1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Lockdown sprengt Generalprobe

Corona Lockdown sprengt Generalprobe

Die Corona-Zahlen im Landkreis Stendal steigen. Landrat Patrick Puhlmann (SPD) reagiert mit einer Allgemeinverfügung.

Von Antonius Wollmann 02.11.2020, 06:00

Stendal l Landrat Patrick Puhlmann (SPD) hat am Freitag auf die rasant steigende Zahl von Corona-Fällen reagiert und eine Allgemeinverfügung zur Beschränkung von Veranstaltungen erlassen. Sie trat bereits zwei Tage vor den ab heute geltenden bundesweiten Regelungen in Kraft. Demnach waren bereits ab Sonnabend öffentliche Zusammenkünfte mit mehr als 25 Teilnehmern untersagt, wie die Kreisverwaltung mitteilte.

Zuvor war die Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis am Freitag auf 44 Fälle pro 100.000 Einwohner gestiegen, bevor sie im Verlaufe des Wochenendes wieder auf 42 sank. Am generellen Trend ändert dies aber wenig, lag der Sieben-Tage-Inzidenzwert am vergangenen Montag noch bei zwölf.

Patrick Puhlmann appellierte deshalb, soziale Begegnungen auf ein Minimum zu reduzieren: „Auf Kontakte und Feiern, die nicht notwendig sind, sollten auch schon an diesem Wochenende alle verzichten, auch wenn die bundesweiten Regelungen erst ab Montag greifen. Damit leistet jeder einen wichtigen Eigenbeitrag.“

Laut Sozialministerium war die Zahl der Infizierten am Freitag um weitere zehn Personen auf 55 gestiegen. Überwiegend seien die Fälle einer Stendaler Familienfeier zuzuordnen, deren Auswirkungen seit Wochenbeginn das Gesundheitsamt beschäftigen, teilt der Landkreis mit. Zwei der Neuinfektionen ziehen Maßnahmen in zwei Schulen nach sich. In der Förderschule Tangermünde müssen sieben Schüler und vier Mitarbeiter in Quarantäne. In der Stendaler Kommarowschule ist derzeit eine achtzehnköpfige Schulklasse in Quarantäne. In beiden Einrichtungen wurde jeweils ein Schüler positiv getestet. Insgesamt befinden sich im Landkreis Stendal 365 Personen in vierzehntägiger Isolation.

Gaststätten waren von der Allgemeinverfügung nicht betroffen. In den Stendaler Kneipen blieb aber am Sonnabend ein Ansturm der Gäste angesichts der bevorstehenden vierwöchigen Schließung aus. Offenbar zeigten die Appelle, zuhause zu bleiben, Wirkung.

Im Gegensatz dazu ließen es sich viele Kinder und Jugendliche nicht nehmen, Halloween zu feiern. Am frühen Abend zogen zahlreiche Gruppen durch Stendal, um Süßigkeiten an den Haustüren einzusammeln. Die Abstandsgebote wurden dabei von meisten eher großzügig interpretiert.

Unklarheit herrschte nach dem Erlass in der Stendaler Kommunalpolitik. Die Frage: Darf der Stadtrat am Montag stattfinden? Die Antwort von Armin Fischbach, Pressesprechersprecher der Stadt Stendal: Die Arbeit der politischen Gremien bleibe von der Verfügung und von den ab Monat geltenden Regelungen unberührt.

Die Allgemeinverfügung hatte auch Auswirkungen auf das Veranstaltungsgeschehen des Wochenendes. Der Landkreis selbst sagte die Veranstaltungen des Altmärkischen Musikfestes ab. Der Auftritt der Musikgruppe „Shimshon“ am Freitagabend im Kavaliershaus Krumke rutschte gerade noch so durch, die Corona-Bühne Arneburg teilte das Publikum ihres ersten Elbauen-Siebenkampfes kurzerhand in drei Gruppen à 25 Personen auf.

Indes traf die Freitag spät veröffentlichte Allgemeinverfügung die Seehäuser Kunst- und Trödelmarktweiber mit voller Wucht mitten in der Generalprobe für Sonnabend. „Wir konnten es einfach nicht fassen“, sagt Claudia Preuschoff. Da die Frauen nicht mehr alle gebuchten Gäste erreichen konnten, fanden sie sich Sonnabend an der Salzkirche ein, um das Geld für den gruseligen Theaterabend zurückzugeben. Und nochmal Dampf abzulassen. „Wir haben mit allem bis zum Schluss gewartet, mit der Genehmigung, mit dem Einkauf und nun das.“

So könne man mit den Ehrenamtlichen dieses Landes nicht umgehen, Krankheit hin oder her. „Das ist unmoralisch und respektlos“, sagte Claudia Preuschoff und sprach den anderen aus der Seele. „Wenn es heißt Lockdown ab Montag, dann muss es auch so sein.“

Katja Böse und Nicole Muissus kamen, um sich den Eintritt wiederzuholen. Verständnis? „Nein, wir hätten uns doch hier auch alle mit Maske hingesetzt. Es tut uns leid wegen der ganzen Arbeit und Mühe“, sagte Katja Böse.

Seit Juni probten die Seehäuser Frauen bereits an ihrem Gruselstück.