Probleme Zu viele Ruinen in Staßfurt
Die Stadt Staßfurt hat massenweise Ruinen und herrenlose Grundstücke. Sie sind eine Gefahr - nicht zuletzt wegen der aktuellen Brandserie.
Staßfurt l „Das geht so nicht weiter“, meldet sich Stadtrat Johann Hauser (FDP) bei der Volksstimme. Nach dem Großbrand in der Industriestraße am Sonntag werde das große Problem, das Staßfurt mit leerstehenden Grundstücken hat, wieder sehr deutlich. „Die Stadt muss sich um die Sicherung solcher Grundstücke kümmern“, fordert er. „Wir haben in der Stadt eine explodierende Anzahl herrenloser Grundstücke.“ Er meint nicht nur verlassene Gewerbegebiete wie in der Industriestraße, in Neu Staßfurt oder an der Liethe, sondern auch das ehemalige Bahngelände in der Güstener Straße sowie leerstehende Bauernhäuser und einstige Fabriken in Ortsteilen wie Atzendorf.
Es sei ganz klar, dass sich die Stadt nicht allein um alle Grundstücke kümmern kann, aber sie müsse dann zumindest die Eigentümer vehementer zu Sicherungsmaßnahmen auffordern. „Auch wenn alles teuer ist und wir kein Geld haben, es geht um die öffentliche Sicherheit“. „Es spielen Kinder in solchen Ruinen und Brachflächen. Und bei dieser Witterung reicht ein Funke und alles brennt lichterloh. Das haben wir am Sonntag gesehen.“
Johann Hauser hatte sich deswegen schon politisch bemüht: Im Stadtrat im Mai hatte er erklärt, dass man das Verhalten mancher Grundstückseigentümer so nicht durchgehen lassen könne: Wenn jemand fünf Monate Zeit habe, die Dinge auf seinem Grundstück zu regeln, kann es nicht sein, dass dann einfach die öffentliche Hand einspringt die Ersatzmaßnahmen zahlt. „Auf meine Anfrage habe ich immer noch keine Antwort von der Stadt“, schimpft Hauser.
Ebenso ist sich Hartmut Wiest mit seiner Stadtratsfraktion UWG Salzland/AfD der Dringlichkeit des Themas bewusst. Er hat bereits eine konkrete Idee, die er als Mitglied des neuen Sicherheitsbeirats der Stadt vorschlagen will. Der Beirat soll Mitte Juli tagen, jede Stadtratsfraktion, Ordnungsamt, Oberbürgermeister und Polizei sind vertreten. Herrenlose Grundstücke und Ruinen - Gebäude, wo die Gefahr der Brandstiftung besonders hoch ist - sollen mit Brandmeldeanlagen ausgestattet werden. Die Stadt Staßfurt soll die Grundstückseigentümer verpflichten, so ein Gerät zu installieren. Nach der Vorstellung der Fraktion soll diese Pflicht in der Gefahrenabwehrverordnung der Stadt festgeschrieben werden. „Damit wollen wir die Gefahr versuchter Brandstiftung abmindern“, so Hartmut Wiest. „Grundstückseigentümern, die dem nicht nachkommen, soll ein Bußgeld drohen.“
Wiest meint damit sowohl Lagerhallen in Industriebrachen als auch leerstehende Privatgelände. „Der Eigentümer ist in der Verantwortung. Bei Wohnhäusern wurden die Eigentümer ja auch schon verpflichtet, Rauchmelder in den Wohnungen zu installieren.“
Oberbürgermeister Sven Wagner hatte bereits angekündigt, dass man den Schrottimmobilien den Kampf ansagen muss (Volksstimme berichtete). Es müsse „mit dem gesamten Areal Industriestraße etwas passieren.“ Mit Bauordnungsamt, aber auch den Landesministerien sollen Pläne geschmiedet werden.
Nicht zuletzt hatten auch Anwohner der Industriestraße mehr Engagement von der Stadt gefordert, solche Brachen abzusperren, abzureißen und das Gelände dem Erdboden gleich zu machen.
