C42-Typentreffen lockte am Wochenende fast 40 Luftsportgeräteführer nach Stendal Borstel - Wallfahrtsort der Ultraleichten
Sie fliegen alle die Ikarus C42: Knapp 40 Ultraleichtflieger aus ganz Deutschland landeten am Sonnabend auf dem Borsteler Flugplatz. Zum fünften Mal war Typentreffen mit Fachsimpelei und Gemütlichkeit in Stendal angesagt.
Borstel l Er hatte den weitesten Weg, und er hat ihn mit einer Schleife übers Ruhrgebiet sogar noch etwas verlängert: Leon Alexis Schweizer war mit seinem Ultraleichtflugzeug im baden-württembergischen Heidenheim gestartet und nach fünfeinhalb Stunden in Borstel gelandet. "Hier geht es immer sehr familiär zu und vor allem: Ein solches alljährliches Ultraleichtfliegertreffen gibt es in Europa kein zweites Mal", erzählte er in schönstem Schwäbisch. Andere berlinerten auf dem Borsteler Flugfeld, wieder andere "sangen" Sächsisch, und die Kieler und Bremerhavener parlierten ein vornehmes Norddeutsch.
Schweizer ist zum vierten Mal dabei. Nur eines der fünf Typentreffen musste er ausfallen lassen. Im vergangen Jahr hatte er wegen schlechten Wetters auf den Trip nach Stendal verzichtet. Das ging vielen Fliegern, vor allem im Süden Deutschlands, dieses Mal ähnlich. "Ohne die Gewitter hätten wir bestimmt an die 100 Piloten mit ihren Flugzeugen hier begrüßen können", sagt Flugplatzchef Sieghard Geyhler.
So waren es nur knapp 40. Ein Großteil stellte die empfindlichen Geräte gleich nach der Ankunft in Borstel in den schützenden Hangar, denn auch am Borstler Himmel ballte sich am Sonnabend etwas Bedrohliches zusammen.
Die Stimmung unter den Piloten, die teilweise mit Angehörigen gekommen waren, litt darunter aber keineswegs. Zur Begrüßung lud sie der gastgebende Stendaler Aeroclub zu Kaffee und Kuchen ein. Am Abend waren Musik und Tanz angesagt; ein Johnny-Cash-Double wurde erwartet.
"Stendal ist inzwischen zu einer wichtigen Hausnummer in der Ultraleichtfliegerei geworden", bescheinigt Jörg Hannemann den Gastgebern. Er ist Diplom-Ingenieur und Testpilot bei Comco Ikarus, dem in Hohentengen in Oberschwaben ansässigen Hersteller der C42, dem meistgeflogenen Ultraleichtflugzeug in Deutschland.
So war es kein Zufall, dass ein bedeutsamer Meilenstein in der Entwicklungsgeschichte der Branche am Sonnabend in Borstel gesetzt wurde. Hannemann erhielt aus der Hand von Michael Bätz vom Luftsportgerätebüro Braunschweig die Prüfzertifikate für den ersten in Deutschland zugelassenen, 115 PS starken Turbomotor. Der neue Antrieb, der nun serienmäßig eingebaut werden darf, hält die Leistung des Flugzeugs bis in größere Höhen konstant und ist in der Lage, Segelflugzeuge mühelos in die Luft zu schleppen.
Für Michael Bätz, der im Luftsportgerätebüro für alles Technische verantwortlich ist, fast ein Heimspiel. "Ich habe 1997 in Stendal fliegen gelernt und hier auch meine Prüfung gemacht", berichtet er. Aus der Nähe von Kassel stammend, ist er seit fünf Jahren in Braunschweig für das Luftsportgerätebüro tätig, das als Einrichtung des Deutschen Aeroclubs im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums solche Prüfungen vornimmt. Eine Art Mini-Luftfahrtbundesamt für die Ultraleichtfliegerei.
Die C42 ist in rund 600 Exemplaren in der deutschen Luft unterwegs; europaweit sind es doppelt so viele. Mit ihren maximal 450 Kilogramm Abflugmasse zählt sie zu den Ultraleichtflugzeugen. Offiziell gilt sie damit nicht als Flugzeug, sondern als Luftsportgerät, und ihr "Steuermann" ist kein Pilot, sondern ein Luftsportgeräteführer.
Leon Alexis Schweizer aus Heidenheim lässt nichts auf seine Maschine kommen: "Sie ist kein Ferrari der Lüfte, sondern eher wie ein VW Käfer. Gutmütig, sie verzeiht sehr viel." Sie hat ihn schon weit getragen, unter anderem nach Sardinien.
Jürgen Lodders, Ultraleichtflieger aus Stendal-Wahrburg, flog kürzlich mit ihr nach Jalta auf die Schwarzmeerhalbinsel Krim. "Demnächst geht\'s ins Baltikum", verriet er. Lodders hatte Frau, Tochter, Schwiegersohn und Enkeltochter am Sonanbend mit auf den Borsteler Flugplatz gebracht. Da wurde ein bisschen gefeiert; es war sein 59. Geburtstag.