Integration Das sind die neuen Angebote für Migranten in Stendal
Mitarbeiterinnen des Flüchtlingsrats Sachsen-Anhalt wollen zwei neue Beratungsangebote für Migranten im Landkreis Stendal etablieren. Dafür haben sie in der Karlstraße in Stendal ein Büro eröffnet und schon erste Erfolge vorzuweisen.

Stendal - Als Passant läuft man einfach an der Hausnummer 13 in der Karlstraße in Stendal vorbei. Keine Plakate hängen an der Fensterscheibe und erregen Aufmerksamkeit. Nur ein kleiner Aufkleber an der Tür mit der Aufschrift „Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt“ dient als Hinweis. Doch was genau steckt dahinter?
In einem kleinen Büro sitzen Christine Bölian und Luise Schmidt. Sie beschäftigen sich tagtäglich mit dem Thema Migration. Beide arbeiten beim Flüchtlingsrat aus Magdeburg und wollen mit ihren Projekten einerseits näher an die Migranten im Landkreis heran und andererseits sich mit ähnlichen Organisationen im Landkreis Stendal vernetzen. Christine Bölian betreut die Projekte „Fachstelle Flucht und Asyl“ und die „Jobbrücke-Plus“. Luise Schmidt ist nur für die „Jobbrücke“ zuständig.
„Wir versuchen, für Menschen mit Fluchtvergangenheit einen Job, eine Ausbildung, Bildungsangebote und Sprachkurse zu finden“, sagt die Sozialarbeiterin Luise Schmidt. Die Beratung beginnt mit einem Kennenlern-Gespräch. „Dabei versuche ich herauszufinden, worin der Bedarf liegt, welche Unterstützung gebraucht wird und welche Zukunftsvorstellungen die Person hat“, beschreibt die 27-Jährige.
Job-Anzeigen werden durchforstet
Wenn diese Fragen geklärt sind, durchforstet die Magdeburgerin die Job-Angebote der Agentur für Arbeit, des Jobcenters und der Zeitungen. „Die klassische Google-Suche kommt auch zum Einsatz“, sagt sie. Im nächsten Schritt hilft Luise Schmidt beim Anschreiben und Lebenslauf für die Bewerbung. Die Intensität der Unterstützung hänge vom Kenntnis-Stand sowie vom Sprach-Niveau ab. Die Sozialarbeiterin konnte bereits einige Migranten aus Stendal bei der Suche unterstützen, obwohl die Beratungsstelle neben der Theater-Kasse erst seit gut vier Monaten geöffnet hat.
Nicht jeder Einsatz ist allerdings erfolgreich. „Ich wünsche mir, dass sich mehr Arbeitgeber auf eine Bewerbung zurückmelden. Oft gibt es keine Antwort“, berichtet sie bedauernd.
Zudem seien viele Arbeitgeber recht festgefahren, was das Sprach-Niveau angeht. „Oft wird nur aufs Sprach-Zertifikat geachtet“, kritisiert Luise Schmidt. „Es wäre schön, wenn die ausländischen Bewerber trotz der fehlenden Sprach-Kenntnisse eingeladen werden.“ Im Endeffekt würden sich die Sprach-Kenntnisse durch den Umgang mit den Kollegen verbessern. Luise Schmidt wünscht sich darüber hinaus mehr Offenheit gegenüber fehlender Schulbildung und ausländischen Bildungswegen.
Christine Bölian stimmt der Kritik ihrer Kollegin zu. Die 41-Jährige möchte durch das Projekt „Fachstelle Flucht und Asyl“ unter anderem mehr Toleranz und Aufmerksamkeit der Bürger für Fluchtursachen und Lebenssituationen der Migranten erreichen.
Die Informations- und Netzwerkstelle richtet sich an Geflüchtete, Ehren- und Hauptamtliche in der Flüchtlingsarbeit sowie an die Öffentlichkeit. Die Altmärkerin und ihr Team arbeiten mit anderen Institutionen zusammen, die sich um die Belange der Geflüchteten kümmern. Als Beispiel nennt sie eine Video-Konferenz mit einem Vertreter des Innenministeriums Sachsen-Anhalt, den Integrationskoordinatoren der Landkreise, einem Anwalt für Aufenthaltsrecht und verschiedene Beratungsstellen. Anlass für die Konferenz war die Lage in Afghanistan.
ZASt in Halberstadt dient als Vorbild
Die Teilnehmer hätten über Probleme der Migranten aus diesem Land gesprochen, die die Beratungsstellen täglich erreichen. Viele afghanische Geflüchtete möchten unter anderem wissen, wie sie ihre Familie und Freunde nach Deutschland holen könnten, berichtet die 41-Jährige. Ein schwieriges Unterfangen.
Eine weitere Aufgabe der Mitarbeiter der Fachstelle besteht darin, sich mit den Lebensumständen der Geflüchteten in Sachsen-Anhalt auseinanderzusetzen. Dafür besuchen Christine Bölian und ihre Kollegen mit Vertretern des Innenministeriums beispielsweise die Flüchtlingsunterkunft in Halberstadt. Positive und negative Erfahrungen, die sie in der zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber (ZASt) gesammelt haben, dienen als Wegweiser für die Organisation der künftigen Unterkunft in Stendal, erklärt sie. „Das läuft in Halberstadt gut. Jenes sollte in Stendal geändert werden.“
Beide Frauen arbeiten gerne in Stendal und nehme die Fahrtzeit aus Magdeburg auf sich. Der Empfang ihrer Mitstreiter der Freiwilligen-Agentur war herzlich, sagt Luise Schmidt mit einem Lächeln. Sie und ihre Kollegin freuen sich, wenn sie mit ihren Projekten Fuß fassen und weiteren Migranten zur Seite stehen können.
Die „Jobbrücke-Plus“ hat montags von 12 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. Die Fachstelle hat keine festen Öffnungszeiten. Weitere Infos gibt es auf der Internetseite des Flüchtlingsrats.