Das aktuelle Verfahren im Umgang mit Schrottimmobilien befriedigt also niemanden. Aktuell greifen Behörden nur ein, wenn Gefahr im Verzug ist, dass heißt, wenn Teile auf öffentliche Flächen stürzen und Menschen verletzen können.
Es ist jedoch nicht so, dass man sich nicht gekümmert hat. Die Stadt ist aufwendig mit dem Thema befasst - seit Jahren. Die Eigentümer solcher Objekte werden regelmäßig angeschrieben. Diese werden aufgefordert, die einsturzgefährdeten Gebäude oder gefährlichen Gelände zu sichern. Es wird hier gehandelt nach dem Prinzip „Der Eigentümer ist zuerst in der Pflicht“.
Das Ordnungsamt der Stadt beobachtet den Zustand verfallender Gebäude regelmäßig beim Außendienst. Nach besonderen Ereignissen wie dem Brand oder wenn sich der Zustand einer Immobilen verschlechtert, wird der Eigentümer nochmal angeschrieben. Nicht immer wird reagiert.
Ist es dann soweit, dass von dem Gebäude eine Gefahr ausgeht, wird der Fall dem Salzlandkreis als zuständige Behörde mitgeteilt. Aktuell hat Staßfurt dem Salzlandkreis 57 Problemobjekte gemeldet, 39 seien abgearbeitet, 18 seien noch in Arbeit, berichtet Johann Hauser aus seinen Informationen.
Ein Beispiel für so ein Problemgebäude ist der alte Güterbahnhof in Staßfurt, der am 27. Mai ausbrannte: Dort scheint es sich hinzuziehen, bis der Eigentümer handelt und die Baracke abreißen lässt. Deswegen hatte das Ordnungsamt selbst eine Absperrung veranlasst, die ständig erneuert werden muss, weil die Absperrbänder gern weggerissen werden. Martin Kühnert vom Ordnungsamt erklärt: „Uns dauert das als Stadt einfach zulange bis der Eigentümer hier handelt. Deswegen sperren wir wenigstens immer wieder ab. Es besteht eine Gefahr für Leib und Leben, wenn sich dort jemand herumtreibt. Das Holz kann jeden Augenblick herunterkommen.“
Der Salzlandkreis, der für die Sicherung zuständig ist, wenn Gebäude eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit werden und der Eigentümer nichts macht, leitet weitere Schritte dann meist über Gerichte ein, nachdem der Eigentümer nochmal aufgefordert wurde, aktiv zu werden.
Es folgt eine Sicherung des Gebäudes oder der Abriss und das Aufstellen von Bretterwänden. Der Eigentümer bekommt eine Rechnung geschickt.
Wenn nicht gezahlt wird, bleibt der Landkreis auf der Rechnung sitzen. In vielen Fällen ist aber auch gar kein Eigentümer mehr zu finden und der Salzlandkreis muss auch dann abreißen lassen. Um die zehn Millionen Euro gibt der Salzlandkreis pro Jahr für solche Arbeiten aus.
In Alsleben hatte es im Mai einen richtigen Aufschrei wegen des Themas gegeben: Eine Bürgerinitiative aus der Stadt wollte sich für den Abriss alter Ruinen im Zentrum einsetzen, aber dies wurde mit Hinweis auf den Denkmalschutz verwehrt. Im Kreistag Bernburg machte die Bürgerinitiative so sehr Stimmung, dass der Salzlandkreis die Zusammenarbeit mit dem Land und dem Denkmalschutz aufgenommen hat. Ziel war es, den Denkmalschutzstatus solcher Ruinen abzuerkennen, damit man einschreiten kann. Auch in Egeln entwickelte sich der Fall eines ruinösen Gebäudekomplexes Anfang dieses Jahres so positiv, dass ein Abriss nach etlichen verwaltungstechnischen Verfahren möglich wurde.