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ADFC-Umfrage Radfahrer geben Stendal die Note 4

Aus Sicht der Fahrradfahrer kommt Stendal wieder schlecht weg. Im "Fahrradklima-Test" gab es für die Stadt nur die Note 4,2.

Von Nora Knappe 12.04.2019, 01:01

Stendal l Unzufriedenheit lässt sich in Zahlen fassen. Dass die Stendaler unzufrieden mit der Situation für Radfahrer sind, zeigt sich erneut bei der Auswertung des Fahrradklima-Tests des ADFC, also der Lobbyvereinigung für Fahrradfahrer: Gab es im Test 2016 gerade mal eine 4, hat Stendal diesmal sogar nur die Note 4,2 bekommen. 111 Fahrradfahrer haben ihre Stimme abgegeben. Die Umfrage wird alle zwei Jahre durchgeführt und vom Bundesverkehrsministerium gefördert.

Aus Sicht des ADFC verwundert diese schlechte Benotung nicht. „Die allgemeine Tendenz für Stendal wie für ganz Sachsen-Anhalt ist Stagnation“, urteilt Mario Peine, stellvertretender Landesvorsitzender des ADFC in Sachsen-Anhalt. Zu Stendal speziell meint er, dass die vorhandenen Radverkehrsanlagen „nahezu nirgends modernen Ansprüchen“ genügten: „Schmal, nicht gut erkennbar, hören oft abrupt auf, weisen Schlaglöcher auf und besitzen teilweise willkürliche Beschilderungen.“ Die neuen Kreisverkehre an Heerener und Salzwedeler Straße seien beste Beispiele für schlechte Integration des Radverkehrs.

Was nun haben die Stendaler Radfahrer zu bemängeln? Ihnen fehlen öffentliche Fahrräder und Werbung fürs Radfahren. Sehr schlecht kommt zudem die Führung an Baustellen weg. Es folgen die Breite der Rad- oder sonstigen befahrbaren Wege und der Winterdienst auf Radwegen. Gelobt werden hingegen die Erreichbarkeit des Stadtzentrums und das zügig mögliche Radfahren, und es wird als positiv empfunden, dass Alt und Jung gleichermaßen das Fahrrad zur Fortbewegung nutzen.

Allerdings wird der Blick wiederum kritischer, wenn es darum geht, Kinder allein Rad fahren zu lassen. In den fünf Zusatzfragen zur Familienfreundlichkeit gab es durchweg nur „Ausreichend“. Die Mehrheit der Abstimmenden findet, dass man „selbst größere Kinder nicht mit gutem Gewissen allein Rad fahren lassen“ könne. Auch könne man auf Radwegen „nicht gut mit dem Kinderanhänger oder Lastenrad fahren“. So verwundert die überwiegende Einschätzung nicht, dass es „unüblich (sei), dass Kinder mit dem Rad zur Schule fahren“.

Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU) redet da nichts schön: „Wir sind uns der aufgeführten Problemfelder durchaus bewusst und versuchen diese nach und nach auszubessern“, sagt er auf die Volksstimme-Bitte nach einer Einschätzung. „Doch ist unser Handlungsspielraum durch eine vergleichsweise enge Innenstadt und eine geänderte Gesetzeslage begrenzt.“

Bundesweit haben bei der Befragung 170 .000 Menschen mitgemacht und damit ein Bild über den Radverkehr in knapp 700 Städten und Gemeinden geliefert. Die Note für die Fahrradfreundlichkeit sank von 3,8 vor zwei Jahren auf 3,9. „Damit ist das Radklima in Deutschland nur ausreichend“, heißt es vonseiten des ADFC. „Auch das Sicherheitsgefühl hat sich auf 4,2 verschlechtert. 81 Prozent möchten getrennt vom Autoverkehr Rad fahren.“

Dieser Wunsch widerspricht im Grunde dem Anliegen des ADFC, dass Radfahrer gleichberechtigt mit dem Autoverkehr auf der Straße fahren sollten. Offenbar scheuen Fahrradfahrer aber dieses in der Tat oft sehr nervenaufreibende Pseudo-Miteinander und weichen lieber auf den Gehweg aus. Das nächste Konfliktfeld ist damit eröffnet.

Mario Peine vom ADFC, der in Stendal zu Hause ist, kennt dieses Problem: „Das Fahrradklima hier ist eher so, dass Rad mehr auf den Gehwegen gefahren wird. Selbst in Berlin auf der verkehrsreichen Friedrich- und der Leipziger Straße, wo größtenteils keine Radverkehrsanlagen vorhanden sind, fährt niemand auf den Gehwegen.“

Stendals Oberbürgermeister indes weckt Hoffnung mit dem Verweis auf die AG Radwegekonzept, in der Mitarbeiter der Verwaltung, aus dem Stadtrat und dem ADFC vertreten sind. „Sie wurde gegründet, um (...) Probleme für den Fahrradverkehr ausfindig zu machen. Die dort erarbeiteten Erkenntnisse fließen bereits in laufende Baumaßnahmen und unsere weitere Bauplanung ein.“