1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Gastronomen in Stendal bangen um Existenz

Corona-Krise Gastronomen in Stendal bangen um Existenz

Lieferdienste und Restaurants mit Liefermöglichkeiten haben in Stendal während der Pandemie weiter offen. Doch die Kunden bleiben fern.

Von Mike Kahnert 04.04.2020, 04:00

Stendal l Wer liefern kann oder durch das Fenster verkauft, der darf während der Corona-Krise geöffnet haben. Ein Restaurantbetrieb ist laut Bundesverordnung bis zum 19. April verboten. Da jetzt viele Menschen im Heimbüro arbeiten und auch Abends mehr Zeit in der eigenen Wohnung verbringen, sollte der Bedarf an Lieferdiensten doch steigen, oder?

„Wir haben viel mehr Abholer“, sagt Tobias Holz von „Flying Pizza“. Das Mittagsgeschäft laufe besser als der Abendverkauf. Was als erstes gut klingt, ist in der Schlussfolgerung eine schlechte Nachricht. Ein Lieferdienst wie von dieser Stendaler Pizzeria macht Abends den meisten Umsatz. Der 34-Jährige erklärt, dass abends manchmal ein Fahrer weniger benötigt werde als geplant. Auch am Wochenende, den umsatzstärksten Tagen der Woche.

Mittags bestellen besonders häufig Mitarbeiter von Unternehmen, die nicht einfach ins Home-Office geschickt werden konnten. Tobias Holz erinnert sich an einen Chef, der seinen Mitarbeitern das Mittagessen spendierte, „als Dankeschön, dass sie noch arbeiten kommen“, sagt er.

Wer abholt, muss draußen warten. Der Eingangsbereich ist klein, an der Tür steht auf einem Schild geschrieben, dass immer nur eine Person in den Laden darf. Geplant ist, Abstandsmarkierungen auf den Boden zu kleben. Wer sein Essen abholt, erhält es durch eine schmale Öffnung unter einer Scheibe, die an der Theke angebracht wurde.

Ein anderer reiner Lieferservice Stendals, „Pizza Planet“, erlebt die Corona-Krise anders. „Man merkt die Angst“, sagt Vanessa Kersten. Der Thekenverkauf sei zurückgegangen, und es werde viel online bezahlt. Die Pizzeria habe auf die Krise reagiert und mehr Flyer in der Stadt verteilt. Das habe den Lieferbestellungen einen Schub gegeben.

Die beiden Pizza-Lieferdienste kommen während der Corona-Pandemie vielleicht noch glimpflich davon. Sie haben keinen Restaurantbetrieb. Dieser fehlt beispielsweise „Latti‘s Food House“ in der Bahnhofstraße in Stendal.

„Es ist schlimm“, sagt Inhaber Dharminder Singh. Der Inder spricht von einem Umsatzeinbruch von rund 80 Prozent. Auch Lieferbestellungen seien stark zurück gegangen. Seit mehr als 22 Jahre führt Dharminder Singh schon das Restaurant und bange jetzt um seine Existenz.

Das Restaurant hat einen Eingangsbereich mit Theke und einen Essbereich. Letzterer ist nun geschlossen. Für das verbliebene Tagesgeschäft benötigt der Gastwirt nur noch zwei Mitarbeiter. Der Rest der Belegschaft befindet sich in Kurzarbeit. Die Abstandsregeln in seinem Restaurant seien einfach einzuhalten. „Es kommt ja sowieso keiner“, sagt der Inder betrübt.

Im „Pizza Haus“ am Sperlingsberg sieht es nicht besser aus. Enis Nitsche hat sein anderes Restaurant, „Dolce Vita“, vorübergehend geschlossen. Die letzten zehn Tage des Monats März waren besonders schlimm. „Die Leute haben eh kein Geld“, sagt er. Essen darf abgeholt werden, und geliefert wird auch, aber: „Uns fehlen die Gäste im Laden. Wir leben vom Restaurant.“ Finanzielle Hilfe habe Enis Nitsche beantragt. „Ob es war bringt, wird man sehen.“

Das „Altmark Catering“ von Marko Sassara ist besonders hart von den Schul- und Kitaschließungen betroffen, die sonst ein großer Abnehmer seiner Gerichte sind. In der Carl-Hagenbeck-Straße verkauft er noch aus dem Fenster. „Es gibt noch einige, die uns die Treue halten“, sagt der 45-Jährige.

Für das die Catering-Firma arbeiten rund 100 Leute, die sich auf das Restaurant in Stendal und vier weitere Standorte verteilen. Ob sich der Catering-Service über Wasser halten kann, hänge von der Dauer der Corona-Maßnahmen ab.

Weniger schlimm hat es René Nowak und „Novis Imbiss“ getroffen. Die Nachfrage für Lieferungen sei bei ihm gestiegen. „Wir haben jeden Tag vier bis acht neue Kunden“, sagt er. Bis 9 Uhr könne man bei ihm bestellen und zwischen 10.30 Uhr und 13 Uhr liefern seine Fahrer in Stendal und Umgebung aus.

Familienbetriebe, wo Kinder und Großeltern zu Hause sind, würden nun häufiger bestellen. Trotz der gestiegenen Nachfrage sei die Situation aber für den Firmenbetreiber René Nowak schwierig. „Nur vom Lieferservice kann die Firma nicht leben“, sagt er. Im Frühjahr 2019 hat René Nowak die frühere Altmark-Cafeteria nahe der Breiten Straße übernommen. Dort musste auf ausschließlich Außerhausbetrieb umgestellt werden. Der Gastronom musste bereits an sein Erspartes gehen, um Kosten zu decken.

Wie es für Nowak und die anderen Gastronomen in und um Stendal weiter geht, hängt davon ab, wie die Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung des Coronavirus nach Ostern ver- oder entschärft werden.