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Amtsgericht Nachbarschaftsstreit eskaliert

Um einen seit Jahren mehr oder minder offen ausgetragenen Streit zwischen Nachbarn in Tangermünde ging es vor dem Stendaler Amtsgericht.

Von Wolfgang Biermann 26.02.2019, 15:00

Stendal l Verbale Attacken sind offenbar an der Tagesordnung. Und nicht nur das. Wobei von den Parteien wohl niemand mehr wirklich weiß, worin die Streitereien begründet sind. Rollenwechsel auf Anklage- und Zeugenbank: Saß im Mai 2018 ein inzwischen aus der Straße verzogener 59-Jähriger wegen Körperverletzung und Beleidigung auf der Anklagebank, nahm er diesmal als angebliches Opfer auf der Zeugenbank Platz, und musste sich sein 51 Jahre alter ehemaliger Nachbar einer Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung mittels einer Säureattacke auf ein Auto erwehren.
Im Vorjahr wie auch im aktuellen Prozess gab es keinen eindeutigen Verlierer oder Gewinner. Das Verfahren gegen den 59-Jährigen wurde 2018 gegen Zahlung von 500 Euro Schmerzensgeld an die Ehefrau des jetzigen Angeklagten eingestellt. Das aktuelle Verfahren gegen den 51-Jährigen endete ebenfalls so. Er zahlt allerdings kein Schmerzensgeld, sondern 3000 Euro ans Stendaler Hospiz. Damit ist die Sache strafrechtlich für ihn ausgestanden.
Doch bis es zu dieser einvernehmlichen Regelung kam, mussten neun Zeugen in fast drei Stunden vernommen werden. Und – wie zu erwarten – gehörten die Zeugen zum Verwandten- oder Bekanntenkreis der jeweiligen Partei. Die Stühle im Saal waren von Zuschauern gefüllt, so dass Richterin Petra Ludwig zum Auftakt in die Runde fragte: „Handelt es sich um ein Aufsehen erregendes Verfahren?“
Worum ging es konkret: Der 51-Jährige war angeklagt, am Abend des 17. August vorigen Jahres das Auto des 59-Jährigen mit Säure übergossen, den Fahrer selbst mit einem Laubbbesen attackiert und verletzt sowie den Pkw beschädigt zu haben. Gutachterlich festgestellter Schaden am angeblich zuvor unbeschädigten Wagen: 3572,20 Euro.
Der Angeklagte stritt sowohl die körperliche Attacke als auch die Sachbeschädigung ab. Im Gegenteil, er will vom mutmaßlichen Opfer erst beschimpft und sodann bedroht worden sein. Das Geschehen soll sich hinter den Grundstücken an einem Weg zugetragen haben. Er hätte wohl am Tatabend Laub gekehrt, weiter aber nichts getan, so der Angeklagte. Aussage gegen Aussage also.
Direkte Zeugen gab es keine. Das Auto habe aber nun mal Schäden und der Gegenpart leichte Verletzungen davongetragen. Ein Freispruch käme daher kaum in Betracht, machte Richterin Ludwig klar. Angesichts dessen stimmte der Angeklagte der vom Gericht vorgeschlagenen Einstellung gegen Geldauflage schließlich zu.