Klinik-Hygiene Der Kampf gegen die Keime
Eine Johanniter-Tagung in Stendal befasste sich mit Klinik-Hygiene. Hochaktuell sorgte auch das Corona-Virus für Gesprächsstoff.
Stendal l Es sollte um Klinikabwässer und multiresistente Keime gehen, um Blutvergiftung und Früherkennung von Infektionserregern. Und das ging es auch bei der Hygiene-Konferenz der Johanniter am vorigen Freitag an der Stendaler Hochschule. Doch ein weiteres Thema war im wahrsten Sinne des Wortes virulent und sollte darum kurzfristig Teil des Vortragsprogramms werden: das Corona-Virus.
Und bevor der Bonner Infektiologe Dr. Peter Walger später am Abend ein Referat zum aktuellen Stand der Corona-Virus-Verbreitung und -Erforschung hielt, nahm er sich Zeit, ein paar Fragen der Volksstimme zu beantworten:
Volksstimme: Ist es Hysterie oder angemessene Alarmiertheit, wie wir derzeit auf das Corona-Virus reagieren?
Dr. Peter Walger: Die Aufmerksamkeit ist gerechtfertigt, weil wir zurzeit nicht einschätzen können, welches Risiko für diese Atemwegserkrankung in Deutschland herrscht. Es gibt bisher bei den Rückführungen nur wenige Verdachtsfälle, und alle, die wir haben, sind nicht oder nur leicht krank.
Worauf kommt es jetzt also an?
Darauf, dass wir eben nicht hysterisch reagieren, sondern uns in Ruhe vorbereiten. In China sehen wir, dass es hochansteckend ist, aber wir haben hier noch nicht ansatzweise die dortigen Verhältnisse – aber man muss Vorsorge treffen.
Sind die Krankenhäuser hierzulande darauf vorbereitet?
Ja, alle Krankenhäuser, auch die der Johanniter. Sie alle haben Erfahrung im Umgang mit Grippe und inzwischen auch mit Sars. Wir können die Standards, Arbeitsanweisungen und das Management davon auf die Situation heute übertragen.
Was ist denn so schlimm an dem neuen Coronavirus – es schwirren doch etliche Erkältungsviren umher, und manche davon rufen ganz ähnliche Symptome hervor?
Das neue Coronavirus ist eher vergleichbar mit Grippeviren und kann schlimme Lungenentzündungen hervorrufen, auch tödliche. Es ist ein Virus, das vor allem ältere und vorerkrankte Menschen betrifft, mehr als junge und Kinder. Und wie gesagt, es kann ganz ernste Auswirkungen haben.
Jetzt und in den nächsten Tagen werden etliche chinesische Altmärker aus ihren Neujahrsfestferien zurückkehren – kommen die alle in Quarantäne?
Man muss schauen, woher sie kommen, wo sie in China waren, also ob in einem Risikogebiet oder nicht. Ich warne davor, alle asiatisch aussehenden Menschen jetzt unter Verdacht zu stellen. Es hat ja in Deutschland deswegen sogar schon Fälle von offener Ablehnung über Aggression und sogar Tätlichkeiten gegeben. Wir müssen mit Besonnenheit darangehen.
Weiß man schon alles über das neue Corona-Virus?
Man weiß schon sehr, sehr viel, und wir bekommen jeden Tag neue Erkenntnisse. Es hat noch nie ein Virus gegeben, das so schnell entdeckt und transparant gemacht wurde, auch wenn es anfangs in China Informationsdefizite gab.
Was raten Sie den Menschen hier, wie sie sich auf das neue Virus gefasst machen?
Man sollte sich hier eher über die Grippe Gedanken machen und sich impfen lassen. Und alle Regeln der Hygiene beachten. Vielleicht ist es mit dem Corona-Virus am Ende wie bei Sars, dass es sich einfach ausläuft.
Dr. Thomas Krössin, Geschäftsführer der Johanniter GmbH, kommt hinzu und fragt, ob es noch offene Fragen gibt. Aber ja, diese hier:
Welche Rolle spielt das Corona-Virus aktuell im Stendaler Johanniter-Krankenhaus?
Akut keine Rolle. Es gibt keine Verdachtsfälle, allerdings wie jedes Jahr eine Anzahl von Grippefällen. Und für den Fall, dass doch ein Coronaverdacht auftritt, orientieren wir uns an den Richtlinien der WHO (Weltgesundheitsorganisation) und des Robert-Koch-Instituts. Momentan aber sehen wir keinen Anlass zur Sorge.
Kurz darauf, in seinen Eröffnungsworten, macht Krössin eine bedenkenswerte Aussage, die das kritisierte Informationsmanagement auf chinesischer Seite in ein anderes Licht rückt. Er nimmt Bezug auf Ebola-Verdachtsfälle, die beim Flüchtlingszustrom 2015 auftraten: „Nicht alle Verdachtsfälle bei jeder Krankheit werden gleich gemeldet, weil sonst nämlich eine mediale Übertreibungswelle und Hysterie in der Bevölkerung entsteht. Die Ebola-Verdachtsfälle zum Beispiel haben sich letztlich nicht bestätigt.“
Und was momentan international passiere, grenze seiner Ansicht nach eben an Hysterie: „Wissen Sie, wie viele Menschen täglich in Europa an Hepatitis B und C sterben? 500! Und jährlich gibt es tausende Maserntote in Afrika. Das müsste uns in Panik versetzen.“