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Amtsgericht Wollte Automat den Zehner nicht?

Ein Angeklagter gab vor dem Stendaler Amtsgericht an, er sei nur schwarz gefahren, weil der Automat sein Geld nicht wollte.

Von Wolfgang Biermann 22.05.2019, 23:01

Stendal l Mit der Einstellung des Verfahrens ohne jegliche Auflagen endete in der Vorwoche die Verhandlung am Amtsgericht Stendal für einen 40-jährigen Tangermünder. Er war der Leistungserschleichung, besser bekannt als Schwarzfahren mit der Bahn, angeklagt. Doch die mit Geldstrafe oder Gefängnis bis zu einem Jahr bedrohte Straftat konnte ihm nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden.

Zwar wurde er am Morgen des 4. Juli vorigen Jahres ohne gültiges Ticket in einer von Oebisfelde nach Stendal verkehrenden Regionalbahn in der Nähe von Vinzelberg angetroffen, jedoch konnte ihm nicht widerlegt werden, dass er versucht hatte, eine Fahrkarte zu erwerben. Schaden: 14,60 Euro.

Nach seinen Angaben nimmt der 40-Jährige als Rauschgiftabhängiger an einem sogenannten Drogenersatzprogramm teil. Dazu müsse er regelmäßig zur Behandlung und zum Abholen seiner Medikamente in die Salus-Klinik nach Uchtspringe fahren. So sei es auch an jenem Tag gewesen. Hingefahren sei er von Tangermünde aus mit einer ganz normalen Fahrkarte.

Für die Rückfahrt hätte er am Fahrkartenautomaten in der Bahn ein preisgünstiges Hopperticket für knapp sechs Euro erwerben wollen und dazu einen Zehneuroschein benutzt. Doch der Automat hätte den Schein immer wieder „ausgespuckt“. Die Suche nach einem Schaffner sei erfolglos geblieben. Also hätte er sich hingesetzt. Mehrere Kumpels könnten das bezeugen. Dann seien zwei Ticketkontrolleure in Zivil gekommen. Die stellten seine Personalien fest und erstatteten Anzeige.

Eine der Zugbegleiterinnen, die am Tattag ihren Dienst als Kontrolleurin verrichtete, war als Zeugin geladen. Doch die gab an, sich an den Vorgang vor gut zehn Monaten nicht erinnern zu können. „Ich habe etwa zehn Schwarzfahrer pro Tag“, erklärte sie.

Ihren Unterlagen zufolge war der Fahrkartenautomat in Ordnung. Es gebe nur einen in jeder Bahn. Den Angeklagten habe sie in einer Gruppe von acht Mann angetroffen, zitierte sie aus ihren Unterlagen.

Auf die Frage, warum er denn nicht schon bei der Hinfahrt ein Hopperticket gekauft habe, sagte der 40-Jährige, dass es dieses erst nach 9 Uhr gebe. Man könne es nicht im Vorverkauf erwerben. „Es ist nicht auszuschließen, dass es tatsächlich so war, wie der Angeklagte angibt“, begründete Richter Thomas Schulz schließlich die Einstellung des Verfahrens zulasten der Staatskasse.

Ganz schmerzlos blieb die Sache dann aber doch nicht für den Angeklagten. Denn die Bahn hatte von ihm ein sogenanntes erhöhtes Beförderungsentgelt in Höhe von 74 Euro für die Fahrt am 4. Juli verlangt. Und die Summe hatte er in drei Raten an die Bahn gezahlt, wie er vor Gericht nachweisen konnte.