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Förderschüler Tim Ludwig fand mit viel Unterstützung aus Stendal eine Lehrstelle Aus "Keine Chance" wurde das große Glück

Von Sibylle Sperling 03.08.2012, 03:23

Benachteiligte Jugendliche auf den Weg zu bringen, dafür sorgt das Projekt "Straßenkinder". Der Förderschüler Tim Ludwig fand so eine Lehrstelle in der Region.

Stendal l Manchmal geht es ganz schnell. Noch vor vier Wochen hatte Tim Ludwig keine Aussicht auf eine Lehrstelle. Nun sitzt der 18-Jährige aus Tangermünde zurückhaltend im Konferenzraum des BMW-Autohauses; umringt von den Menschen, die dafür gesorgt haben, dass er heute seinen ersten Arbeitstag hat.

Denn eigentlich hatte der Förderschüler keine reale Chance auf dem Arbeitsmarkt. 13 Schuljahre liegen hinter ihm, der Hauptschulabschluss im Gepäck. Natürlich hat er Bewerbungen geschrieben. "So um die 30 werden es schon gewesen sein", sagt er. Als Landwirt habe er sich auch beworben, eben "für viele Sachen, die man in der Region so machen kann", ergänzt er. Dabei hat Ludwig in den letzten beiden berufsvorbereitenden Jahren durchaus gemerkt, was ihm Spaß macht: an Autos zu schrauben.

Und der Förderschüler hatte Glück. Das Projekt "Straßenkinder" der Wellergruppe - einer Berliner Automobil-Handelsgruppe - sorgt dafür, dass junge Menschen aus benachteiligten Situationen herausgeholt, in eine Firma vermittelt und ausgebildet werden. Dem hat sich auch das Stendaler B K Autohaus angeschlossen. "Deshalb haben wir kurzfristig einen zusätzlichen Ausbildungsplatz für einen Jugendlichen geschaffen, der vielleicht sonst auf der Straße landen würde", so Filialleiter Michael Seidemann. Doch die Suche nach einem Mechaniker-Lehrling war alles andere als einfach. "Wir hatten einige junge Leute, doch da fehlte die Bereitschaft."

Da kam die Hilfe der Altmärkischen Bürgerstiftung Stendal genau richtig. Sie knüpften Kontakte zu Schulsozialarbeitern, stellten so den Kontakt zu Ludwig her. "Wir haben eigentlich nur die Türen geöffnet", so Vorstandsmitglied Sybille Stegemann, die stolz darauf ist, das Projekt der Wellergruppe unterstützen zu können: "Wir setzen uns für Bildung und Erziehung ein, wollen helfen, eine junge Erwachsenengenration auf den Weg zu bringen." Deshalb hat die Bürgerstiftung auch für eine Patin gesorgt, für einen Menschen, der in den zwei Ausbildungsjahren dauerhaft für Ludwig da ist, als Schnittstelle zwischen Elternhaus, Betrieb und Schule.

Und Christa-Maria Henning, die 78-jährige Patin, begründet ihr Engagenment so: "Ich bin so gerne mit jungen Menschen zusammen. Das war ja mein Beruf. Und da lagen mir die Schwachen auch schon immer am Herzen." Für ihr ehrenamtliches Engagement war es höchste Zeit, findet sie. Ihn zu Gesprächen zu begleiten, bei Bewerbungen oder schriftlichen Aufgaben zu helfen, darin sieht die ehemalige Deutschlehrerin ihre Aufgaben. "Den jungen Leuten fällt es doch oft so schwer, sich zu artikulieren."

Seinen ersten Arbeitstag hat Tim Ludwig fast hinter sich; er hat Öl gewechselt, einen Pollenfilter ausgetauscht und sogar eine Pressekonferenz gemeistert. Vom Konferenzraum geht es zurück in die Werkstatt, wo sich die Kollegen tummeln. Ein Praktikant kommt auf ihn zu und macht Mut: "Wir sind hier alle ganz nett."