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Gerichtsurteil Eine Tote und vier Verletzte

Bei einem Zusammenstoß von zwei Pkw auf der B 189 bei Osterburg starb eine Frau, vier Personen wurden schwer verletzt.

Von Wolfgang Biermann 07.05.2019, 23:01

Stendal l Eine unschuldige tote Frau und vier, teils schwer Verletzte – kaum in Worte zu fassendes und noch immer nicht beendetes Leid brachte eine wegen fehlender Zigaretten gemachte Autotour über mehrere Familien. Und das auch noch an Weihnachten.

Um die strafrechtliche Aufarbeitung eines schweren Verkehrsunfalls auf der Bundesstraße 189 nahe Osterburg, der am 26. Dezember 2017 ein Menschenleben forderte und bei dem zwei Männer und eine Frau schwer und ein Insasse leicht verletzt wurden, ging es  in einem schwierigen und emotionsgeladenen Prozess vor dem Amtsgericht in Stendal. Am Ende wurde ein mehrfach vorbestrafter 29-Jähriger aus dem Norden des Landkreises wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung in drei Fällen zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 15 Euro (1.350 Euro) verurteilt.

Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Gericht zeigten sich davon überzeugt, dass der 29-Jährige am Steuer eines VW Golf V aufgrund deutlich überhöhter Geschwindigkeit und eines Fahrfehlers zunächst ins Schleudern geriet und in der Folge mit einem im Gegenverkehr befindlichen VW Golf VI auf der Gegenfahrbahn kollidierte.

Die 50-jährige Beifahrerin des Golf VI starb noch an der Unfallstelle. Ihr ebenfalls 50 Jahre alter Ehemann erlitt als Fahrer schwerste Verletzungen. Nach Angaben des Anwalts, der den Autofahrer im Prozess als Nebenkläger vertrat, musste dieser mehrere Monate in einem Rollstuhl verbringen und befindet sich noch immer wegen starker körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen in Behandlung.

Im Plädoyer folgte der Staatsanwalt und mit dem Urteil später auch das Gericht dem Gutachten des Unfallsachverständigen Carsten Wegner. Der hatte in seinem Gutachten errechnet, dass der Angeklagte in der Tempo-70-Zone wahrscheinlich mit fast 158 Stundenkilometern unterwegs war, mindestens jedoch mit Tempo 120. Dem Angeklagten schrieb Wegner einen Fahrfehler als Unfallursache zu. Technische Mängel am Fahrzeug schloss der Gutachter aus, ebenso äußere Beeinträchtigungen, wie schlechtes Wetter, Blendwirkung oder einen Defekt am Fahrzeug.

Der 29-Jährige entschuldigte sich über seine Verteidigerin bei dem Opfer. Der Angeklagte selbst war beim Unfall auch schwer verletzt worden. Seine Lebensgefährtin ebenso. Sie hatte Glück im Unglück. Die 26-Jährige war nicht angeschnallt und wurde beim Aufprall aus dem Wagen ihres Freundes geschleudert. Sie lag etwa einen Monat im Koma. Wäre sie angeschnallt gewesen, hätte sie möglicherweise den Unfall nicht überlebt, sagte der Gutachter.

Sie war es, die als Zeugin angab, dass die Autofahrt wegen fehlender Zigaretten gemacht wurde. Ziel sei die Tankstelle an der B 189 bei Osterburg gewesen. Die Autofahrt endete kurz davor im Fiasko. Mit im Auto des 29-Jährigen befand sich auf der Rückbank sein 23-jähriger Kumpel. Er wurde nur leicht verletzt. Alle Unfallbeteiligten in beiden Autos gaben an, sich nicht an den Hergang erinnern zu können.

In einer Polizeimeldung hieß es damals, dass der Angeklagte bei einem Drogenschnelltest positiv auf Kokain und Amphetamin reagiert hätte. Eine Blutprobe ergab indes keinen Hinweis auf Rauschgiftkonsum.

„Ich möchte nie in einer Situation wie der Ihrigen sein“, sagte Richter Rainer Mählenhoff in der Urteilsbegründung zum Angeklagten. „Ich denke jeden Tag an die Opfer“, entgegnete der 29-Jährige. „Sie leben – das ist das Entscheidende.“ Das Wort Schuld passe in solchen Fällen nicht, sofern es sich um ein Momentanversagen handelt und es nicht vorsätzlich geschieht. Als Fahrer müsse man sich aber „ständig bewusst sein, dass Autos Geschosse sind, die wir nicht kontrollieren können“, schloss Richter Mählenhoff die Verhandlung.

Die Verteidigerin hatte Freispruch gefordert, der Opferanwalt eine Haftstrafe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Berufung und Revision dagegen sind möglich.