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Corona-Prävention Zahntechniker aus Stendal baut Schutzvisiere

Wie Schutzvisiere aus Badematten und Fensterleisten für mehr Sicherheit vor dem Coronavirus sorgen.

Von Mike Kahnert 21.04.2020, 11:00

Stendal l Die Werkstatt von Zahntechnikermeister Steffen Kurbjuweit hat umgerüstet. In jedem Raum befinden sich Hinweise, die an Arbeitsschritte zur Herstellung seines neuen Schutzvisieres erinnern. Diese bestehen aus Fensterleisten und Badematten. Alles, was der Stendaler für seine Visiere benötigt, hat er in Baumärkten gefunden.

Zahnärzte stehen an „vorderster Front“, sagt Steffen Kurbjuweit. Sie kommen in ihrem Beruf ihren Patienten so nah wie sonst nur wenige. Kurz nach den ersten beiden Eindämmungsverordnungen Mitte und Ende März hat der 44-Jährige deshalb beschlossen, seinen Kunden zu helfen. Für die Zahnärzte stellt der dentale Handwerker sonst Kronen und andere Ersatzteile für das Gebiss her.

„Ich kann nicht rumsitzen und zugucken“, sagt der Stendaler. Nach der Entscheidung, ein Schutzvisier zu bauen, war der erste Prototyp schnell fertiggestellt. „Wir haben uns aus dem Baumarkt Materialien gekauft.“ Dabei standen er und sein Team vor mehreren Problemen, die es zu lösen galt. Brillen dürfen unter dem Visier nicht beschlagen, der Abstand zur Nase muss passen und die Halterung am Kopf braucht eine Polsterung. Schließlich müssen Zahnärzte in der Lage sein, ein Visier mehrere Stunden am Stück zu tragen, ohne dass es zur Qual wird.

Seinen Kundenstamm habe der Zahntechniker bereits ausgestattet. Zwei Schutzvisiere gab es pro Praxis kostenlos, damit sich die Zahnärzte davon zunächst überzeugen konnten. Danach gab es die Masken zum Selbstkostenpreis zwischen 12 und 15 Euro das Stück. Der Preis decke Material- und Fahrtkosten für die Visiere. Auch für alle anderen Interessenten soll der Preis gelten.

„Einige wollen sie als Prävention, andere tragen sie täglich in der Praxis“, sagt Steffen Kurbjuweit. Bisher habe er größtenteils positive Reaktionen auf die Schutzvisiere erhalten.

Jetzt verkauft der Handwerker seine Visiere auch außerhalb seines Kundenstammes an alle, die Interesse haben. Eine Radiologie aus Berlin habe zum Beispiel bereits zwölf Masken bestellt und auch eine Zahnarztpraxis, die er sonst nicht beliefert, hat sich Visiere besorgt. Doch der Vorrat sei begrenzt. „Ich kann nicht versprechen, dass ich Hunderte davon bauen kann.“ Der 44-Jährige müsse bereits zu Baumärkten nach Magdeburg fahren, um die nötigen Materialien zu beschaffen, weil diese in Stendal ausverkauft seien.

Besonders zwei der Einzelteile wirken auf den ersten Blick artfremd in der Werkstatt von Steffen Kurbjuweit. Die thermoplastischen Leisten, „im Prinzip Fensterleisten“, wie der Zahntechniker sagt, werden auf 70 Zentimeter lange Stücke zurechtgeschnitten. Um besser geformt werden zu können, werden diese in einem Ofen auf 80 Grad Celsius erhitzt. Mithilfe einer eiförmigen Einbettmasse und einem Gurt werden die Fensterleisten in Form gebracht, während sie auskühlen.

Das zweite ungewöhnliche Material wird für die Polsterung genutzt – Moosgummi. Das wird aus Badezimmermatten gewonnen. Ein abgeschnittener Streifen passe von der Länge bereits. Was bei der Auswahl der Badezimmermatten als Polstermaterial noch wichtig war, sei die Möglichkeit, das Moosgummi mit Desinfektionsmittel behandeln zu können.

Die Schutzvisiere sollen möglichst lange halten und leicht gereinigt werden können. Ein Visier ist „so robust gebaut, dass es die Krise überlebt“, sagt Steffen Kurbjuweit.

Nach dem Zuschneiden der Polsterung wird diese auf eine Fensterleiste geklebt. Mit einem Klettverschluss kann das Kopfende verschlossen und in der Größe des Umfangs justiert werden. Abschließend wird das zurechtgeschnittene Visier mit der Kopfhalterung verschraubt und fertig ist der Gesichtsschutz.

Rund 20 Visiere könne das Team von Steffen Kurbjuweit pro Tag herstellen. 21 Mitarbeiter beschäftigt der Zahntechniker. Davon befinden sich einige in Kurzarbeit, weil die Nachfrage nach Kronen, Gebissen und ähnlichen Produkten vorerst nachgelassen habe.

Wer sich privat ein Schutzvisier besorgen möchte, der könne dies bei dem Zahntechniker tun. Es gelte aber das Prinzip „solange der Vorrat reicht“.

Die Zahntechnik Kurbjuweit sitzt im Alten Dorf 29 in Stendal. Die Telefonnummer lautet 03931 / 41 81 27.