwerk zusetzt. "Jetzt muss etwas passieren", erklärt Anja Kolditz. Die Vorbereitungen laufen.
Stück für Stück wird immer mehr des alten Turmes freigelegt. Zusammen mit der ÖSEG, der Denkmalpflege und dem Landesamt für Archäologie und Denkmalpflege verfolgt man ein Ziel: die Reste der Burganlage zu erhalten. In mühevoller Kleinarbeit arbeiten sich die Bürgerarbeiter voran. Denn nicht nur das Mauerwerk weist auf eine Bebauung aus dem Mittelalter hin. "Bei der Freilegung kamen Funde aus dem Mittelalter und auch ältere hervor", erklärt Anja Kolditz.
Ergebnisse zusammengefasst in einer Dokumentation
Die Bürgerarbeiter haben sich im Laufe der Zeit zu wahren Ausgrabungs-Spezialisten entwickelt. Ausgehobene Erde wird akribisch durchgesiebt. "Wir wissen jetzt schon, was wichtig ist, und welche Steine zum Beispiel schon aus der neueren Zeit stammen", erklärt Yvonne Pollack. Alles wird genau dokumentiert. Den endgültigen Blick wirft natürlich Anja Kolditz dann auf die Funde. "Nach drei Jahren wollen wir zusammen mit der ÖSEG eine Auswertung herausgeben, in der alle Funde und Ergebnisse genau dokumentiert sind", erklärt Anja Kolditz weiter. Jetzt ist man auch noch auf einen Weghorizont gestoßen, der zur alten Burganlage gehören könnte. Immer wieder neue Details kommen ans Tageslicht. Der Geschichte der Burg kommt man immer näher.
Unseburg wird erstmalig im Jahre 939 urkundlich erwähnt. "Frühgeschichtliche Bodenfunde im Bereich der ehemaligen Burganlage belegen aber, dass diese nicht erst zu Zeiten Heinrich I. oder Otto I. angelegt worden ist, sondern im 7. bis 8. Jahrhundert durch die siedelnden slawischen Stämme.
Unseburg wird zuerst als "Unnesburg" erstmalig erwähnt. Grob übersetzt steht der Name für eine Burg, die auf einer Erhöhung im Sumpf oder Wasser liegt. Man geht davon aus, dass Heinrich I. Unseburg zu einer starken Burg während der Kämpfe im 9. und 10. Jahrhundert ausbauen und befestigen ließ. Sein Sohn, Otto I., übernahm 936 die Macht. In seine Politik war auch die Kirche eingeordnet. Otto gründete 937 in Magdeburg das Kloster St. Mauritius und versah es mit Grundbesitz durch Schenkungen. Dazu zählte 939 auch Unseburg, das unter Otto als Stärkung des Erzbistums Magdeburg diente.
Die Burg verlor allmählich ihre Position als Grenzbefestigung. Um das Jahr 1213 wurde die Unseburg, die ins Eigentum des Erzbischofs von Magdeburg eingegangen war, von den Grafen Walter von Barby sowie von Friedrich und Wilhelm von Ammensleben zu einem Raubritternest ausgebaut. Sie plünderten und brandschatzten die Umgebung. Erzbischof Albrecht II nahm aus diesem Grund zusammen mit Heinrich von Anhalt die Burg ein und ließ sie 1218 zerstören. Vereinzelt findet man heute noch Reste der Burg im Gelände. Die drei Plünderer wurden in Ketten abgeführt. Was mit ihnen passierte, ist ungewiss. 1302 wurde der Burgwall mit Ruine und ein Teil des Ortes an das Kloster Riddagshausen verkauft. Wo damals die Burg stand, wurde später ein Friedhof angelegt. Auch den gibt es nicht mehr. Außerdem nutze man das Areal für Volksfeste.
Morgen auch Führung entlang des Burgwalls
Morgen lädt der Heimatverein Unseburg zum Tag der offenen Tür ein. In diesem Zusammenhang soll es auch einen historischen Rundgang durch die Gemeinde geben. Beginn ist um 16 Uhr auf dem Gelände der Heimatstube. Natürlich wird der Burgwall auch in die Führung eingearbeitet. Dann können sich alle Interessierten vor Ort ein Bild von den Ausgrabungen und Freilegungen machen. Anja Kolditz lädt dazu ein.