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Dürre Renaturierung macht sich bezahlt

Durch die gezielte Gewässerunterhaltung fließt in den Gräben des Tangerlands bei Tangerhütte noch Wasser.

Von Rudi-Michael Wienecke 30.08.2019, 05:00

Tangerhütte l Magdeburg hat seinen bekannten „Hungerstein“ in der Elbe und auch Tangerhütte hat einen in der Nähe der Brücke an der Bismarckstraße im Tanger, wenn bisher auch wenig beachtet. Tauchen diese Findlinge auf, ist Wassernot.

Wie bereits im Vorjahr ist es in der Ortslage der Kernstadt besonders schlimm. Nur noch tümpelartig gibt es einige nasse Stellen, in weiten Teilen des Laufes ist das Bett trocken, langsam bildet sich Bewuchs auf dem Grund.

Die Dürre fordert hier ihren besonderen Tribut. An anderen Stellen des etwa 600 Kilometer langen UHV-Grabennetzes sieht es noch nicht ganz so kritisch aus.

Verbandsvorsteher Detlef Braune und Geschäftsführer Jan Klein vom UHV sind sich sicher, dass dieses nicht zuletzt den vorausschauenden Maßnahmen der Vorjahre zu verdanken ist. Wäre traditionell beräumt worden wie viele Jahre lang, als deutscher Ordnungssinn mehr wog als ökologische Belange, gäbe es im 52.000 Hektar großen Verbandsgebiet mehr Probleme.

„Bedarfsgerechte Unterhaltung“ nennt Klein das Stichwort. Ungeräumte Grabenabschnitte und nicht gemähte Uferbereiche, von einigen noch immer kritisiert, haben einen Grund. Werde nur ein Teil der Sohle frei gehalten, werde das Fließbett schmaler, könne sich das Wasser konzentrieren. Es sucht in den Gräben wieder sein natürliches Bett.

Das verläuft nicht schnurgerade, sondern es schlängelt sich. Der Aufwuchs am Rand ist nicht nur gut für Insekten, er beschattet auch das Wasser, die Verdunstung hält sich in Grenzen. Pflanzen, die im Graben stehen bleiben, halten zusätzlich das Wasser zurück.

Besonders deutlich werden die Auswirkungen der naturnahen Gewässerunterhaltung derzeit am Lüderitzer Tanger. „Der sieht bestens aus“, so Klein. Auch der Schernebecker Mühlengraben, der Uchtdorfer Mühlengraben und der Karrenbach führen noch Wasser.

Um in diesen drei Gräben die Renaturierung zu beschleunigen, investierte der UHV in den Vorjahren 100.000 Euro aus Mitteln der EU. Staue und Wehre wurden beseitigt, an ihrer Stelle entstanden Sohlgleiten oder Durchlässe.

Die Gräben können wieder von der Wasserfauna durchgängig passiert werden. Mit Steinen und Holz wurden natürliche Barrieren geschaffen, an ihnen kann das Wasser „Sauerstoff tanken“, die Fische können zurückkommen.

Trugen die Maßnahmen schon Früchte? „Wir können noch lange nicht behaupten, dass wir Bäche voller Forellen haben. Zum einen ist dafür die Zeitspanne zu knapp, zum anderen ist das zweite Trockenjahr in Folge auch nicht gerade förderlich“, antwortet Klein. Fest stehe aber, man sei auf einem guten Weg.

Hinderlich sei allerdings das Treiben einiger Zeitgenossen, die sinnlos ihren Müll in der Landschaft verkippen, nicht nur an Wegen, sondern auch in Gewässern. Besonders auffällig sei dies laut Klein derzeit im Bereich Uchtdorf. An der dortigen Sohlgleite wurde beispielsweise Bauschutt entsorgt. Klein beseitigte in den zurückliegenden Tagen diesen Müll persönlich, damit das Gewässer wieder durchgängig wurde.

Seine Renaturierungsmaßnahmen will der Unterhaltungsverband in den kommenden Jahren übrigens fortsetzen. Klein rechnet damit, dass für den Lüderitzer und für den Brunkauer Tanger im kommenden Jahr die Ausführungsplanung vorliegt, 2021 könne dann mit dem Bau begonnen werden.

Gleichzeitig gibt der Verbandsgeschäftsführer zu verstehen, dass der Ruf der Landwirte nach Stauanlagen, die in Dürreperioden Wasser zurückhalten, aktuell wieder lauter wird. Gab es 1990 davon noch 230 im Tangergebiet, sind aktuell nur noch 15 in Betrieb. In der Wendezeit wurde versäumt, diese Staue den Unterhaltungsverbänden zuzuordnen.

Die UHV sind laut Gesetzgeber also nicht zuständig für Bedienung und Wartung. Außerdem verlangt die Wasserrahmenrichtlinie durchgängige Gewässer. „Ein sensibles Thema“, so Klein, der die Forderung der Bauern durchaus verstehen kann. Es müsse also nach Alternativen gesucht werden.

Neben den starren Sohlgleiten, die eine direkte Regulierung des Wasserstandes durch den Menschen nicht mehr zulassen, könnten es Fischtreppen an Wehren sein, die Landwirtschaft und Naturschutz gleichermaßen Rechnung tragen. Zu verwirklichen wären diese beispielsweise am Stau Schönwalde, bei Hüselitz und im Lüderitzer Tanger.