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Jüdisches Museum Berlin auf Schultour: Gestern Ausstellung und Workshops im Hildebrand-Gymnasium Auch in der Jeans steckt jüdische Geschichte

Von Nora Knappe 01.06.2013, 03:12

"Jeder Schüler in Deutschland sollte mindestens einmal das Jüdische Museum Berlin besucht haben", hat sich Museumsdirektor W. Michael Blumenthal zum Ziel gesetzt. Und weil nicht jeder ins Museum kommt, kommt das Museum zu den Schülern.

Stendal l Der Physiker Albert Einstein war Jude; Julius Fromm, der Erfinder der Kondome, war Jude; Levi Strauss, der Erfinder der Jeans, war Jude; auch die Entwickler der Nivea-Creme waren Juden. Diese Aha-Momente sind zwar spannend, aber nicht alleiniges Anliegen des mobilen Museumsprojekts "On tour - Das Jüdische Museum Berlin macht Schule". "Es geht uns vor allem darum, zu zeigen, was das Judentum, die Religion und Kultur ausmacht, wie sich das jüdische Leben nach 1945 gestaltete und gestaltet", sagt Jan Beckmann, der mit seinen Kollegen Samuel Schidem und Michal Kümper gestern Station im Stendaler Rudolf-Hildebrand-Gymnasium machte.

Mit Neunt-, Zehnt- und Elft-klässlern kamen sie in Workshops und einer interaktiven Ausstellung ins Gespräch und erlebten dabei eine "sehr offene Atmosphäre". Das Interesse der Stendaler Gymnasiasten und ihre klaren Fragen stehen im Gegensatz zu Schulen im südlichen Sachsen-Anhalt, wo die Tour-Mitarbeiter zum Teil mit Ignoranz bis hin zu latenten Anfeindungen konfrontiert wurden.

Im Hildebrand-Gymnasium sorgt unter anderem Geschichtslehrer Lutz Bollmann für die entsprechende Vorbildung über das Judentum. "Die jüdische Geschichte ist nun einmal Teil der deutschen Geschichte, das kommt bei ganz vielen Themen im Unterricht mit durch: sei es die NS-Zeit, die Zeit des Imperialismus oder die Nationalstaatenbildung in der einstigen Sowjetunion."

Geschichte findet auch vor der eigenen Haustür statt

Dem Lehrer gefällt die unverkrampfte, sachliche und nicht abgehobene Art der Museumspädagogen, den Schülern das Thema nahezubringen. Schade findet Bollmann allerdings, dass Regionalgeschichte laut den Rahmenrichtlinien für den Unterricht "bei Magdeburg aufhört". Der lokale Bezug des Workshop-Tags ist womöglich auch nicht allen Schülern bewusst: der jüdische Friedhof, die einstige Synagoge und die Stolpersteine in Stendal nämlich. "Das aufzunehmen, was hier vor der Haustür an Geschichte passiert ist, liegt in unserer eigenen Verantwortung", sagt Bollmann.

Dass die Museumspädagogen nach anfänglicher Scheu auf Seiten der Schüler auch schon einen sehr lebhaften Austausch innerhalb der Klassen in Gang gebracht haben, schildert Jan Beckmann: "Wir haben schon erlebt, dass durch unsere Tour zum Beispiel für muslimische Schüler eine Brücke gebaut wurde. Die haben ihren Klassenkameraden bei dieser Gelegenheit womöglich zum ersten Mal von ihren eigenen Traditionen erzählt."

Daran zeige sich, so Lehrer Bollmann, dass es bei der Ausstellung nicht nur allein um das Judentum geht, sondern generell um den Umgang mit Minderheiten, mit Vorurteilen und um Akzeptanz.